Der lange Weg zum Schwimmunterrricht Schwimmbad geschlossen: Wie die Stadt Staßfurt um Lösungen ringt
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07. Mai 2024, 05:00 Uhr
Von einem Tag auf den anderen war das Schwimmbad im Salzlandcenter in Staßfurt geschlossen. Wegen hoher Energiekosten, sagt der private Betreiber. Kein Vereinssport, kein Schwimmunterricht – Staßfurt hat kein Schwimmbad mehr. Und das bedeutet für die Grundschüler weite Wege. Sie müssen nach Aschersleben fahren – ins Ballhaus. Ein langer Weg für die Drittklässler.
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- Das privat betriebene Schwimmbad im Staßfurter Salzlandcenter wurde überraschend geschlossen.
- Stadtverwaltung und Lokalpolitik suchen nach langfristigen Lösungen und sehen drei Möglichkeiten.
- Wie sich die Schließung auf die Grundschüler und ihren Schwimmunterricht auswirkt.
Kurz vor 9 Uhr ist die Frühstückspause in der Ludwig-Uhland-Schule in Staßfurt vorbei. Gleich geht es für die Drittklässler zum Schwimmunterricht. Die Fahrt dorthin dauert jetzt länger als früher, denn die Grundschüler müssen ins rund 20 Kilometer entfernte Aschersleben. Der Grund: Das Schwimmbad im Salzlandcenter in Staßfurt wurde geschlossen – von jetzt auf gleich.
Schulleiterin Kathrin Hartmann erinnert sich: An dem Tag "rief mich die Stadt an und hat gefragt, ob die Kinder schon zum Schwimmen los sind." Im Schwimmbad sei die Energie abgestellt worden. Man hoffe aber, dass noch Restwärme da sei, erinnert sie sich.
Betreiber spricht von Rückstau bei Reparaturen
Das Bad im Salzlandcenter gehört zu einem privaten Betreiber. Der bekommt Zuschüsse von der Stadt für den Betrieb des Bades. 325.000 Euro, schreibt Unternehmer Ingo Jung auf Nachfrage von MDR-SACHSEN-ANHALT. Die Bernstein-Gruppe hatte den Freizeitkomplex mit Hotel und Schwimmbad vor einigen Jahren übernommen. Das Bad sei auf Verschleiß gefahren worden, so Jung. Es gebe Reparatur-Rückstau. Seit dem Bau vor vielen Jahren hatte das Bad mehrere verschiedene Betreiber.
Im vergangenen Jahr bezuschusste die Stadt das Bad mit zusätzlichen 450.000 Euro. Das Bad zu schließen, stand auch damals zur Diskussion. 2023 habe sich zudem der Preis für die Fernwärme auf das Siebenfache erhöht, schreibt Ingo Jung. In diesem Jahr koste die Fernwärme trotz Gaspreissenkung noch immer fünf Mal so viel wie 2022. Unterm Strich reiche der Zuschuss nicht einmal ansatzweise aus. In den ersten vier Monaten dieses Jahres hätte das Bad 100.000 Euro Minus eingefahren. "Das ist nicht Aufgabe der Privatwirtschaft, das Management für so ein Bad zu machen. Das ist kommunale Aufgabe, allerdings muss man das auch wollen", so Jung.
Suche nach langfristigen Lösungen
Stadtverwaltung und Lokalpolitik suchen derweil nach Lösungen. Stadt und Badbetreiber hätten einen Zuschussvertrag bis 2027, sagt Staßfurts Bürgermeister René Zok. Eine mögliche Zuschusszahlung stehe im Raum. Dafür brauche es aber Transparenz zu der Kostenaufstellung seitens des Betreibers. Die vermisst die Stadt offenbar bislang.
Außerdem überlege die Stadt, ein anderes Bad zu errichten. "Aber da reden wir über Investitionssummen, die erstmal da sein müssen, die also auch von heute auf morgen auf gar keinen Fall umsetzbar sind", sagt der Bürgermeister.
Auch eine dritte Variante gebe es: Und zwar, dass die Stadt den Betrieb übernimmt. Auc h da brauche es eine Transparenz der Kosten, so Zok. Hinzu komme die schwierige Haushaltslage der Stadt. "Das ist das Brett, was wir auf alle Fälle die nächste Zeit noch bohren müssen", stellt der Bürgermeister fest. Insofern werde es keine kurzfristige Eröffnung oder Wiedereröffnung des Bades geben können. "Es sei denn, der Betreiber, rudert wieder zurück und sagt, ab morgen bin ich wieder bereit, aufzumachen, weil wir uns geeinigt haben. Das wäre mein allergrößter Wunsch."
Warum das Schwimmbad in Staßfurt privat betrieben wird
Dass die Stadt das Bad nicht selbst betreibt, hat Gründe. Für private Betreiber hätte es seinerzeit eine höhere Förderung gegeben. Dazu gab es für den Badbetreiber noch einen jährlichen Zuschuss, um das Defizit aus dem Betrieb des Bades auszugleichen. "Jetzt ist der Betreiber natürlich auch so weit vom kommunalen Geschehen weg, sage ich mal, dass jetzt das betriebswirtschaftliche mehr im Mittelpunkt steht", sagt der Bürgermeister.
Schwimmunterricht gesichert
Der Schwimmunterricht für die Grundschüler ist aber erst einmal gesichert. Das Schwimmbad in Aschersleben hat kurzfristig Bahnen frei gemacht. Unkomplizierte Nachbarschaftshilfe. Rund 20 Kilometer hin und 20 Kilometer zurück fahren die Kinder. Statt 90 Minuten dürften sie gut drei Stunden unterwegs sein, wenn alles klappt.
Der Bus, der hier vorfährt, den hat die Stadt extra bestellt. Im Linienverkehr zu fahren, das würde noch viel länger dauern. Die Abläufe müssen sich allerdings noch einspielen. "Ich fand, das war schon ein längerer Weg", sagt eine Schülerin. Die Unterrichtsstunden, die für die Fahrzeit draufgehen, die hängen die Drittklässler dann an anderen Wochentagen hinten dran.
MDR (Tom Gräbe, Sebastian Gall)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 06. Mai 2024 | 12:00 Uhr
salzbrot vor 1 Wochen
der Staat zeiht sich überal raus aus der öffentlichen Daeseinsvorsorge: Wasser, Strom, Gas, ÖPNV usw. und dann wird auf irgendwelche Privatverträge zwischen Lieferanten und Kunden verwiesen, in die sich der Staat nicht einmischen darf, wie uns gestern in der ARD Doku zum Wohnen die leistungsfähige Bundesbauministerin deutlich gemacht hat
salzbrot vor 1 Wochen
wie in Erfurt und sicher auch anderen Städten zeigt sich in Stassfurt, die Fernwärme ist ein Fass ohne Boden. Zum Glück kriegt es die öffentliche Hand auch zu spüren und nicht nur Mieter (ohne Wohn- oder Bürgergeld), damit hier endlich mal grundlegend gehandelt wird. Sonst ist die "zweite" Miete bald höher als die erste
ElBuffo vor 1 Wochen
Woher kommt denn in Staßfurt die Fernwärme? Von den Stadtwerken offenbar nicht. Sonst wäre es für die Stadt wohl ein Leichtes nachzuvollziehen, ob der Fernwärnepreis tatsächlich so hoch ist und wer das verzapft hat.