Schild mit Aufschrift Justiz am Justizzentrum in Magdeburg
Die Disziplinarklage gegen Ralf Seibicke ist am Donnerstag am Oberverwaltungsgericht in Magdeburg verhandelt worden. (Symbolbild) Bildrechte: IMAGO / Ralph Peters

Oberverwaltungsgericht Magdeburg Klage gegen Ex-Landesrechnungshof-Präsident Ralf Seibicke abgewiesen

17. August 2023, 15:34 Uhr

Der Dienstgerichtshof am Oberverwaltungsgericht Magdeburg hat am Donnerstag die Disziplinarklage gegen den früheren Landesrechnungshof-Präsidenten Ralf Seibicke abgewiesen. Seibicke war vorgeworfen worden, dass er als Beamter im Ruhestand eine Nebentätigkeit für den MDR nicht ordnungsgemäß angezeigt haben soll. Diese Tätigkeit ist auch deshalb umstritten, weil Seibicke zeitweise Mitglied der KEF war, die Einfluss auf die Finanzierung öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten hat.

Der Dienstgerichtshof am Oberverwaltungsgericht in Magdeburg hat die Disziplinarklage gegen den früheren Präsidenten des Landesrechnungshofes, Ralf Seibicke, am Donnerstag abgewiesen. Wie ein Reporter von MDR SACHSEN-ANHALT aus dem Gericht berichtet, behält Seibicke damit seine Bezüge als Beamter im Ruhestand. In dem Disziplinarverfahren ging es darum, ob Seibicke als Beamter im Ruhestand Beratungsleistungen dem Landtag von Sachsen-Anhalt nicht ordnungsgemäß gemeldet hatte.

Unklar, wem Nebentätigkeit hätte gemeldet werden müssen

Dabei geht es um drei Gutachten von Seibicke zwischen 2016 und 2017 im Auftrag des MDR, für die er insgesamt fast 60.000 Euro erhalten hatte. Laut Verwaltungsgericht ist aber juristisch nicht klar, wer diese Nebentätigkeit Seibickes hätte genehmigen sollen. Die Richter erkannten am Donnerstag also an, dass Seibicke die Tätigkeit hätte anzeigen müssen. Es sei jedoch nicht klar, an wen er sich dafür hätte wenden müssen.

Das Gericht teilte in einer Erläuterung zum Urteil mit, dass es ein schuldhaftes Verhalten bei Seibcke sehe: Es habe einen dienstlichen Zusammenhang zwischen der Beratungstätigkeit für den MDR und seiner vorherigen Tätigkeit als Rechnungshofspräsident gegeben, weil die Behörde den MDR prüft.

Die Klage gegen Seibicke hatte das Gericht im November wegen formaler Probleme zunächst zwischenzeitlich gestoppt.

Landtagspräsident hatte Disziplinarklage gegen Seibicke eingereicht

Seibicke war zwischen 2003 und 2015 Präsident des Landesrechnungshofes von Sachsen-Anhalt und ist mittlerweile Beamter im Ruhestand. Zwischen 2016 und 2017 hatte Seibicke drei Gutachten im Auftrag des MDR angefertigt und dafür insgesamt fast 60.000 Euro erhalten.

Im Mai 2022 war bekannt geworden, dass Landtagspräsident Gunnar Schellenberger (CDU) Disziplinarklage gegen Seibicke erhoben hat, weil dieser die Tätigkeit für den MDR nicht ordnungsgemäß angezeigt haben soll. Eine solche Klage kann darauf abzielen, dass Beamten die Bezüge gekürzt oder aberkannt werden – auch, wenn sie sich im Ruhestand befinden.

Auf einen Blick: Wer ist Ralf Seibicke?

Ralf Seibicke wurde 1961 geboren, ist Diplom-Ökonom und lebt in Magdeburg.

Zwischen 2003 und 2015 war Seibicke der Präsident des Landesrechnungshofes Sachsen-Anhalt. Der Landesrechnungshof prüft als unabhängige Stelle, wofür das Land öffentliche Gelder ausgibt. Seibicke ist mittlerweile Beamter im Ruhestand.

Von 2007 bis 2016 war Seibicke Mitglied und stellvertretender Vorsitzender der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF). Sachsen-Anhalts Landesregierung hatte ihn zum Mitglied der KEF ernannt.

Seit 2017 ist Ralf Seibicke Landesvorsitzender beim Bund der Steuerzahler Sachsen-Anhalt.

Seit 2019 ist Seibicke zudem Sachverständiger im Verwaltungsrat des Deutschlandradio.

Kurz erklärt: Das sind Disziplinarklagen und mögliche Konsequenzen

Das Beamtenverhältnis ist ein besonderes öffentlich-rechtliches Dienstverhältnis, in dem die Beamtinnen und Beamten besondere Aufgaben und Befugnisse gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern haben. Verletzen Beamte ihre sogenannten Dienstpflichten, greift das Disziplinarrecht.

Wenn der Verdacht eines solchen Fehlverhaltens im Dienst – und in manchen Fällen auch außerhalb des Dienstes – besteht, muss der Dienstherr ein Disziplinarverfahren einleiten, um den Verdacht zu überprüfen. Wenn sich der Verdacht nicht bestätigt, kann das Verfahren eingestellt werden. Liegt ein Dienstvergehen vor, müssen möglicherweise Disziplinarmaßnahmen verhängt werden. In besonders schweren Fällen, bei denen der Dienstherr beispielsweise erreichen will, dass ein Beamter zurückgestuft wird, weniger Bezüge erhält oder ganz aus dem Dienst entfernt wird, muss eine Disziplinarklage vor dem Verwaltungsgericht erhoben werden.

