
Landtagswahl Sachsen Keine Sperrminorität für AfD: Das ist bei der ersten Berechnung der Sitzverteilung schiefgelaufen
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02. September 2024, 18:49 Uhr
In Sachsen musste nach der Landtagswahl das Ergebnis bei der Sitzverteilung korrigiert werden – es gab einen Fehler bei einer Berechnungssoftware. Nun hat die AfD doch keine Sperrminorität. Was ist da passiert? Das sind die wichtigsten Fragen und Antworten.
Einen Tag nach der Landtagswahl in Sachsen hat die Landeswahlleitung die Sitzverteilung im neuen Landtag korrigieren müssen. Wie Behördenleiter Martin Richter mitteilte, erhalten CDU und AfD je einen Sitz weniger als zunächst angegeben. SPD und Grünen stehe jeweils ein Sitz mehr zu. Grund für die falsche Sitzzuteilung sei ein Softwarefehler gewesen.
Die AfD hat im neuen Landtag jetzt 40 von 120 Sitzen und verfügt damit knapp nicht über eine Sperrminorität.
Was bedeutet Sperrminorität?
Für bestimmte Entscheidungen und Wahlen in einem Landtag ist eine Zweidrittelmehrheit aller Abgeordneten notwendig. Dazu zählen unter anderem Gesetze, die die Landesverfassung ändern, die Besetzung von Richterposten am Landesverfassungsgerichtshof oder von Stellen am Landesrechnungshof.
Wenn eine Partei mehr als ein Drittel der Sitze in einem Landtag hat, hat sie die sogenannte Sperrminorität erreicht – in Sachsen entspricht das 41 von 120 Sitzen. Die Partei kann dann diese Entscheidungen mit Zweidrittelmehrheit blockieren bzw. im Vorfeld erschweren – und so Druck auf die anderen Parteien ausüben.
Was ist bei der Berechnung der Sitze im Landtag von Sachsen schiefgelaufen?
Auf Anfrage von MDR AKTUELL erklärte der sächsische Landeswahlleiter schriftlich: "Entgegen einiger Mutmaßungen in den sozialen Medien wurde bei der Ermittlung der vorläufigen Verteilung der Sitze nach Listenstimmen das gesetzlich vorgegebene Verfahren nach Sainte-Laguë eingesetzt."
Bei der Berechnung der Sitzverteilung sei eine Software zum Einsatz gekommen. Diese habe die durch eine Änderung des Wahlgesetzes vorgegebene Umstellung des Sitzverteilungsverfahrens nach Sainte-Laguë benutzt. Die Software sei im Vorfeld intensiv getestet worden und habe bei der Kommunalwahl am 9. Juni Berechnungen bereits fehlerfrei abgebildet.
Sächsisches Wahlgesetz und das Verfahren nach Sainte-Laguë Das Sächsische Wahlgesetz war nach Angaben des Landtags erst 2023 auf das Sitzverteilungsverfahren nach Sainte-Laguë umgestellt worden. Bei dem Verfahren nehmen demnach an der Verrechnung nur Parteien teil, die mindestens fünf Prozent der abgegebenen gültigen Listenstimmen erhalten oder in mindestens zwei Wahlkreisen ein Direktmandat errungen haben.
Der Softwarefehler äußerte sich nach Angaben des Landeswahlleiters darin, dass ab der Zuteilung des 117. Sitzes die Sitze nicht mehr an den mathematisch höchsten Teiler zugewiesen wurden. Aufgrund von Hinweisen habe man die Berechnung überprüft, den Fehler festgestellt und die Sitzzuteilung manuell nachgerechnet. Dabei ergab sich laut Wahlleiter die mitgeteilte Änderung der Sitzverteilung auf Grund des vorläufigen Ergebnisses.
Dem Wahlleiter zufolge war der Fehler in den Konstellationen der Wahltests zur Landtagswahl nicht aufgetreten. Er habe keinerlei Auswirkungen auf die übrige Ergebnisermittlung. Das vorläufige Ergebnis der Landtagswahl sei nicht geändert worden. Der IT-Dienstleister der Behörde sei an der Analyse und Behebung des Fehlers dran.
Was ist die Konsequenz für die Parteien im Landtag?
In Sachsen hat die AfD nun nicht 41 Sitze, sondern 40 – und damit keine Sperrminorität. Diese besitzt jetzt die CDU mit 41 Sitzen. Die SPD zieht nach dem korrigierten Ergebnis nun mit zehn Abgeordneten ins Parlament ein, die Grünen erhalten sieben Sitze. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) ist mit 15 Abgeordneten vertreten, die Linke hat sechs Sitze, und die Freien Wähler verfügen durch ein Direktmandat über einen Sitz.
Der sächsische AfD-Generalsekretär Jan Zwerg erklärte nach der Neuberechnung der Sitze, seine Partei wolle die Berechnungsgrundlage intern überprüfen.
Um weiterhin eine Regierung in Sachsen zu führen, wäre die CDU auf eine Zusammenarbeit mit dem BSW und der SPD angewiesen. Der neue sächsische Landtag muss sich der Landesverfassung zufolge spätestens am 1. Oktober konstituieren. Innerhalb von vier Monaten danach muss der Ministerpräsidenten gewählt werden.
MDR/dpa/AFP (cga)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 02. September 2024 | 11:00 Uhr