Der Autoverkehr rollt auf der Autobahn A14 an einer Ackerfläche vorbei. Dort will der Chiphersteller Intel ein Werk bauen. 3 min
Noch ist die Chipfabrik in Magdeburg nicht gebaut, die Kundensuche läuft aber bereits. Mehr dazu im Video. (Archivbild) Bildrechte: picture alliance/dpa | Klaus-Dietmar Gabbert

Deutschland-Besuch So sucht Intel nach Kunden für Chips aus Magdeburg

19. Mai 2024, 11:26 Uhr

Netzwerke knüpfen, Kunden gewinnen und erklären, warum der Baustart von Intel in Magdeburg auf sich warten lässt – das sind die Aufgaben von Christoph Schell. Der Intel-Vorstand arbeitet für das Unternehmen in Kalifornien und war nun in Deutschland, um für die künftigen Produkte zu werben.

Porträtbild eines Mannes
Bildrechte: MDR/Sebastian Mantei

Er ist der Deutsche im Vorstand der Intel-Corporation in Kalifornien. Seine Aufgabe ist der weltweite Verkauf von Intelprodukten und der Aufbau von Kundennetzwerken. Aber Christoph Schell ist auch ein Brückenbauer: Er erklärt den Amerikanern, wie Deutschland funktioniert und den Deutschen den American Way of Life. Als Intel ankündigt, nach Magdeburg zu gehen, entscheidet sich Schell bei Intel anzufangen, um seine deutsche Expertise einzubringen.

Intel-Chips verkaufen, die es noch nicht gibt

Zwei Jahre später baut er Kundenbeziehungen in Deutschland auf, obwohl in Magdeburg noch nichts steht. Das sei für die Branche nicht ungewöhnlich, erklärt Schell. Lange im Voraus verständigen sich Kunden und Chiphersteller, welche Anwendungen die Chips der Zukunft bieten müssen. Das gehe nur im Teamwork, sagt der aus Schwaben stammende Manager. Man rede quasi über Produkte, die es noch gar nicht gibt. So ist er schon mit einem Unternehmen aus Stuttgart in Verhandlungen, aber auch mit dem GovTech Campus in Berlin, der die Bundesregierung und Landesverwaltungen beim Aufbau einer modernen digitalisierten Verwaltung berät.

Schell: "Subventionen sind Investition in Zukunft Europas"

Intel-Vorstand Christoph Schell vor dem Brandenburger Tor
Christoph Schell bei seinem Deutschland-Besuch Bildrechte: MDR/ Sebastian Mantei

Kritik an den Milliarden-Subventionen kann Christoph Schell verstehen. Sie seien aber notwendig, um im internationalen Wettlauf mithalten zu können. Schell mag das Wort Subventionen nicht. Aus seiner Sicht handelt es sich vielmehr um Investitionen in die Zukunft von Deutschland und Europa. Unser ganzes Leben werde jeden Tag mehr digitalisiert. Digitalisierung brauche Chips, Europa habe in der Vergangenheit nicht mitgemacht, so Schell.

Digitalisierung braucht Chips und das Wachstum, das wir im Chipbereich sehen, stellt sicher, dass die Chipindustrie eine attraktive Industrie ist. Europa hat in der Vergangenheit da nicht mitgemacht.

Christoph Schell, Intel-Vorstand

Firmen sind im Wettstreit

Gunther Kegel, Präsident des Verbands der Elektro- und Digitalindustrie
Gunter Kegel: Die Firmen befinden sich im Wettstreit. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Wenn Deutschland nicht investieren wolle, werde es von Asien und den USA überrollt werden, prohezeit der Intel-Manager. Auch Gunther Kegel, Präsident des Verbands der Elektro- und Digitalindustrie (ZVEI) bestätigt das am Rande der Jahrestagung seines Verbands, auf der auch Christoph Schell mit Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) über die Ansiedlung in Magdeburg spricht. Es gebe einen Wettstreit um die Fimen mit dem besten Know-how. Jedes Land, das eine große Firma ansiedeln wolle, müsse Subventionen aufbringen, so Kegel.

Der Wettstreit um die Firmen mit dem besten Know-how ist in voller Härte entbrannt. Jedes Land der Welt, das eine große Firma ansiedeln will, was über diese neuesten minimalen Strukturgrößen verfügt im Halbleiterbereich, muss Subventionen aufbringen. Das sind die Spielregeln.

Gunther Kegel, Präsident des Verbands der Elektro- und Digitalindustrie

Dass es Deutschland gelungen sei, mit Intel und TSMC die bedeutenden Player hierherzubringen, sei jetzt der richtige Zeitpunkt. Jetzt beginne man, die Algorithmen der künstlichen Intelligenz auf Chips zu portieren. Damit würden sie irgendwann in jedes Elektrogerät hineinwandern.

