Pumpspeicherwerk Glinge
Für Pumpspeicherkraftwerke werden große Becken benötigt, die viel Wasser aufnehmen können. (Im Bild: Pumpspeicherwerk Glinge in Nordrhein-Westfalen) Bildrechte: IMAGO / Funke Foto Services

Energiewende Pumpspeicherkraftwerke: Helfer für die Energiewende und Geschäftsmodell

28. September 2023, 09:14 Uhr

Wenn die Sonne scheint oder der Wind weht, kann mit Photovoltaikanlagen beziehungsweise Windrädern Strom erzeugt werden. Was aber, wenn weder Sonne noch Wind vorhanden sind? In solchen Fällen können Pumpspeicherkraftwerke helfen. Durch sie ist es möglich, erneuerbare Energie langfristig zu "speichern". Dadurch kann sie genutzt werden, wenn das Wetter gerade nicht so mitspielt. Die Werke erzeugen dann Strom, wenn es sonst wenig aus erneuerbarer Energie gibt – ein interessantes Geschäftsmodell.

Wichtige Speicher von erneuerbarer Energie

Ein wichtiger Punkt in der Energiewende ist die Frage danach, wie erneuerbare Energie bestmöglich gespeichert werden kann – sodass sie auch an Tagen zu Verfügung steht, an denen der Bedarf höher als die Erzeugung ist. Ausgeklügelte Batteriesysteme sind unter anderem eine Option. Eine weitere sind Pumpspeicherkraftwerke. Sie sind teilweise schon seit Jahrzehnten in Betrieb und bringen gegenüber neuen Technologien einen großen Vorteil mit sich: Denn laut dem Fachportal Energiesystem-Forschung sind sie "bereits technisch ausgefeilt".

Welche Bedeutung Pumpspeicherkraftwerke für die Energiewende haben können, weiß Dominik Möst von der TU Dresden. Er ist Professor für Betriebswirtschaftlehre (BWL), insbesondere Energiewirtschaft. "Aktuell gibt es im Strombereich keine Speicher, die vergleichbar sind mit Pumpspeichern in ihrer Charakteristik, die sich eben durch hohe Wirkungsgrade, schnelle Verfügbarkeit und – in Abhängigkeit der Gegebenheiten – auch durch ein relativ günstiges Verhältnis von Energiespeicherung zu Kapazität auszeichnen", erklärt er.

Strom durch Wasserkraft: So funktionieren Pumpspeicherkraftwerke

Ein Pumpspeicherkraftwerk besteht aus zwei großen Becken. Dabei ist das eine höher gelegen – zum Beispiel auf einer Anhöhe – als das andere. An Tagen, an denen viel erneuerbare Energie gewonnen wird, wird das Wasser mittels dieser vom unteren Becken in das obere gepumpt. Dort lagert es dann – bis es an einem weniger sonnigen oder windigen Tag gebraucht wird. Aus der elektrischen Energie, dem Strom, wird dadurch potentielle Energie.

Sobald der Energiebedarf nicht mehr durch Sonne oder Wind gedeckt werden kann, kommt das Pumpspeicherkraftwerk zum Einsatz. Dann werden die Schleusen geöffnet, sodass das Wasser zurück in das untere Becken fließt. Durch den Höhenunterschied beider Becken entwickelt das Wasser eine hohe Geschwindigkeit. Auf seinem Weg passiert es Turbinen und treibt diese an: Aus der potentiellen Energie wird elektrische Energie. Es entsteht Strom.

Wenn also beim Hochpumpen des Wassers in das höher gelegte Becken allein erneuerbare Energie genutzt wird, kann diese gespeichert werden. Es entsteht ein Kreislauf, der ohne den zusätzlichen Einsatz von Strom aus anderen Energiequellen funktioniert.

Wirtschaftlichkeit: Wie mit Pumpspeicherkraftwerken Geld verdient wird

Für die Betreiber von Pumpspeicherkraftwerken ist interessant, für welche Preise sie den benötigten beziehungsweise erzeugten Strom ein- und weiterverkaufen. Zunächst kaufen sie den Strom aus erneuerbaren Energien ein, um das Wasser vom niedriger ins höher gelegene Becken zu pumpen. Je weiter der Ausbau von erneuerbaren Energien voranschreitet, desto öfter kommen Zeiträume, in denen dieser Strom für einen günstigen Preis zu haben ist.

