MDR FERNSEHEN Die Kultsendung Außenseiter Spitzenreiter
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07. Juni 2011, 18:10 Uhr
Mit der Neugierde ist es ja so eine Sache – ist sie nun Tugend oder doch eher Laster? Auf jeden Fall ist sie das Grundprinzip der am längsten laufenden Unterhaltungssendung des Deutschen Fernsehens: Außenseiter Spitzenreiter.
Seit dem 18. Juni 1972 gibt es die Kuriositätenshow. Gründervater ist Hans-Joachim Wolfram. Er moderierte die Sendung nicht nur, sondern ist auch ihr Erfinder. Seit 2012 geht Madeleine Wehle den Kuriositäten des Alltages nach. Vor allem aber sind es die Zuschauer, die mit skurrilen Fragen jede einzelne Sendung bereichern. Fragen, die sonst keiner so richtig beantworten kann, wie etwa "Wie lange dauert ´Komme gleich wieder?`" oder "Wie groß sind die größten Schuhgrößen?" Doch nicht nur das, inzwischen werden seit über 35 Jahren auch Menschen mit außergewöhnlichen Hobbies und Begabungen, nicht ganz alltägliche Erfindungen und ungewöhnliche Rekorde vorgestellt – eben all die kleinen "Wunder des Alltags". Angefangen von einem pfeifenden Baby über eine fernsehschauende Ziege bis hin zu einer Sauna, die im Kleiderschrank eingebaut wurde, ist alles dabei.
Kult in der DDR
Bei den DDR-Oberen hatte die Sendung oft einen zweifelhaften Beigeschmack. Schon der Titel sorgte für Aufregung, war es doch das Kollektiv, das im Arbeiter- und Bauernstaat zählte und nicht etwa Außenseiter, die nun auch noch zu Spitzenreitern avancieren sollten. Das Parteiorgan "Neues Deutschland" jedenfalls kündigte die Sendung lediglich unter dem Namen "Spitzenreiter" an. Die Zuschauer kümmerte das wenig, durch sie wurde das neue Unterhaltungsformat schnell zum Publikumsmagneten. Tatsächlich enthielten die Beiträge auf verschmitzt-ironische Weise regelmäßig kleine Spitzen gegen das DDR-System. Hans-Joachim Wolfram zeigte den Mangel im Alltag. Und sei es nur dadurch, dass Bastler und Tüftler vorgestellt wurden, die sich praktische Geräte bauten, die in der Planwirtschaft nicht erhältlich waren. Besonders ausgefallen war beispielsweise die erste elektronische Babywindel oder aber eine spielbare Geige, die aus 7500 Streichhölzern zusammengebaut wurde.
Doch auch auf andere Weise stellte Wolfram die DDR-Wirtschaft in Frage, wenn er zum Beispiel eine vierzig Meter lange Warteschlange vor einer Bäckerei einen Kanon anstimmen ließ: "Wachet auf, wachet auf, es krähet der Hahn". Dennoch war die Kritik nie so fundamental, als dass sie das DDR-System ernsthaft in Frage gestellt hätte.
Nackte Tatsachen
Legendär sind die Nacktreportagen, wie die am Usedomer FKK-Strand. Wolframs damaliger Co-Moderator Hans-Joachim Wolle fragte lediglich mit einem Tonbandgerät über der Schulter bekleidet nach Benimmregeln im Nackturlaub und ob denn die Nackturlauber ihren Personalausweis bei sich tragen, der ja eigentlich stets mitzuführen ist.
Journalismus mal anders
Bis heute zeichnet sich die Sendung durch eine ganz eigene Art von Unterhaltungsjournalismus aus. Hans-Joachim Wolfram tauchte mit Mikrofon und Kamera bewaffnet an Haustüren, in Betrieben, Kleingärten, auf Bergspitzen, untertage und überall sonst auf. So ähnlich geht auch Madeleine Wehle vor, doch sie versucht, über die "Außenseiter Spitzenreiter"-Facebook-Seite und andere junge Kommunikationsmittel an noch mehr verrückte Geschichten heran zu kommen.
Bis jetzt sind mehr als 2.000 kleine Filme durch Wolfram und sein Team entstanden. Mal sehen, wie viele Madeleine Wehle schafft?