Regierungskrankenhaus der DDR Regierungskrankenhaus: Luxusklinik für die Nomenklatura
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06. Dezember 2021, 12:32 Uhr
Im "Regierungskrankenhaus der DDR" in Berlin-Buch war alles vom Feinsten: die medizinische Betreuung, die Unterbringung und Verpflegung. Ohne Sonderausweis kam allerdings auch niemand rein.
Um das "Regierungskrankenhaus der DDR", das sich von 1949 bis 1976 im Gebäude der ehemaligen Militärärztlichen Akademie in Berlin-Mitte und später in Berlin-Buch befand, rankten sich stets zahllose Gerüchte: von Medizintechnik und Medikamenten aus dem Westen, von einer luxuriösen Ausstattung der Krankenzimmer, von Schalen mit Südfrüchten, die überall herumstünden und Ärzten, die ihr Gehalt in D-Mark ausgezahlt bekämen. Im Herbst 1989 wurde schließlich bekannt, dass an den Gerüchten tatsächlich so einiges dran gewesen ist.
Modernste Geräte und Medikamente aus Westberlin
Die Arbeit im Regierungskrankenhaus war geprägt durch ein traumhaftes Arbeitsmilieu in einer hochmodernen Einrichtung, die fast ausschließlich westliche Technik besaß, meist von Siemens, erinnert sich Kardiologe Dr. Uwe Jens Jürgensen. "Wir hatten immer die modernsten Geräte." Auch die Versorgung mit Medikamenten verlief reibungslos. Uwe Jens Jürgensen: "Wir hatten keine Probleme mit Arzneimitteln, wie zum Beispiel ein Kreisarzt, der ein bestimmtes Antibiotikum benötigte. Wenn wir etwas brauchten, sagten wir es unserer Hausapotheke. Die schickte einen Stasi-Mann mit der Aktentasche nach Westberlin. Und dann war das Medikament in zwei Stunden bei uns."
Interhotel-Flair für hohe Funktionäre
Was andernorts an medizinischem Gerät und Personal fehlte, stand hier wie selbstverständlich zur Verfügung. In dem geheimnisumwitterten und streng abgeschotteten Haus, das zugleich als Poliklinik und Spital fungierte und sogar über eine Entbindungsstation verfügte, versahen 58 Fachärzte, und zwar die besten der Republik, sowie 115 Pflegekräfte ihren Dienst. Die insgesamt 85 Krankenzimmer glichen in ihrer Ausstattung einem Interhotel und waren mit Fernseher und Telefon ausgestattet. Daneben gab es noch einen sogenannten "Pavillon-Bereich" mit Zwei-Zimmer-Appartements.
Für normalsterbliche DDR-Bürger war das "Regierungskrankenhaus" selbstredend tabu. Ohne Sonderausweis kam niemand herein. Behandelt wurden ausschließlich die Mitglieder der Regierung, des SED-Zentralkomitees und des Politbüros, Staatssekretäre, ausländische Diplomaten, Staatsgäste sowie die Angehörigen hoher SED-Funktionäre.
Für die Bevölkerung geöffnet
Anfang Januar 1990 öffnete das "Regierungskrankenhaus der DDR" zum ersten Mal seine Pforten für "Werktätige aus Berliner Betrieben". Das "Neue Deutschland" berichtete, dass sich namentlich die Mitarbeiter des VEB Kombinat Kosmetik ab sofort in der exklusiven Poliklinik behandeln lassen könnten. Im gleichen Monat noch beschloss die Volkskammer, das "Regierungskrankenhaus" generell und ohne Ausnahme für die Bevölkerung zu öffnen. Die bisherigen Patienten der Klinik sollten zwar weiterhin hier betreut werden, jedoch nicht mehr bevorzugt. Aber nur wenige Wochen später, im Frühjahr 1990, war die Zeit des "Regierungskrankenhauses" endgültig abgelaufen - es wurde nach einem Beschluss der Volkskammer dem städtischen Klinikum Berlin-Buch angegliedert. Das beste Krankenhaus der DDR verlor damit seinen Namen und seine Exklusivität. Viele der hoch spezialisierten Ärzte, die für DDR-Verhältnisse zwar überdurchschnittlich, aber keineswegs mit Westgeld entlohnt worden waren, verließen in diesen Monaten das Krankenhaus und machten sich selbstständig.
Ehemaliges Regierungskrankenhaus steht heute leer
2001 wurde das mittlerweile defizitäre Klinikum Berlin-Buch inklusive des einstigen Regierungskrankenhauses vom Berliner Senat an die "Helios-Kliniken" verkauft, die sich im Gegenzug verpflichteten, moderne Klinikgebäude zu errichten. 2007 waren die neuen Gebäude bezugsfertig und die alten überflüssig geworden. Seither steht auch das einstige "Regierungskrankenhaus der DDR", Sinnbild für eine Zwei-Klassen-Medizin im sozialistischen Arbeiter- und Bauernstaat, leer.