Dominik Möst
Dominik Möst ist an der TU Dresden Professor für Betriebswirtschaftlehre (BWL), insbesondere Energiewirtschaft. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Gleichzeitig erhöht sich auch der Bedarf an Speicherplatz. "Es gibt auch andere Phasen, in denen keine Einspeisung von erneuerbaren Energien möglich ist und wir anderweitig Strom bereitstellen müssen. Davon profitieren letztendlich Pumpspeicherkraftwerke", sagt Dominik Möst. Denn in diesen Phasen können die Betreiber den bei ihnen erzeugten Strom zu höheren Preisen verkaufen. "Die Wirtschaftlichkeit von Pumpspeicherkraftwerken lebt letztendlich von diesen einerseits niedrigen Preisen und andererseits hohen Preisen. Das ist das Geschäftsmodell: günstig einspeichern, teuer ausspeichern", bestätigt der Energieexperte.

Somit entscheidet letztendlich der Strompreis an der Börse, wann das Werk welche Funktion übernimmt: als Speicher oder als Produzent. Gewechselt werden kann dabei in kürzester Zeit, so zum Beispiel im leistungsfähigsten Pumpspeicherkraftwerk Deutschlands. Das steht in Thüringen bei Goldisthal. "Der Preisunterschied zwischen dem höchsten und dem niedrigsten Punkt, der ist für uns am wichtigsten. Da passt so ein Speicher, der in Sekunden oder Minuten Betriebsartenwechsel durchführen kann", sagt René Kühne, Director Fleetmanagement bei der Vattenfall GmbH.

Pumpspeicherkraftwerke in Mitteldeutschland

Die benötigten Speicherkapazitäten für die Energiewende steigen und perspektivisch lässt sich gut Geld mit den Werken verdienen. Betrachtet man diese zwei Punkte, erscheint es recht überraschend, dass bereits existierende Pumpspeicherkraftwerke stillgelegt werden – so wie im sächsischen Niederwartha. Das Kraftwerk dort war eines der ersten Pumpspeicherwerke Europas und seit 1930 in Betrieb. Laut dem Eigentümer, dem schwedischen Energiekonzern Vattenfall GmbH, sei das "technische Lebensende" der Anlage erreicht. Eine Instandsetzung würde Schätzungen zufolge 200 Millionen Euro kosten. Zudem ist anders als bei modernen Anlagen das Gefälle in Niederwartha vergleichsweise gering. Das mindert den Wirkungsgrad. 

Derzeit sind in Mitteldeutschland fünf Pumpspeicherkraftwerke in Betrieb: eins in Sachsen, eins in Sachsen-Anhalt und drei in Thüringen. Alle befinden sich im Besitz des schwedischen Unternehmens Vattenfall GmbH.

Pläne für neue Pumpspeicherkraftwerke gab es durchaus. Doch in den vergangenen Jahren wurden nahezu alle Neubauprojekte eingestellt oder auf Eis gelegt. In Thüringen gab es gleich an mehreren Standorten Pläne für neue Pumpspeicher. Zum Beispiel am Schmalwasser-Stausee im Kreis Gotha. Mehr als eine Milliarde Euro wollte ein Verbund von Stadtwerken hier investieren. Aber: Nach mehr als fünf Jahren Planung wurde das Projekt wieder fallen gelassen. "Die waren ihrer Zeit etwas voraus und aus unseren Analysen hat man auch gesehen, dass die Preise einfach einen wirtschaftlichen Betrieb für Pumpspeicher nicht hergegeben haben und sich erst mit deutlich höheren Anteil von erneuerbaren Energien, eben diese Wetterabhängigkeit, viel stärker dann in den Preisen niederschlägt", sagt Dominik Möst von der TU Dresden. Nun aber scheint der Zeitpunkt gekommen zu sein. So ist derzeit ein neues Pumpspeicherwerk oberhalb der Ortschaft Schweinbach im Landkreis Saalfeld-Rudolstadt im Gespräch. Es könnte frühestens 2035 in Betrieb gehen.

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Georg Holland-Moritz ist Vorsitzender der Bürgerinitiative "Kein Energiespeicher am Rennsteig e.V.". Sie wehrt sich gegen ein geplanes Pumpspeicherwerk an der Schmalwassertalsperre.

MDR THÜRINGEN - Das Radio Mi 07.06.2023 16:40Uhr 05:23 min

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MDR (jvo)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Umschau | 26. September 2023 | 20:15 Uhr

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