Ein Ehepaar tanzt im Wohnzimmer
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Epigenetische Uhr Über den Zufall und seine Rolle beim Altern

13. Mai 2024, 17:09 Uhr

Wie funktioniert das Altern? Wissenschaftler am Exzellenzcluster für Alternsforschung CECAD haben jetzt herausgefunden, dass der Zufall im Alterungsprozess wesentlicher ist als bisher angenommen.

Längst ist klar: Das biologische Alter kann weit vom tatsächlichen Alter abweichen. Lebensstil, Ernährung, Bewegung, Alkohol und auch Rauchen sind große Faktoren, die das Rad des Alterns beschleunigen oder bremsen. Doch was passiert eigentlich beim Altern im Körper? Wie genau lässt sich die biologische Uhr bestimmen? Mit dieser Frage beschäftigen sich Forscher seit Jahren. Sie wissen schon lange: Biologisches Altern ist mehr als nur Verschleiß von Zellen und Geweben. Anders als bei einer Maschine, tickt im Innern jedes menschlichen Körpers eine Altersuhr, die irgendwann sagt: Jetzt ist Schluss.

Biologisches Alter basiert auf zufälligen Veränderungen in den Zellen

Wissenschaftler des Exzellenzclusters für Alternsforschung CECAD haben jetzt herausgefunden, dass sich mit zunehmendem Alter die zufälligen Veränderungen in den Zellen häufen. "Alterung wird von Beschädigungen der Bausteine in unseren Zellen ausgelöst. Wo diese Schäden auftreten, ist weitestgehend zufällig. Unsere Arbeit vereinigt die Genauigkeit von Altersuhren mit der Anhäufung von rein zufällig auftretenden Veränderungen in unseren Zellen“, sagte Professor Björn Schumacher vom Exzellenzcluster CECAD. Die Genauigkeit dieser Altersuhren sei ein weiterer Schritt bei der Entschlüsselung des Alterungsprozesses. "Die Präzision dieser Altersuhren lässt annehmen, dass der Alterungsprozess entschlüsselt ist. Die Ergebnisse der Studie wurden im Fachmagazin "Nature Aging" veröffentlicht.

Alterung wird von Beschädigungen der Bausteine in unseren Zellen ausgelöst. Wo diese Schäden auftreten, ist weitestgehend zufällig.

Professor Björn Schumacher Exzellenzcluster CECAD Köln

Weniger Kontrolle, mehr Zufälle

Die Wissenschaftler attestieren den Vorgängen in den Zellen des Körpers mit zunehmenden Alter einen immer stärkeren Kontrollverlust. Das führe im Gegenzug dazu, dass sich zufällige Prozesse häufen. "Das lässt sich besonders gut an der Anhäufung zufälliger Veränderungen in der DNA-Methylierung ablesen. Methylierungen sind chemische Veränderungen, die auf die DNA, die Bausteine des Genoms, setzen. Diese Methylierungen werden im Körper präzise geregelt, aber während des gesamten Lebens kommt es zu zufälligen Veränderungen in den Methylierungsmustern", erklärte David Meyer, ebenfalls Forscher am CECAD. "An der Zunahme der Varianz lässt sich dann mit hoher Genauigkeit ablesen, wie alt ein Mensch ist."

Zufällige Veränderungen steigen auch bei Gen-Aktivität

Der Kontrollverlust der Zellen und die Zunahme zufälliger Ereignisse ist nicht nur auf DNA-Methylierung beschränkt. Meyer und Schumacher zeigen, dass auch die Zunahme zufälliger Veränderungen in der Genaktivität als Altersuhr genutzt werden können. "Im Prinzip ließe sich dies sogar noch viel weiter treiben und die zufälligen Veränderungen in jedem beliebigen Prozess in der Zelle könnten das Alter vorhersagen“, sagte Schumacher. Wichtig sei vor allem, ob solche Altersuhren auch den Erfolg von Interventionen, die den Alterungsprozess aufhalten oder auch schädliche Einflüsse, die das Altern vorantreiben, anzeigen können.

Studie zeigt wieder: Rauchen beschleunigt Alterung

Die Wissenschaftler konnten in vorhandenen Datensätzen von Methylierungsmustern zeigen, dass Rauchen die zufälligen Veränderungen beim Menschen erhöht und ‚anti-aging‘ Interventionen, wie eine niedrigere Kalorienzufuhr bei Mäusen, die Zunahme der Variation verringert. Sie zeigten auch, dass die zufälligen Veränderungen sich sogar umkehren lassen durch die Reprogrammierung von Körperzellen zu Stammzellen. Die Wissenschaftler verglichen dazu menschliche Fibroblasten, eine bestimmte Art von Hautzellen, mit induzierten Stammzellen, die aus menschlichen Fibroblasten aus der Haut gewonnen wurden. Durch die Reprogrammierung zu Stammzellen werden die Zellen verjüngt, wobei die hohe Varianz der alten Körperzellen umgekehrt wird zur geringen Varianz junger Stammzellen.

Wissenschaftler erhoffen sich Rezept für Verjüngung

Aus den Erkenntnissen über den Verlust der Regulation und die Anhäufung rein zufälliger Veränderungen als die treibenden Kräfte des Alterns erhoffen sich Meyer und Schumacher neue Ansätze zu entwickeln, die zur zellulären Verjüngung führen könnten. Diese könnten sowohl bei der DNA-Reparatur von zufälligen Beschädigungen als auch bei der verbesserten Kontrolle der Genexpression ansetzen.

Studie im Original

Meyer, D.H., Schumacher, B. Aging clocks based on accumulating stochastic variation. Nat Aging (2024). https://doi.org/10.1038/s43587-024-00619-x

(Uni Köln/tomi)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Dienstags direkt | 23. April 2024 | 20:00 Uhr