Podiumsdiskussion mit Christoph Schell (Intel-Vorstand), Tanja Rückert (Geschäftsführerin Bosch), Torsten Reize (Zeiss), Reiner Haseloff (CDU, Ministerpräsident Sachsen-Anhalt)
Podiumsdiskussion mit Christoph Schell (Intel-Vorstand), Tanja Rückert (Geschäftsführerin Bosch), Torsten Reize (Zeiss), Reiner Haseloff (CDU, Ministerpräsident Sachsen-Anhalt) Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Europas modernste Chips sollen aus Magdeburg kommen

Die Halbleiter aus Magdeburg sollen im Zwei-Nanometer-Bereich und noch kleiner gebaut werden. Damit sollen die Werke in Magdeburg die modernsten Europas werden. Die Chips sollen effizienter werden und weniger Energie verbrauchen. Das soll die Produkte, in denen Magdeburger Halbleiter stecken, international wettbewerbsfähiger werden – ob im Auto, in Robotern oder in der Automatisierungsindustrie. Die Chips sind vor allem für die Anwendungen von Künstlicher Intelligenz (KI) vorgesehen.

KI ist wie das Internet. Als ich damals meinen Fachhochschulabschluss gemacht habe, da kam das Internet auf und es gab Fragen, was bringt das, ist das transparent, wie reguliert man das. Und letztendlich: Heute benutzen wir das Internet und das ist wie Atmen für uns.

Christoph Schell, Intel-Vorstand

Nutzung von Künstlicher Intelligenz wird steigen

Der Manager geht davon aus, dass bis 2030 etwa 80 Prozent aller Intel-Kunden Künstliche Intelligenz in ihren Unternehmen verwenden werden. Unternehmen, die das nicht machen, wird es nicht mehr geben, schätzt Schell. Deutschland müsse verstehen, dass dies nichts Optionales sei; man sich überlegen könne, ob man mitmache oder nicht. "Wenn man nicht mitmacht, wird man einen Wettbewerbsnachteil haben und man wird es nicht überleben", meint Schell.

Auch wenn Intel bereits Kundenaquise betreibt, ist auf dem Magdeburger Eulenberg nichts von den Zukunftsschmieden der Halbleiterindustrie zu sehen. Doch im Hintergrund bewege sich viel, so der Manager. Im Moment laufen noch die Genehmigungsprozesse für den Bau und in Brüssel steht noch die Freigabe der 9,9 Milliarden Subventionsgelder aus. Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) rechnet nach der Europawahl mit einer Entscheidung.

Intel selbst ist schon mit einem 30-köpfigen Team in Magdeburg und die Mitarbeiter wollen endlich loslegen, sagt Intel-Vorstand Christoph Schell. Außerdem hat das Unternehmen 20 Lehrlinge am Start, die im September ihre Ausbildung zum Mikrotechnologen beginnen.

Intel-Vorstand Schell wertet Reise als Erfolg

Die Reise nach Deutschland war für Christoph Schell ein wichtiger Schritt, um für das, was in Magdeburg entstehen soll, zu werben und Kontakte zu knüpfen. Er sei froh, dass das Interesse groß sei. Schell sagt aber auch, es bedürfe noch viel Arbeit, um dem Standort Deutschland nahezubringen, welche Möglichkeiten diese Investition in Magdeburg bringe.

"Es geht eben nicht nur darum, dass wir in Magdeburg Halbleiter anfertigen wollen, wir wollen tatsächlich auch deutsche und europäische Kunden gewinnen, mit denen wir Chipdesign machen können, das dann in Magdeburg gefertigt wird und dass in Polen die Chips verarbeitet werden. Und diese ganze Wertschöpfungskette, die muss man in Deutschland und Europa noch erklären, weil es das hier einfach nicht gibt und darum bin ich hier."

Neben den vielen Gesprächen lobt der Schwabe das Wetter und freut sich, dabei gewesen zu sein, als jeder einzelne deutsche Nationalspieler für die Fußball-Europameisterschaft bekanntgegeben wurde. Fußball funktioniert wie Halbleiter – beides ist gefragt auf der ganzen Welt.

MDR (Sebastian Mantei, Kalina Bunk)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 18. Mai 2024 | 19:00 Uhr

4 Kommentare

Troll vor 1 Wochen

Weswegen man sich von einer amerikanischen Bude abhängig gemacht hat. Bevor bei denen zu wenig Umsatz generiert wird, wird doch lieber das eh subventionierten Werk in Magdeburg gegen die Wand gefahren.

Micha R vor 1 Wochen

@ Shantuma
Man hat bei dieser strategischen Entscheidung ganz offensichtlich mögliche politische Risiken in der Zukunft für die Belieferung europäischer Chip-Kunden zum Glück nicht außer Acht gelassen...

Shantuma vor 2 Wochen

Sollte es nicht schon Kunden geben?
Denn eine Investitionsentscheidung hängt mit sowas doch zusammen!

Desweiteren hat man bezüglich Intel auch andere Informationen. Denn Intel musste in letzter Zeit Kunden loswerden, darunter meist chinesische Firmen. Die darf Intel weder mit modernen noch mit älteren Chips beliefern, was natürlich dazu führt, dass es in anderen Intelstandorten einen Überproduktion gibt.

Wer Quellen für diese Tatsachenaussage haben will, der soll im Internet suchen. Entsprechende Wirtschaftsseiten etc. werden euch mehr informieren. Meine Information ist circa 2 Wochen alt.

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