Ein Werftarbeiter der Schiffbau- und Entwicklungsgesellschaft Tangermünde (SET) schleift in der Werft den Kiel einer Fähre, die dort gebaut wird.
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Konjunktur Von wegen Krise: Maschinenbau mit Umsatzrekorden

09. Mai 2024, 05:00 Uhr

Die Stimmung in der deutschen Wirtschaft ist seit Monaten schlecht. Die Auftragslage ist mau, die Preise sind hoch. 2023 ging die Gesamtleistung der deutschen Wirtschaft, das sogenannte Bruttoinlandsprodukt, um 0,3 Prozent zurück. Doch es gibt eine Branche, die hat kaum Gründe, zu klagen: der ostdeutsche Maschinenbau. Woran das liegt.

Ralf Geißler, Wirtschaftsredakteur
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Es klingt, als würde ein Riese Steine kauen, wenn Martin Peukert seine Mühlen vorführt. Der Geschäftsführer der Firma Jehmlich baut sogenannte Walzenbrecher und Hammermühlen für die Industrie. Er steht in seiner Manufaktur im sächsischen Nossen, die wie eine riesige Autowerkstatt anmutet. 35 Mitarbeiter fräsen, schleifen und montieren hier.

Ostdeutsche Maschinenbau-Branche floriert

Die Industriemühlen, erzählt Peukert, würden in die halbe Welt gehen: "Wir haben gerade ein Projekt in Indien, das wir demnächst installieren. Für einen großen Schokoladenhersteller dürfen wir dort eine Zuckervermahlanlage errichten." Für einen Lebensmittelhersteller auf den Philippinen habe man gerade eine Anlage erstellt, die in den nächsten Monaten in Betrieb genommen werde. Weitere Anlagen seien Gewürzmahlanlagen für deutsche Kunden. Die Geschäfte liefen gut, sagt Peukert.

Martin Peukert
Martin Peukert ist Geschäftsführer der Firma Jehmlich. Bildrechte: MDR/Ralf Geißler

Tatsächlich kann die gesamte Branche in Ostdeutschland aktuell nicht klagen. Oliver Köhn vom Verband der Maschinen- und Anlagenbauer zieht für Sachsen, Thüringen und Sachsen-Anhalt Bilanz. "Insgesamt hatten wir 2023 ein sehr gutes Jahr. Der Gesamtumsatz betrug in den drei mitteldeutschen Ländern 15,1 Milliarden Euro und hat damit ein neues Rekordhoch erreicht." Das entspreche einem Plus von etwa elf Prozent gegenüber 2022 – beziehungsweise "circa 1,5 Milliarden on top". Dabei hätten alle drei mitteldeutschen Länder jeweils einen neuen Höchstwert erreicht.

Hohe Umsätze dank Inflation und Corona-Pandemie

Natürlich sind die Umsätze der Branche auch gewachsen, weil alles teurer geworden ist. Doch selbst, wenn man die Inflation rausrechnet, bleibt im Maschinenbau immer noch ein ordentliches Plus. Zum einen habe man Aufträge aus der Nach-Corona-Zeit abgearbeitet, erklärt Oliver Köhn. Zum anderen ist die Branche nicht so anfällig für deutsche Konjunkturflauten. Die Hälfte der in Ostdeutschland gebauten Maschinen gehe ins Ausland. Unter dem Strich hätten die Firmen in Sachsen und Thüringen sogar neues Personal eingestellt – in vierstelliger Höhe.

Köhn hat allerdings Zweifel, dass das so weitergeht. "Es wird wahrscheinlich schwer werden, die Zahlen aus dem letzten Jahr nochmal zu übertrumpfen. Grund dafür sind sicherlich auch die nicht ganz einfachen Rahmenbedingungen." Insgesamt müsse man feststellen, dass das wirtschaftliche und politische Umfeld so herausfordernd sei "wie selten zuvor".

Herausforderungen stehen bevor

Herausforderungen sieht auch Mühlenbauer Peukert. Trotzdem erwartet er für sein Unternehmen ein gutes Jahr. Der 50-Jährige läuft durch seine Werkshalle. Kunden lassen sich gerade einen Walzenbrecher zeigen, der Aluminium zerbröselt. Peukert erklärt, dass sämtliche Mühlen stets weiterentwickelt würden. "Man könnte uns als Old-School-Maschinenbauer betrachten. Wir haben eine sehr hohe Wertschöpfungstiefe. Das ist alte Schule, gibt uns aber jede Menge Flexibilität, auf spezielle Anforderungen der Kunden einzugehen und unsere Entwicklungsarbeit fortzusetzen. Das wäre jetzt nicht so einfach möglich, wenn wir alle möglichen Teile fremdbeziehen und hier nur montieren."

Peukert ist studierter Betriebswirt. Er hat lange als Investmentbanker in Frankfurt, London und Zürich gearbeitet. Zum Mühlenbau kam er, weil er mal einen Betrieb leiten wollte, der Handfestes herstellt – und weil er zurück nach Sachsen wollte. Vor zehn Jahren hat er den mehr als 100 Jahre alten Mühlenbau Gebrüder Jehmlich in Nossen übernommen. Bereut hat er es trotz deutscher Konjunkturkrise nicht.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 09. Mai 2024 | 06:00 Uhr

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