Entsorgung Seit 30 Jahren nicht entsorgt: In Gotha liegen 80.000 Tonnen Bauschutt

03. November 2023, 20:33 Uhr

Seit den 90er-Jahren liegt bei der Kindleber Straße in Gotha ein großer Haufen Bauschutt, den ein Recyclingunternehmen nach seiner Insolvenz zurückgelassen hat. Das Landratsamt Gotha lässt den Haufen liegen, weil er das Allgemeinwohl nicht gefährdet. Doch auch Privatleute bringen illegal Abfall auf das Gelände.

Im Laufe der Zeit ist Gras gewachsen über den Müllhaufen am Rand von Gotha. Der Bauschutt liegt schließlich seit fast 30 Jahren da: 80.000 Tonnen hatte die Firma IBS Entsorgung GmbH zwischen 1994 und 2002 angesammelt - offiziell mit dem Ziel, den Müll zu recyceln.

Das war damals ein gängiges Geschäftsmodell, so Lutz Söffing vom Thüringer Umweltministerium: "Betreiber sind deutschlandweit ihren Nachsorgepflichten, die sie gesetzlich schon damals hatten, nicht nachgekommen" - und zwar, indem sie Insolvenz angemeldet haben.

Bauschutt und Müll in der Natur
An der Kindleber Straße in Gotha liegt seit Jahrzehnten allerlei Bauschutt und Schrott herum. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Was macht das Landratsamt Gotha?

Auch die IBS Entsorgung GmbH hat nach der Insolvenz den Bauschutt einfach liegen lassen. Zuständig ist nun das Landratsamt Gotha, das für den Anlagenbetreiber einspringen könnte: der Fachbegriff dafür lautet "Ersatzvornahme". Das sei wegen der geringen Gefährdung des Allgemeinwohls aber nicht gerechtfertigt, so das Landratsamt. Zumal er das Geld nicht vom Anlagenbetreiber zurückbekäme.

Bauschutt und Müll in der Natur
Über den Bauschutt ist schon Gras gewachsen - ach was: auch Bäume und Sträucher. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Können neue illegale Müllhaufen entstehen?

Müllhaufen wie bei der Kindleber Straße in Gotha gibt vor allem aus den 90er-Jahren. Inzwischen haben sich die Gesetze für Recycling-Anlagen geändert, so Lutz Söffing vom Umweltministerium. Anlagenbetreiber müssten nun einer "Sicherheitsleistung wie eine Bankbürgschaft" hinterlegen. Mit diesem Geld könne eine Behörde dann auch nach einer Insolvenz selbst den Müll entsorgen.

Bauschutt und Müll in der Natur
Auch Privatleute bringen ihren Abfall auf die ehemalige Deponie. Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Wie sieht der Bauschutt-Haufen heutzutage aus?

Für den Müllhaufen bei Gotha ändert sich durch die neue Gesetzeslage nichts mehr. Dort ist der Müll seit der Insolvenz vor rund 20 Jahren nicht weniger geworden - im Gegenteil. Denn auch Privatleute bringen illegal Abfall auf das ehemalige Recycling-Gelände - und keiner weiß, wie gefährlich diese Stoffe sind.

Zahlreiche illegale Mülldeponien

In ganz Deutschland gibt es zahlreiche illegale Mülldeponien. Oft wissen die Behörden auch davon, sind jedoch weitgehend machtlos. Allein in Thüringen sind dem Land und den Kreisen acht Stellen bekannt, auf denen teils mehrere tausend Tonnen Schrott illegal abgeladen werden. Die Informationen hat das Recherchezentrum Correctiv zur Verfügung gestellt.

Die Journalisten Stefanie Helbig und Daniel Noglik haben in den vergangenen Jahren viel zum Thema recherchiert und einige Skandale veröffentlicht. Ihre Veröffentlichungen zeigen, wie vielschichtig und folgenschwer das Problem der illegalen Müllentsorgung für die Gesellschaft ist.

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MDR (beu/sar)

Dieses Thema im Programm: MDR THÜRINGEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 03. November 2023 | 19:00 Uhr

5 Kommentare

ElBuffo vor 28 Wochen

Wenn der Geschädigte einen Anwalt bemüht, wird der dem davon abraten, bei einer insolventen GmbH noch Geld für irgendwelche Bemühungen rauszuwerfen. Die GmbH ist längst abgewickelt und für niemanden mehr greifbar. Auch in vielen Jahren nicht. Geschädigt ist hier wohl der Eigentümer des Grundstückes. Von dem ist im Artikel erstmal keine Rede. Wenn der Lankreis Eigentümer ist, bräuchte es keiner Ersatzvornahme. Der Landkreis wird auch nicht automatisch und schon gar nicht freiwillig den Schaden übernehmen. Dann hat sich für den Eigentümer schlicht das allgemeine Geschäftsrisiko verwirklicht.

hinter-dem-Regenbogen vor 28 Wochen

Generell sollte jeder Geschädigte bei Gericht einen Antrag auf Schadenersatz stellen. Ein solcher Titel hat zumindest für einen langen Zeitraum, dann bestand.

Wer keinen Antrag auf Schadenersatz stellt, so scheint es, dort ist auch kein Schaden entstanden.

Selbst wenn der Antrag nach vielen Jahren dann ins Leere gehen sollte, so ist auf jedenfall dann erwiesen, dass dem Landsratsamt kein Vorwurf zu machen wäre. Auch werden Möglichkeiten der Korruption so entgegengewirkt.

Behördliches "NichtsTun" in so einem Fall, sollte hinterfragt werden.
Denn Insolvenzen sind nicht selten auch Teil eines Geschäftsmodell, bei denen es eine Vielzahl von Profiteuren dann gibt.

Selbst die Kripo oder die Staatsanwaltschaft hätte man einschalten können, denn im Nachhinein stellt sich heraus, dass die Ablagerungen an dem Ort illegal sind.

Nun werden die anwohnenden Nachbarn Druck auf die Behörde ausüben, denn mit Ausfall einer Schadenersatzforderung, tritt das Amt freiwillig in den Schadenersatz ein.

ElBuffo vor 28 Wochen

Wenn fee clevererweise insolvent ist, kann man da gerne Aufwand betreiben, es wird nur nichts bringen. Den Schaden hat dann erstmal der Grundstückseigentümer. Der scheint aber auch zu nichts verpflichtet zu sein. Aus dem einen Umweltfrevel nun zu schlußfolgern, dass alle auf Ewigkeit nicht um die Folgen ihres Handeln kümmern brauchten, ist wohl sehr schlicht gedacht.

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