Nach Papst-Besuch Polen ändert nichts an Flüchtlingspolitik

18. August 2016, 10:42 Uhr

Nach dem Besuch von Papst Franziskus sieht Polens Regierung keinen Anlass zur Änderung ihrer Flüchtlingspolitik. Das Migrationsproblem müsse außerhalb der Europäischen Union gelöst werden, sagte Ministerpräsidentin Beata Szydlo am späten Sonntagabend in Krakau. Die zweitgrößte Stadt Polens hatte in der vorigen Woche den Weltjugendtag der katholischen Kirche ausgetragen. Fünf Tage lang war auch Papst Franziskus beim Glaubensfest dabei.

Die polnische Regierungschefin Szydlo rief nach der Abreise des Kirchenoberhauptes dazu auf, die von Franziskus getätigten Äußerungen beim Weltjugendtag zu analysieren.

Papst legt Fokus auf Flüchtlingsthematik

Papst Franziskus hatte bei seinem Besuch in Krakau vor Repräsentanten von Politik und Gesellschaft wiederholt zur Solidarität mit Flüchtlingen aufgerufen. Die polnische Regierung aber auch viele konservative polnische Geistliche lehnen es ab, in nennenswertem Umfang muslimische Flüchtlinge aus Krisengebieten aufzunehmen. Zudem ist die konservative PiS-Regierung gegen die Aufnahme von 7.000 Flüchtlingen, die Polen über die EU-Quotenregelung zugewiesen wurden, und die die polnische Vorgängerregierung noch akzeptiert hatte.

Premierministerin Szydlo betonte am Sonntagabend, ihre Regierung engagiere sich bereits sehr stark für Menschen, die Hilfe bräuchten. So fänden Menschen aus der Ukraine in Polen Arbeit und ein Zuhause. Zudem werde man die humanitäre Hilfe im kommenden Jahr noch verstärken. Details dazu nannte Szydlo keine.

Franziskus sorgte in Krakau für Begeisterung 

Der Vorsitzende der Polnischen Bischofskonferenz, Erzbischof Stanislaw Gadecki, sagte, in Krakau sein sichtbar gewesen, dass die polnische Jugend Papst Franziskusenthusiastisch empfangen habe. Man habe mit dem Weltjugendtag die anfänglichen Befürchtungen widerlegt, dass sich Polen nur auf Papst Johannes Paul II. beziehe. In Polen ist der katholische Glaube tief verwurzelt - fast 90 Prozent der Polen bezeichnen sich als Katholiken.

Der Krakauer Erzbischof und Kardinal Stanislaw Dziwisz betonte, Papst Franziskus habe bei seinem ersten Besuch in einem osteuropäischen Land die dortige Mentalität besser kennenlernen können. Neben den Spitzenvertretern der katholischen Kirche wertete auch Regierungschefin Szydlo die Visite des Papstes als "großes historisches Ereignis". Der sechs Tage währende Weltjugendtag in Krakau war am Sonntag zu Ende gegangen. Hunderttausende Menschen aus mehr als 180 Ländern waren dafür nach Krakau gekommen.

Wie katholisch sind die Polen?

In Polen ist der katholische Glaube tief verwurzelt - fast 90 Prozent der Polen bezeichnen sich als Katholiken. Doch unter den jungen Menschen wächst die Zahl der Ungläubigen stetig an.

Gottesdienst in polnischer Kirche.
90 Prozent aller Polen bezeichnen sich als katholisch. In keinem anderen Land der Welt ist der Anteil von Katholiken im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung so hoch. In den vergangenen Jahren gab es einen leichten Rückgang derer, die sagen, sie seien tief gläubig. Bildrechte: MDR/Anja Datan
Gottesdienst in polnischer Kirche.
90 Prozent aller Polen bezeichnen sich als katholisch. In keinem anderen Land der Welt ist der Anteil von Katholiken im Verhältnis zur Gesamtbevölkerung so hoch. In den vergangenen Jahren gab es einen leichten Rückgang derer, die sagen, sie seien tief gläubig. Bildrechte: MDR/Anja Datan
Religionsunterricht in polnischer Schule.
Es wuchs eine neue Generation in Polen heran. Bei den jungen Erwachsenen zwischen 18 und 24 Jahren hat sich die Zahl der Nichtgläubigen seit 2005 mehr als verdoppelt und beträgt inzwischen 15 Prozent. Auch bei den Erwachsenen nimmt der Einfluss der Kirche ab. Nur noch 39 Prozent aller Befragten haben für eine Studie des polnischen Meinungsforschungsinstituts CBOS 2015 angegeben, den "Weisungen der Kirche" zu folgen. 2005 waren es noch 66 Prozent. Bildrechte: MDR/Anja Datan
Paar läßt sich in polnischer Kirche trauen.
Kirchensteuer gibt es keine. Die katholische Kirche finanziert sich zu 80 Prozent über Spenden und Gebühren. Für Taufen, Hochzeiten und Beerdigungen verlangt sie Geld. Natürlich nicht offiziell, denn theoretisch sind Sakramente auch in Polen kostenlos beziehungsweise nur mit einer Spende verbunden. Allerdings kursieren für diese "Spenden" inoffizielle Preislisten. Die polnische Zeitung "Super Express" hat die aktuellen Preise zusammengetragen. So soll eine Hochzeit in Czernikowo in der Woiwodschaft Kujawien-Pommern beispielsweise 1980 Złoty (ca. 495 Euro) kosten, in Gdynia 570 Złoty (ca. 142 Euro). Bildrechte: MDR/Anja Datan
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