Quelle: Lexikon des dbb Beamtenbund und Tarifunion

Ralf Seibicke, Präsident des Landesrechnungshofes Sachsen-Anhalts
Ralf Seibicke, heute Vorsitzender des Bundes der Steuerzahler Sachsen-Anhalt, widerspricht den Vorwürfen. (Archivfoto) Bildrechte: picture alliance / ZB | Jens Wolf

Seibicke bestätigte damals in einer persönlichen Erklärung, dass er die Gutachten für den MDR als Ruhestandsbeamter erstellt hat. Er habe sich aber stets an ein Merkblatt mit wesentlichen Anzeigepflichten gehalten, das er mit seinem ersten Versorgungsbescheid erhalten habe, und jede Art von Erwerbseinkommen angezeigt. Eine Pflicht, Tätigkeiten vorab anzuzeigen, gebe es weder in dem Merkblatt noch in den versorgungsrechtlichen Vorschriften.

Vorwurf: Arbeit für den MDR führte zu Interessenkonflikt

Seibickes Beratungstätigkeiten für den MDR stehen darüber hinaus in der Kritik, weil er sie zum Teil ausgeübt hat, während er Mitglied der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) gewesen ist. Die KEF prüft regelmäßig den Finanzbedarf der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Sie hat 16 Mitglieder – eines für jedes Bundesland – die von den Regierungschefs und -chefinnen der Länder berufen werden. Seibicke war von 2007 bis 2016 in der Kommission.

Kurz erklärt: So arbeitet die KEF

Die KEF ist dafür zuständig, festzulegen, wie hoch der Finanzbedarf von ARD, ZDF, Deutschlandradio und ARTE ist. Grundlage dafür ist der Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag. Die KEF besteht aus 16 unabhängigen Sachverständigen, die von den Regierungschefs und -chefinnen der 16 Bundesländer ernannt werden.

Mindestens alle zwei Jahre legt die KEF den Landesregierungen einen Bericht vor. Darin bewertet die Kommission die Finanzlage der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die ihren Finanzbedarf regelmäßig bei der KEF anmelden. Alle vier Jahre gibt die KEF den Landesregierungen außerdem Empfehlungen, wie hoch der monatliche Rundfunkbeitrag sein soll. Auf Grundlage dieser Berichte entscheiden die Bundesländer dann über die Höhe der Beiträge.

Zuletzt hat die KEF 2022 ihren 23. Bericht, einen Zwischenbericht, veröffentlicht. Neben der KEF prüfen weitere Stellen die Finanzen der Landesrundfunkanstalten der ARD, darunter unabhängige Wirtschaftsprüfer, Landesrechnungshöfe und Gremien der Sender.

Der Medienausschuss im Landtag hatte im Juni 2022 Seibickes Tätigkeiten debattiert. Der aktuelle Präsident des Landesrechnungshofs, Kay Barthel, hatte erklärt, wer in der KEF tätig sei, müsse Abstand zum Rundfunk halten, sonst gebe es einen Interessenkonflikt.

Der Linken-Abgeordnete Wulf Gallert hatte Seibickes Verhalten in der Folge eine "bodenlose Frechheit" genannt, aber auch den MDR kritisiert. Gallert sagte seinerzeit, er wünsche sich vom MDR mehr Sensibilität, dass man solche Dinge nicht mache. Die medienpolitische Sprecherin der Grünen, Dorothea Frederking, hatte gefordert, künftig über den Rundfunkstaatsvertrag auszuschließen, dass Mitglieder der KEF für Rundfunkanstalten tätig seien.

Seibicke selbst hat die Vorwürfe bislang stets zurückgewiesen. "Ich habe niemals im Zusammenhang mit meiner Beratungstätigkeit in einem Interessenkonflikt gestanden oder gar in diesem Zusammenhang Einfluss auf Entscheidungen genommen", schrieb er im Mai 2022 in seiner persönlichen Erklärung dazu.

MDR: Interessenkonflikt wurde geprüft – und ausgeschlossen

Der Sprecher des MDR, Michael Naumann, hatte im Sommer 2022 erklärt, der MDR habe sich bei allen einzelnen Beauftragungen von Ralf Seibicke an die für ihn geltenden Regeln gehalten. Die Inhalte der zwei Aufträge, die in Seibickes Zeit als KEF-Mitglied fielen, seien "explizit" auf mögliche Interessenkollisionen geprüft worden. Diese hätten aber ausgeschlossen werden können. Für den MDR habe es keine Pflicht gegeben, die KEF über die Beauftragungen zu informieren. Den Rechnungshöfen habe man die Tätigkeiten im Rahmen einer Prüfung im Jahr 2019 transparent gemacht. Die aktuelle Disziplinarklage gegen Seibicke betrifft nicht das Verhalten des MDR.

Mehr zum Thema MDR, ARD und Debatten um den öffentlich-rechtlichen Rundfunk

MDR (Maren Wilczek), dpa

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 17. August 2023 | 07:00 Uhr

2 Kommentare

wuff vor 41 Wochen

Wie kann man in einem kapitalistischem System, Interessenkonflikte ausschließen? Natürlich sieht man im eigenen Interesse keine Konflikte, wenn es um ein Vorteil geht.

burkhard_geyer vor 41 Wochen

Wie war das mit den Krähen nochmal...

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