Verkündigungssendung Das Wort zum Tag bei MDR SACHSEN
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Täglich hören Sie das Wort zum Tag. Montags bis freitags gegen 5:45 Uhr und 8:50 Uhr, am Sonnabend gegen 8:50 Uhr, sonntags 7:45 Uhr. Das Wort zum Tag spricht in dieser Woche Stephan Ringeis, am Sonntag Lüder Laskowski.
Sonnabend, 23.11.2024: Tue es ebenso
Endlich Wochenende. Das heißt auch, viele Touristen sind in der Stadt. Die Straßenbahnen sind mehr als gut besetzt. An der Haltstelle verlassen viele die Tram. Mindestens ebenso viele stürmen danach den Wagen und ergattern einen Sitzplatz, andere stehen. So auch ich. Mir macht das nichts aus. Trotzdem beobachte ich die Leute und nehme ihre Altersstruktur wahr. Sie ist gemischt.
Mir fällt auf: Die Mehrheit der Sitzenden ist verhältnismäßig jung. Die Mehrheit der Stehenden verhältnismäßig alt. Ich erinnerte mich an meine Jungendzeit. Da war es ein Fauxpas zu sitzen, wenn ältere oder richtig alte Leute standen. Ja, ich wollte mich gerade ein wenig aufregen, dass das heute nicht mehr so ist und früher alles... da lächelte mich eine junge Frau an, sagte "Bitte" und bot mir ihren Platz an. O nein, dachte ich, jetzt bin ich schon so alt, dass mir diese junge Frau ihren Platz anbietet. Sehe ich wirklich so alt aus?
Der eitle Schreck, der mich durchfuhr, verhinderte in diesem Moment die Freude darüber, dass es das schon gibt, das andere nicht nur auf sich selbst achten. Das ist doch schön. Zwei, drei Stationen später, kam eine alte Frau an Bord. Sie ging am Stock und wirkte angestrengt. Kein langes Zucken bei mir, ich bot ihr meinen Platz an und sie bedankte sich ganz herzlich. Ich stand wieder. Zugegeben, vielleicht war ich auch ein klein wenig froh, wieder zu den angeblich Jüngeren zu gehören. Aber vielleicht war es auch die logische Reaktion auf die junge Frau, die mir ihren Platz schenkte. Das hat Jesus gemeint, wenn er sagte: "So gehe hin und tue es ebenso".
Freitag, 22.11.2024: Reißverschluss
Freitag. Berufsverkehr. Endlich Wochenende. Die Straße ist breit. Zwei Fahrspuren. Komischerweise wird plötzlich nur noch die rechte Fahrspur genutzt. Habe ich was überwehen?
Wissen die anderen etwas, was ich nicht weiß. Nun, ich stelle mich an. Es geht voran, aber langsam. Ab und zu rauscht links ein Auto vorbei. Schließlich taucht ein Hinweis auf: 1 km Einengung auf eine Fahrspur. Ah, jetzt wusste ich, warum sich alle rechts eingeordnet haben, und fragte mich zugleich, haben die alle vom Reißverschluss-System noch nichts gehört?
Dieses System ist als ein "Muss" in der Straßenverkehrsordnung verankert. Verengt sich die Straße auf eine Spur, sollen beide Spuren bis zur Verengung genutzt werden und die Fahrzeuge sich dann abwechselnd wie bei einem Reißverschluss auf die eine Spur bringen. Ich wechsle die Spur. Ab geht die Post.
Vorn an der Einengung angekommen, wurde mir klar, warum sich alle früh einordnen und lieber den Rückstau in Kauf nehmen. Es ist nicht sicher, dass man wirklich reingelassen wird. Ich musste mich geradezu reindrängeln und darauf vertrauen, dass der Autofahrer oder Autofahrerin neben mir eine Beule am eigenen Auto nicht riskiert.
Aus der Mimik kann ich sehen, so richtig froh sind manche nicht, wenn sie andere vorlassen müssen. Einer hat auch ziemlich erbost gehupt, ganz unter dem Motto, hinten anstellen bitte.
Verrückt, da gibt es ein so gutes System, trotz Fahrbahneinengung den Verkehr flüssig zu halten, aber es setzt sich schwer durch. Den einen fehlt der Wille, andere vorzulassen, den anderen des Vertrauen ins System. Offensichtlich ein uraltes Problem. In der Bibel heißt es, etwa 2000 Jahre alt: "Jeder achte nicht nur auf das eigene Wohl, sondern auch auf das der anderen." (Philipper 2,4).
Heute Nachmittag werde ich wieder vorfahren und mit den anderen das Reißverschlusssystem üben.
Donnerstag, 21.11.2024: Wildwechsel
Es ist schon ziemlich spät und längst dunkel. Die Straße ist feucht, wie das im November so ist. Der Asphalt glänzt im Scheinwerferlicht. Wenigstens die Sicht ist gut. Die Strecke gut ausgebaut. Fernlicht. Gut 200 Meter vor mit sehe ich mitten auf der Straße ein Reh. Es steht wir erstarrt und blickt in mein Licht. Ich werde langsamer, schließlich bleibe ich stehen. Das Reh bewegt sich nicht. Endlich blende ich ab. Motor aus. Standlicht. Jetzt sucht das Reh seinen Weg. Und kaum hat es sich in Bewegung gesetzt, springen sofort noch drei vier weitere dieser schönen Tiere über die Straße hinterher. So schnell kann ich gar nicht schauen. Einen Moment warte ich ab. Dann schalte ich das Licht wieder ein. Alles frei.
Ich fahre vorsichtig weiter. Nach rund drei Kilometern fällt mir ein Verkehrsschild auf: Wildwechsel beendet. Das Schild "Achtung Wildwechsel" hatte ich übersehen. Glück gehabt. Aber ich frage mich, wie viele verendete Tiere liegen täglich auf der Straße oder am Straßenrand?
Es gehört zum Bild einer Autobahnfahrt am frühen Morgen. Mitunter befindet sich noch reichlich Blut auf der Fahrbahn. Nach Angaben des Deutschen Jagdverbandes sterben jedes Jahr mehr als eine Million Wildtiere bei Verkehrsunfällen, meistens sind es Rehe oder Wildschweine. Und ich frage mich nicht nur, wer diese toten Tiere wegräumt. Ich frage mich auch, ob das normal sein soll, dass so viele Lebewesen dem Verkehr zum Opfer fallen.
Albert Schweitzer, Arzt, evangelischer Theologe und Pazifist, prägte einst des Satz: "Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will". Der 1965 verstorbene Schweitzer, viele Jahre als sogenannten Urwalddoktor im afrikanischen Lambarene - Gabun - unterwegs, war auch ein begeisterter Forscher. Die Ehrfurcht vor allem Leben, von der Ameise bis zu einem jeden Menschen, prägten seine Gedanken. Schließlich sind alle Gottes Geschöpfe