Rohre einer Gasleitung.
Der Bund möchte sicherstellen, dass durch die Gasleitungen in Deutschland weiterhin ausreichend Gas für Unternehmen und Privathaushalte strömt. Bildrechte: imago images/blickwinkel

Energiesicherungsgesetz Wie die Regierung die Gasversorgung sichern und Verbraucher schützen will

05. Juli 2022, 22:39 Uhr

Gas ist in Deutschland ein knappes Gut und die Lage ist angespannt. Russland hat die Lieferungen heruntergefahren, Gas muss anderweitig zu höheren Preisen beschafft werden. Derzeit ist die Versorgungslage gewährleistet. Für den Fall, dass sich das ändert und dass die Energiefirmen ins Straucheln geraten, möchte die Regierung vorbereitet sein. Daher ändert sie das Energiesicherungsgesetz.

Dürfen Energieversorger höhere Preise an Kunden weitergeben?

Dafür schafft der Bund mit der Neufassung des Energiesicherungsgesetzes die Voraussetzungen. Paragraf 24 im Energiesicherungsgesetz regelt bereits jetzt Preisanpassungen durch die Versorger – der Preisanpassungsmechanismus. Danach haben von hohen Preisen betroffene Energieversorgungsunternehmen das Recht, ihre Gaspreise anzupassen, sie also an Stadtwerke, Industriekonzerne und Endkunden weiterzureichen. Die Preisanpassung muss angemessen sein – sie darf also zum Beispiel die Mehrkosten für die Ersatzbeschaffung nicht überschreiten.

Die Regierung präzisiert nun zum einen Paragraf 24: Es gibt keinen Automatismus, bei der Ausrufung der Alarmstufe oder der Notfallstufe im Notfallplan Gas, die Preise anzupassen – die Krisenstufen sind aber Voraussetzung dafür, dass eine Preisanpassung erfolgen darf. Derzeit gilt im Notfallplan Gas die zweite von drei Krisenstufen, die Alarmstufe. Weitere Voraussetzung ist, dass die Bundesnetzagentur eine erhebliche Reduzierung der Gesamtgasimportmengen nach Deutschland feststellt.

Wie funktioniert der Umlagemechanismus?

Neu im Energiesicherungsgesetz ist Paragraf 26, dabei handelt es sich um eine "saldierte Preisanpassung", eine Art Umlagemechanismus. Dieser besagt, dass ein "unabhängiger Kassenwart" die Mehrkosten für die Ersatzbeschaffung von Gas ermittelt und diese über eine Umlage auf alle Gaskunden verteilt werden. Auch für diesen Mechanismus ist die Feststellung einer erheblichen Reduzierung der Gasimportmengen Voraussetzung.

Beide Mechanismen zur Preisanpassung sollen aktuell nicht genutzt werden, aber im Ernstfall bereitstehen. Sie dürfen auch nicht gleichzeitig angewendet werden, sondern schließen sich gegenseitig aus. Sinn und Zweck der Weitergabe der Kosten ist, Insolvenzen der Energiefirmen zu verhindern und so die Versorgung zu sichern.

Wie sollen Firmen noch gestützt werden?

Ebenfalls neu im Energiesicherungsgesetz ist Paragraf 29. Damit ebnet der Bund den Weg für einen Staatseinstieg bei strauchelnden Energiekonzernen. Anlass dürfte die schwierige Lage des Uniper-Konzerns sein, der den Staat bereits um Hilfe bat und mit der Regierung derzeit über Stabilisierungsmaßnahmen spricht. Denkbar sind laut dem Energiekonzern "Garantie- und Sicherheitsleistungen bis hin zu Beteiligungen in Form von Eigenkapital".  

Wie schützt die Regierung Verbraucherinnen und Verbraucher?

Zum einen hat der Schutzschirm für Unternehmen Vorrang vor der Weitergabe der Preise: "Stabilisierungsmaßnahmen für Energieunternehmen können helfen, dass Preisanpassungsmechanismen nicht zum Einsatz kommen müssen", präzisiert das Wirtschaftsministerium die Gesetzesänderungen.

Sollten die Preise in Folge eines Versorgungsengpasses noch einmal stark steigen, wird die Bundesregierung zudem laut Ministerium ihre Unterstützungsmaßnahmen anpassen. Dazu begann am Montag auch die "konzertierte Aktion" im Kanzleramt, die gemeinsam mit den Sozialpartnern Maßnahmen gegen die hohe Inflation erarbeiten will.

Vor einem Lieferstopp sind Privathaushalte geschützt – auch dann, wenn die Netzagentur im Fall einer Mangellage entscheiden muss, wer noch wieviel Gas bekommt. Die Energieversorgungsunternehmen haben zudem eine Lieferpflicht gegenüber ihren Kunden.

AFP(pfh)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR AKTUELL | 05. Juli 2022 | 19:30 Uhr

Mehr aus Politik

Mehr aus Deutschland