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Bei der posthumen Verleihung des Dresdner Friedenspreis an Alexej Nawalny wird ein Werk des russischen Komponisten Sergej Newski als Requiem auf den Regimekritiker uraufgeführt. Dazu ist der Komponist im Audio im Gespräch. Bildrechte: imago images/ITAR-TASS
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Bei der posthumen Verleihung des Dresdner Friedenspreis an Alexej Nawalny wird ein Werk des russischen Komponisten Sergej Newski als Requiem auf den Regimekritiker uraufgeführt. Dazu ist der Komponist im Gespräch.

MDR SACHSEN - Das Sachsenradio Mi 08.05.2024 16:32Uhr 04:59 min

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Uraufführung Friedenspreis Dresden und Requiem für Alexej Nawalny

12. Mai 2024, 17:48 Uhr

Der russische Regimekritiker und berühmteste Oppositionelle Alexej Nawalny ist posthum mit dem Friedenspreis Dresden ausgezeichnet worden. Die Witwe des verstorbenen Putin-Gegners, Julia Nawalnaja, nahm die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung im Dresdner Schauspielhaus entgegen. Bei der Preisverleihung wurde das Werk eines russischen Komponisten als Requiem auf Nawalny uraufgeführt - mit Folgen für den Komponisten.

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Der russische Regimekritiker und Oppositionelle Alexej Nawalny ist Sonntag posthum mit dem Dresdner Friedenspreis geehrt worden. Seine Witwe, Julia Nawalnaja, nahm die mit 10.000 Euro dotierte Auszeichnung im Dresdner Schauspielhaus entgegen. In der offiziellen Begründung zur Preisvergabe heißt es, der "Widerstand des Oppositionspolitikers war und ist ein ermutigendes Beispiel für alle Menschenrechtsverteidiger, die seine Aktivitäten fortsetzen." Mit der Auszeichnung soll Nawalnys Einsatz für Freiheit, Demokratie und Frieden geehrt werden.

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Ex-Bundespräsident Gauck hält Laudatio auf Nawalny

Die Laudatio hat der ehemalige DDR-Bürgerrechtler und spätere Bundespräsident Joachim Gauck gehalten. Gauck sagte in seiner Laudatio, kein anderer habe in Russland Zehntausende zu Protesten auf die Straße bringen können. Keinem anderen sei es über viele Jahre gelungen, mit unorthodoxen Methoden die Regierung so herauszufordern. Bereits vorher hatte er Nawalny als eine Ikone "aller anständigen" Russen gewürdigt.

Ein Mann steht hinter einem Rednerpult.
Bereits kurz nach Nawalnys Tod im Februar sagte Joachim Gauck, dass Nawalny eine Ikone "aller anständigen" Russen sei. Bildrechte: xcitepress/Christian Essler

Aber eines können wir doch sehr wohl: den Wert der Freiheit neu begreifen und bewusster verteidigen, was wir in unseren freiheitlichen Gesellschaften geschaffen haben.

Joachim Gauck Bundespräsident a. D.

Freiheit auch in Deutschland bewusst verteidigen

Gauck forderte zudem alle Menschen auf, für die Demokratie zu kämpfen. Der bewusste Gang von Alexej Nawalny ins Lager, die Entwürdigung und sein Tod offenbarten einen Glauben und eine Hingabe an die Idee der Freiheit, die uns Freiheitsverwöhnten übermenschlich erscheint. "Wer von uns wollte diesem Beispiel schon folgen", fragte Gauck und fügte an: "Aber eines können wir doch sehr wohl: den Wert der Freiheit neu begreifen und bewusster verteidigen, was wir in unseren freiheitlichen Gesellschaften geschaffen haben."

Baum: Nawalny als Ratgeber beim Blick auf Russland

Ähnlich sah das auch der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP), der Mitinitiator des Friedenspreises ist. Er mahnte, die Erkenntnisse von Alexej Nawalny beim Blick auf Russland zu berücksichtigen: "Wir müssen uns wirklich eines klarmachen. Nawalny und seine Freunde haben uns gesagt, wie wir Russland verstehen müssen: als aggressiv und gefährlich - und unter Putin nicht friedensfähig. Wir haben keine besseren Ratgeber, als das zu beherzigen", sagte Baum.

