Millionenverluste Sachsens Flughäfen müssen sparen: Aber auf wessen Kosten?
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15. Januar 2024, 08:46 Uhr
Die Betreibergesellschaft Mitteldeutsche Flughafen AG will die Abläufe an den Flughäfen in Leipzig/Halle und Dresden verändern. Ein Sanierungsgutachten hatte das empfohlen. Darin ist von Optimierungen die Rede - bei der Gewerkschaft Verdi schrillen die Alarmglocken. Hohe Millionen-Verluste dementiert das Flughafenmanagement auf Anfrage.
- Zum Sanierungskonzept der sächsischen Flughäfen ist noch nicht viel nach außen gedrungen.
- Nach Angaben des Betreibers soll Stellenabbau vermieden werden, aber Verdi hat einen anderen Eindruck.
- Sachsens Regierung als Hauptgesellschafter will unbedingt an den Flughäfen festhalten.
Die Mitteldeutsche Flughafen AG (MFAG) hat finanzielle Schwierigkeiten und muss sich deshalb neu aufstellen. Das geht aus einem am Donnerstag vorgestellten Gutachten hervor, wie das Unternehmen mitteilte. Demnach soll für die Flughäfen Leipzig/Halle und Dresden ein Sanierungskonzept umgesetzt werden. Die MFAG informierte die Belegschaft am Donnerstagmittag über das von der Prüfungsgesellschaft KPMG erstellte Gutachten.
Stellenabbau und Einsparungen
Nach Angaben eines Sprechers der Gewerkschaft Verdi sei ein Stellenabbau in der Verwaltung bis 2026 angekündigt worden. Außerdem müsse man sich auf Einsparungen bei künftigen Tarifverhandlungen einstellen. "Der Flughafen wächst, aber es wird auf den Rücken der Beschäftigten ausgetragen", sagte Gewerkschaftssekretär Liam Pape MDR SACHSEN.
Die Löhne der Beschäftigten befänden sich schon am untersten Niveau. So verdiene ein Mitarbeiter beim Bodenverkehr am Flughafen Leipzig/Halle 20 bis 30 Prozent weniger als am Flughafen Berlin (BER). Zudem wird es laut Verdi zu Arbeitsverdichtung kommen und kurzfristige Dienstplanänderungen werden die Regel sein, so die Befürchtungen. Verdi und die Betreibergesellschaft der Flughäfen Leipzig/Halle und Dresden befinden sich seit Dezember in Tarifverhandlungen.
Betreiber will betriebsbedingte Kündigungen vermeiden
Ob ein Stellenabbau geplant ist, wollte die Mitteldeutsche Flughafen AG auf Anfrage von MDR SACHSEN nicht bestätigen. Stattdessen teilte MFAG-Sprecher Uwe Schuhart am Donnerstagabend mit: "Betriebsbedingte Kündigungen sollen vermieden werden."
Weiter hieß es, dass dem Unternehmen in dem KPMG-Gutachten Wettbewerbsfähigkeit und Perspektiven bestätigt würden. Auf der Basis des Gutachtens werde die Betreibergesellschaft ein sogenanntes Restrukturierungs- und Transformationskonzept umsetzen. "Hierzu zählen unter anderem die Optimierung von Strukturen sowie von strategischen und operationellen Prozessen", so Schuhart weiter.
Prüfung der Kreditwürdigkeit
Wie die "Leipziger Volkszeitung" (LVZ) im Vorfeld berichtete, sollte bei der Zusammenkunft auch über die Zukunft des Flughafens gesprochen werden. Hintergrund ist laut LVZ das Verlustgeschäft des Unternehmens. Die Betreibergesellschaft Mitteldeutsche Flughafen AG müsse Jahr für Jahr Fehlbeträge in zweistelliger Millionenhöhe hinnehmen. Die Prüfung wurde nach Recherchen der Deutschen Verkehrs-Zeitung im Herbst 2022 für die Freigabe von Krediten von einer Bank gefordert.
Laut Verdi ist die aktuelle Situation auch ein Signal in Bezug auf schlechtes Management der vergangenen Jahre. Zwar soll in der Führungsstruktur ebenfalls entschlackt werden, aber dass es erst ein Gutachten der KPMG dafür braucht, ist laut Pape unverständlich.
Flughafen-Verwaltung dementiert hohe Verluste
Die Mitteldeutsche Flughafen AG hat die Berichte über hohe Verluste der Flughäfen Leipzig/Halle und Dresden zurückgewiesen. Auf eine Anfrage des MDR erklärte das Unternehmen, zwar habe es 2022 Fehlbeträge von insgesamt 39,6 Millionen Euro gegeben. Dazu hätten aber maßgeblich Abschreibungen beigetragen, die aus Investitionen in den 1990er-Jahren resultierten und lediglich in den Bilanz-Büchern stünden. Tatsächlich hätten beide Airports rund 25 Millionen Euro operativen Gewinn erwirtschaftet. Die Zahlen für 2023 lägen noch nicht vor.
Sachsen hält an beiden Flughäfen fest
Der Freistaat Sachsen will an den Flughäfen Leipzig/Halle und Dresden festhalten und ist mit knapp 80 Prozent Hauptgesellschafter. "Sachsen wird auch weiterhin zwei Flughäfen haben", versprach Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) im Gespräch mit MDR SACHSEN. Man werde seiner Verantwortung gerecht werden. Der Betreiber habe durch die Einflüsse der vergangenen Jahre schwere Zeiten hinter sich.
Schwierigkeiten auch bei den Passagierzahlen
Beide sächsischen Flughäfen liegen in Bezug auf das Passagieraufkommen nach wie vor deutlich unter dem Vor-Corona-Niveau. Nach Angaben des Flughafenverbandes ADV wurden in den ersten zehn Monaten 2023 in Leipzig/Halle knapp 1,9 Millionen Passagiere gezählt und in Dresden rund 812.000. Im Vorkrisenjahr 2019 nutzten von Januar bis Oktober rund 2,32 Millionen Fluggäste Leipzig/Halle, und in Dresden wurden 1,36 Millionen Passagiere gezählt.
Geplanter Ausbau, Neuansiedlungen und Rückzüge
Die guten und schlechten Nachrichten wechseln sich seit Monaten ab. Zeitgleich zur Betriebsversammlung hat das Münchner Unternehmen Mytheresa, eine Online-Plattform für Luxusmode, ein neues Logistikzentrum eröffnet. Bis zum Jahr 2030 sollen dort mehr als 1.000 Arbeitsplätze geschaffen werden. Im Herbst dagegen hatte Amazon angekündigt, sein Logistikzentrum, das erst im Jahr 2020 eröffnet wurde, zu schließen. Damit würden etwa 400 Arbeitsplätze wegfallen.
Zudem plant die Mitteldeutsche Flughafen AG Investitionen von 500 Millionen Euro, um den Flughafen weiter auszubauen und den Frachtverkehr auszuweiten. Eine Petition dagegen ist Anfang Dezember im Landtag gescheitert.
MDR (sme/lam)/dpa
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | Regionalreport aus dem Studio Leipzig | 11. Januar 2024 | 16:30 Uhr