Leunawerke in der Dämmerung
Die IG Bergbau, Chemie, Energie fordert für die Beschäftigten in der Chemieindustrie, wie hier in den Leuna-Werken, unter anderem sieben Prozent mehr Lohn. Bildrechte: imago images/Sylvio Dittrich

Tarifvertrag Bundesweite Tarifverhandlungen in der Chemieindustrie starten

14. Mai 2024, 05:00 Uhr

Sie gilt als Mutter aller Industrien – die Chemie. Sie liefert die Vorprodukte für viele andere Branchen. In Deutschland sind mehr als eine halbe Million Menschen in der Chemieindustrie beschäftigt, von denen die große Mehrheit nach Tarif bezahlt wird. Doch der aktuelle Tarifvertrag läuft im Juni aus. Neue Tarifverhandlungen laufen bereits, sind auf regionaler Ebene aber bislang gescheitert. Ab Dienstag verhandeln deshalb im thüringischen Teistungen die Bundesvertreter.

Ralf Geißler, Wirtschaftsredakteur
Bildrechte: MDR/Isabel Theis

Am Dienstag beginnen in Teistungen in Thüringen bundesweite Tarifverhandlungen in der Chemieindustrie. Die Tarifverhandlungen werden wohl kompliziert. Ein Hinweis darauf ist, dass von den großen Chemieunternehmern keiner reden will. Egal ob in Leuna, Bitterfeld-Wolfen oder bei Wacker Chemie – Interviewanfragen zu den Tarifverhandlungen werden abgelehnt.

Man verweist auf den Verhandlungsführer der Arbeitgeber, Klaus-Peter Stiller. Doch von ihm gibt es bislang noch gar kein Angebot, zu wieviel mehr Lohn die Chemiebranche bereit ist.

Unterschiedliche Einschätzung der Wirtschaftslage der Chemiebranche

"Bevor wir ein Angebot machen, müssten wir uns zunächst deutlich annähern, was die Einschätzung der wirtschaftlichen Lage angeht", so Stiller. Es mache erfahrungsgemäß keinen Sinn, Angebote auf den Tisch zu legen, solange man in der Einschätzung der Lage noch so weit auseinanderliege.

Aus Sicht der Arbeitgeber ist die Lage in der Chemieindustrie schlecht. Im vergangenen Jahr sind die Umsätze bundesweit um zwölf Prozent gesunken. Die hohen Preise für Energie und Rohstoffe machten die Produktion in Deutschland zunehmend unrentabel: "Unsere Branche – Chemie und Pharma – produziert heute kaum mehr als 2005. Das aber zu den Kosten von 2024", sagt Stiller.

Gewerkschaft fordert sieben Prozent mehr Lohn

Bei der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (kurz: IGBCE) sieht man das anders. Die Gewerkschaft schickt Oliver Heinrich als Verhandlungsführer ins thüringische Teistungen. Er sagt, dass es der Branche insgesamt gar nicht so schlecht gehe. "Also die Arbeitgeber müssen auch aufpassen, dass sie ihre eigene Branche nicht so schlecht reden. Wenn ich beispielsweise an die Konsumgüterindustrie oder an die Pharmaindustrie denke, das sind ja Unternehmen, die in den letzten Jahren gute Gewinne eingefahren haben und auch einfahren."

Die Gewerkschaft fordert für die Beschäftigten deshalb sieben Prozent mehr Geld. Außerdem will sie einen Bonus für Mitglieder aushandeln.

Gewerkschaft zu Kompromissen bereit

Oliver Heinrich räumt ein, dass einige Chemieunternehmen noch mit den Folgen der Energiekrise zu kämpfen hätten. Schon in der Vergangenheit sei die Gewerkschaft deshalb in Einzelfällen zu Kompromissen bereit gewesen. Man könne eine Lohnerhöhung auch mal aufschieben. "Ich will aber auf der anderen Seite auch den Anspruch haben, dass eben die Unternehmen, denen es wirklich sehr gut geht, auf diesen Abschluss nochmal eine Schippe drauflegen." Denkbar wäre auch, eine Zahlung vorzuziehen, sodass man eine Differenzierung habe.

Früher liefen Verhandlungen in der Chemieindustrie meistens geräuschlos. Einen großen Streik gab es in der Branche zuletzt vor mehr als fünfzig Jahren. Die sogenannte Friedenspflicht für die Gewerkschaft endet am 30. Juni.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 14. Mai 2024 | 06:40 Uhr

Mehr aus Wirtschaft

Nachrichten

Wärmepumpen stehen im Lager des Herstellers. Im Moment werden weniger davon verkauft als vor dem Heizungsgesetz-
Audio | MDR AKTUELL: Ist die Wärmepumpe billiger als gedacht? | von Christian Erll Bildrechte: picture alliance/dpa | Moritz Frankenberg

Mehr aus Deutschland

Nachrichten

Ein ICE fährt an einer Schleuse an der Donau vorbei, aus der das Wasser sprudelt. Nach den ergiebigen Regenfällen der vergangenen Tage gibt es dort starke Hochwasser.
Ein ICE fährt an einer Schleuse an der Donau vorbei, aus der das Wasser sprudelt. Nach den ergiebigen Regenfällen der vergangenen Tage gibt es dort starke Hochwasser. Bildrechte: picture alliance/dpa | Stefan Puchner