Montag, 23.12.2024: Hast du es verdient?
"Und sei schön brav, dass der Weihnachtsmann auch wirklich kommen kann." Scherzhaft sagt das ein Onkel zu seinem kleinen Neffen bei der Verabschiedung am Bahnsteig. Ein wenig muss man sich Weihnachten verdienen, wird dem Kind da beigebracht. Es könnte sonst auch ausfallen. Solche Sprüche gehörten in meiner Kindheit ganz selbstverständlich zur Vorweihnachtszeit. Und sie setzen sich mit ihrer Botschaft bei manchen Menschen fest. Habe ich Weihnachten eigentlich verdient?
"Die meisten Menschen brauchen mehr Liebe als sie verdienen", soll die Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach gesagt haben. Das klingt schon etwas gnädiger und realistischer. Denn bei manchen Kindern, die inzwischen vielleicht auch erwachsen sind, blieb doch der Eindruck hängen, dass sie es nicht immer verdient hatten. Zuviel ging daneben und zu viel Streit gab es. Und dann wurde es trotzdem Weihnachten.
"Die meisten Menschen brauchen mehr Liebe als sie verdienen." Wieviel Liebe verdient ein Mensch? Was ist das Existenzminimum, das Bürgergeld an Liebe, das jemand verdient? Ist da nicht immer noch etwas faul an dieser Rechnung? Denn im Grunde hat jedes Menschenkind Anspruch auf bedingungslose Liebe, einfach weil es da ist. Einfach, weil das der Weg in ein starkes und freies Leben ist. Und jeder erwachsene Mensch, der das erfahren hat, kann davon zehren.
Ich lebe davon, dass ich bedingungslos geliebt wurde. Auch wenn sich im Laufe des Lebens immer mehr kaufmännisches Denken in meine Strichlisten der Liebe eingeschlichen hat.
Das Weihnachtsfest will von der völlig unverdienten Liebe erzählen, die den Glanz und das Licht in die dunkle und ausgezehrte Welt bringt. Es erzählt von dem Geschenk, das mir unabhängig vom Gabentisch mit der Geburt Jesu gemacht ist. Sie gilt damals und heute vor allem denen, die nicht mit Zuwendung und Gütern überschüttet sind. Und leuchtet hoffentlich auch aus dem Geschenk, das ich heute noch besorgen will.