Eine Frau zieht an einem Joint.
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Justiz Nach Cannabis-Legalisierung: Nur wenige Verurteilte in Thüringen bisher freigelassen

07. Mai 2024, 10:01 Uhr

Seit dem 1. April ist der Cannabis-Besitz legalisiert und es gilt eine rückwirkende Straffreiheit. Deutschlandweit wurden bereits 125 Verurteilte wieder auf freien Fuß gesetzt. In Thüringen betrifft das nur einige wenige. Wir erklären die Gründe.

In Thüringen sind bisher nur wenige Cannabis-Verurteilte aus der Haft entlassen worden. Das hat eine Anfrage bei den vier Thüringer Staatsanwaltschaften ergeben. Genaue Zahlen wurden nicht genannt. Die Prüfung der Einzelfälle dauere weiter an. Deutschlandweit wurden bereits 125 Verurteilte wieder auf freien Fuß gesetzt - davon allein 50 in Nordrhein-Westfalen.

Ministerium geht von 5.000 Verfahren aus

Das Innenministerium geht in Thüringen von rund 5.000 Verfahren aus - 500 mehr als bisher bekannt. Jeder Fall muss von den Staatsanwaltschaften einzeln geprüft werden. So sind bei der Staatsanwaltschaft Gera bis Mitte April schon 1.000 zusätzliche Arbeitsstunden angefallen. Ein extremer Mehraufwand, sagt ein Sprecher. Mitarbeiter nur für die Prüfung abzustellen, sei nicht möglich.

Straffreier Besitz von Cannabis muss heraus gerechnet werden

In den meisten Fällen wurden Menschen nicht nur für den Besitz von Cannabis, sondern auch wegen anderer Straftaten zu einer Gesamtstrafe verurteilt. Daraus muss der jetzt straffreie Besitz von Cannabis heraus gerechnet werden. Dafür müssen wiederum Gerichte eingeschaltet werden. Einfacher sind nach Angaben der Staatsanwaltschaft Erfurt laufende Verfahren - diese können entsprechend der neuen Regeln angepasst werden. Die Prüfung aller Verfahren soll laut Ministerium so schnell wie möglich abgeschlossen werden.

Alte Verurteilungen können gelöscht werden

Seit dem 1. April sind Besitz und Anbau von Cannabis nach bestimmten Regeln erlaubt. Nach dem Gesetz dürfen über 18-Jährige zu Hause bis zu 50 Gramm aufbewahren und draußen maximal 25 Gramm Marihuana oder Haschisch mit sich führen. Es geht explizit um den Eigengebrauch. Ein Gramm Cannabis reicht in etwa für drei Joints.

Weitergabe und Verkauf bleiben verboten. Zu Hause - nicht im Kleingarten - dürfen außerdem drei Pflanzen angebaut werden. Samen, Pflanzen und geerntetes Cannabis müssen gegen Diebstahl und vor dem Zugriff von Kindern geschützt werden. Alte Verurteilungen wegen Besitzes oder Eigenanbaus bis 25 Gramm können auf Antrag aus dem Zentralregister gelöscht werden.

MDR (kbo/co)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN - Das Radio | Nachrichten | 07. Mai 2024 | 09:00 Uhr

10 Kommentare

astrodon vor 1 Wochen

@Bria: Stichtagsregelung oder Anpassung ist eben die Frage. Möglich ist beides. Verstehen muss man es nicht, wie so vieles in der Juristerei, was zwar "Recht" ist, sich aber alles andere als "gerecht" zu sein scheint.
Andererseits wurden nach der Wende zu Hauf Urteile der DDR aufgehoben, weil nicht rechtskonform. Oder Urteile gegen Schwule nach Abschaffung des 175er ...

astrodon vor 1 Wochen

@Ralf: "Ein Staat mit schwindendem Vertrauen" - hä? Wieso schwindet das Vertrauen des Staates? Vertrauen in seine Bürger?
"verspielt seine Glaubwürdigkeit" - inwiefern das denn? Und wieseo "verspielt"?

astrodon vor 1 Wochen

@lulu: Wenn es vorher für eine Freiheitsstrafe gereicht hat, dann tut es das jetzt erst recht - die Strafrahmen wurden verschärft. Es werden doch lediglich die Mengen angepasst, wer mit 150g erwischt wurde wird so gestellt, als hätte er nur 125g gehabt - 25g sind ja die aktuelle "Freimenge". Wer gedealt hat sitzt auch weiter, denn Handel und Weitergabe sind und waren strafbar.
Letztendlich betrifft es die "Kleinkriminellen" mit 5g für den Eigenbedarf am WE.

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