Gerhart Baum
Der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum ist Mitinitiator des Friedenspreises Dresden. Bildrechte: Amac Garbe

Nawalny und seine Freunde haben uns gesagt, wie wir Russland verstehen müssen: als aggressiv und gefährlich - und unter Putin nicht friedensfähig.

Gerhart Baum (FDP) Mitinitiator Dresdner Friedenspreis

Russland sei inzwischen ein jämmerliches Terrorregime, das junge Mädchen acht oder zehn Jahre ins Straflager schicke, nur weil sie sich gegen den Krieg äußerten. "Wie unsicher muss sich ein Regime fühlen, wenn es so etwas macht?"

Requiem auf Nawalny von russischem Komponisten

Bei der Preisverleihung erklang ein Requiem auf Alexej Nawalny - geschrieben von dem russischen Komponisten Sergej Newski. Es wurde vom Gesangsensemble AuditivVokal Dresden unter der künstlerischen Leitung von Olaf Katzer uraufgeführt.

Ein Mann sitzt mit ausgebreiteten Armen auf einer Stuhlreihe in einem Konzertsaal.
Sergej Newski wurde 1972 in Russland geboren und hat in Moskau und Dresden Komposition studiert. Sein Requiem für Nawalny wird bei der Verleihung des Friedenspreises Dresden uraufgeführt. Bildrechte: IMAGO / NurPhoto

Wegen Musikstück ins Exil gezwungen

In den Texten des Requiems ginge es um die Freiheit, sagt der Künstler und ergänzt, dass ihm die Aufführung des Werks die Rückkehr in die Heimat unmöglich machen werde. Dafür habe er sich bewusst entschieden. Nawalnys Stiftung werde in Russland als terroristische Organisation eingestuft, so Sergej Newski weiter. "Jede Handlung, die Protestcharakter haben könnte, wird sofort bestraft." Der Komponist verweist aber auch darauf, dass in Russland nicht alle Konformisten seien und das, was geschieht, begrüßen würden. "Das müssen wir verstehen!"

Ich glaube nicht, dass ich nach diesem Projekt die nächsten Jahre nach Russland zurückfahren kann! Es ist einfach die Entscheidung, die ich treffen musste!

Sergej Newski russischer Komponist

Alexej Nawalny war am 16. Februar in einer Strafkolonie im Norden Russlands gestorben. Die Umstände seines Todes sind bis heute ungeklärt. Der Kreml streitet jegliche Verstrickung in den Tod des Oppositionspolitikers ab.

Ein Mann in einer Daunenjacke steht hinter einer Scheibe. Ein Mann in Uniform und Maske hält davor Wache.
Der Oppositionspolitiker Alexej Nawalny stand immer wieder in Russland vor Gericht. Bildrechte: picture alliance/dpa/Babuskinsky District Court/AP | -

Dresdner Friedenspreis

Der Friedenspreis Dresden wird seit 2010 jährlich verliehen. Ausgelobt wird die Auszeichnung von der Initiative Friedenspreis Dresden zusammen mit dem Ökumenischen Informationszentrum sowie der Klaus Tschira Stiftung. Der Preis ist mit 10.000 Euro dotiert.

Erster Preisträger war der ehemalige sowjetische Staatschef Michail Gorbatschow, der sich für eine innere und äußere Öffnung seines Landes eingesetzt hatte. Weitere Preisträger sind der Dirigent Daniel Barenboim (2011), der Kriegsfotograf James Nachtwey (2012), die durch ein Foto als "Napalm-Girl" bekannt gewordene Kim Phuc Phan Thi (2019) sowie der polnisch-amerikanische Architekt Daniel Libeskind (2023).

MDR (Andreas Berger/op/lev/sth)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Nachrichten | 12. Mai 2024 | 13:00 Uhr

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