Lage am Sonntag Ukraine stimmt Verhandlungen mit Russland zu

27. Februar 2022, 21:21 Uhr

Die Ukraine hat sich zu Verhandlungen mit Russland an der Grenze zu Belarus bereit erklärt. Selnskyj blickt aber eher verhalten auf die Gespräche. Unterdessen versetzte Präsident Putin die russischen "Abschreckungswaffen" in Alarmbereitschaft. Die Lage am Sonntag.

Die Ukraine hat sich zu Verhandlungen mit Russland an der Grenze zu Belarus bereit erklärt. Wie das ukrainische Präsidialamt mitteilte, werden sich eine russische und eine ukrainische Delegation am Fluss Prypjat in der Nähe von Tschernobyl treffen. Ein genauer Zeitpunkt sei aber noch nicht bekannt und auch Bedingungen gebe es bisher nicht. Nach Angaben des Kremls ist bereits eine russische Delegation für die Gespräche nach Belarus gereist.

Selenskyj zeigt sich skeptisch

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj zeigte sich skeptisch, dass die vereinbarten Friedensverhandlungen mit Russland ein Ergebnis bringen werden. "Ich glaube nicht an ein Ergebnis dieses Treffens, aber lasst es uns versuchen", sagte er in einer Stellungnahme. Er versuche, den Krieg zu stoppen, solange es eine minimale Chance gebe. Daran dürfe kein einziger Ukrainer zweifeln, sagte er.

Nach einem Telefonat mit dem belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko stimmte Selenskyj den Verhandlungen zu. Lukaschenko habe ihm zugesagt, dass Belarus keine Soldaten in die Ukraine schicken werde, sagte er. Zuvor hatte er das russische Verhandlungsangebot in Belarus noch abgelehnt. Belarus sei selbst an der russischen Invasion beteiligt, kritisierte Selenskyj. Auch von dort aus habe Russland die Ukraine angegriffen.

Putin: "Abschreckungswaffen" in Alarmbereitschaft

In Moskau versetzte unterdessen Präsident Wladimir Putin die russischen "Abschreckungswaffen" in Alarmbereitschaft. Das ordnete er am Sonntag in einem vom Kreml verbreiteten Video an. Er sprach von "Abschreckungswaffen". Diese umfassen neben einem massiven Arsenal ballistischer Raketen auch Atomwaffen.

Damit reagiere er auf das Vorgehen der Nato und die Wirtschaftssanktionen, so Putin. "Die Spitzenpersönlichkeiten der führenden Nato-Staaten lassen aggressive Äußerungen gegen unser Land zu, deshalb befehle ich dem Verteidigungsminister und dem Chef des Generalstabs die Streitkräfte der Abschreckung der russischen Armee in ein besonderes Regime der Alarmbereitschaft zu versetzen", verkündete Putin in der Videobotschaft.

Stoltenberg: "Ernst der Lage" wird deutlich

Der ukrainische Außenminister Dmytro Kuleba wertete dies als Versuch, zusätzlichen Druck auf die ukrainische Delegation auszuüben – vor allem mit Blick auf die geplanten Verhandlungen. Auch Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat sich in einer ersten Reaktion besorgt über die Entscheidung von Kremlchef Putin gezeigt. "Das zeigt, wie ernst die Lage ist und warum wir wirklich zusammenstehen müssen", sagte er in einem BBC-Interview.

Zu einer möglichen Reaktion der Nato auf Putins Ankündigung machte er zunächst keine Angaben. Automatismen für einen solchen Fall gibt es nach Bündnisangaben nicht. Nato-Entscheidungen müssen von allen 30 Mitgliedstaaten im Konsens getroffen werden. Die Nato-Atommächte USA, Frankreich und Großbritannien könnten aber bereits reagieren.

Charkiw wieder in ukrainischer Hand

Währenddessen gelang es der ukrainischen Armee nach eigenen Angaben, die ostukrainische Millionenstadt Charkiw wieder unter Kontrolle zu bekommen. Der Gouverneur der Region, Oleh Sinegubow, teilte bei Telegram mit, in der Stadt sei eine Aktion im Gange, um die russischen Soldaten vollständig zu vertreiben.

Die russische Armee war am Morgen bis ins Zentrum von Charkiw vorgedrungen. Augenzeugen berichteten von heftigen Straßenkämpfen. Auf Videos, die von dem Innenministeriumsberater Anton Heraschtschenko und dem staatlichen Dienst für Sonderkommunikation und Informationsschutz im Internet veröffentlicht wurden, waren unter anderem mehrere leichte Militärfahrzeuge auf einer Straße und ein brennender Panzer zu sehen.

Russisches Militär nähert sich Kiew südlich an

Auch der Kampf um Kiew geht weiter. Die ukrainische Armee verhinderte zwar nach eigenen Angaben einen Einmarsch russischer Truppen in die Hauptstadt Kiew. Allerdings meldete der ukrainische Informationsdienst "heftige Gefechte mit russischen Sabotagegruppen". Kiews Bürgermeister, Vitali Klitschko, schrieb auf Telegram, dass in der Stadt bislang neun Zivilisten und 18 Sicherheitskräfte getötet worden seien.

Von Süden stoße jedoch eine große Kolonne russischer Militärfahrzeuge auf die ukrainische Hauptstadt vor, sagte ein Berater des ukrainischen Innenministers dem Portal "strana.news" am Sonntagnachmittag. Er ergänzte: "Aber wir wissen, wo sie unterwegs sind, wohin sie unterwegs sind, und wir sind vorbereitet."

Bisher griffen russische Truppen Kiew vor allem von Nordwesten und Nordosten an. Nach Angaben aus der Ukraine wehrte die ukrainische Armee in Hostomel und Irpin schwere Angriffe ab. In Pryluky östlich von Kiew wurden nach ukrainischen Angaben mehrere russische Panzer zerstört.

dpa/Reuters/AFP (sra)

Ukrainische Soldaten der 72. Brigade posieren für ein Foto auf einem Panzer in Richtung des Dorfes Vuhledar in der Oblast Donezk, Ukraine. 5 min
Ukrainische Soldaten posieren für ein Foto auf einem Panzer auf einem Getreidefeld. Bildrechte: picture alliance / AA | Diego Herrera Carcedo
Logo MDR 4 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Joe Biden mit President Volodymyr Zelensky und Justin Trudeau 3 min
Bildrechte: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Paul Ellis

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 27. Februar 2022 | 20:30 Uhr

Mehr Politik in Osteuropa

Zehntausende protestieren gegen Regierungspläne 1 min
Zehntausende protestieren gegen Regierungspläne Bildrechte: Reuters

Mehr aus Osteuropa

Nachrichten

Eine Lockheed Martin F-16 1 min
Belgien liefert als erstes Land F-16 Kapmfjets aus US-Produktion an die Ukraine. Bildrechte: IMAGO / ABACAPRESS
1 min 28.05.2024 | 20:34 Uhr

Belgien will der Ukraine 30 Kampfjets vom Typ F-16 zur Verfügung stellen. Das ist Teil eines Sicherheitsabkommens zwischen beiden Staaten. Belgien liefert damit als erstes Land F-16 aus US-Produktion an die Ukraine.

Di 28.05.2024 20:15Uhr 00:30 min

https://www.mdr.de/nachrichten/welt/osteuropa/video-ukraine-belgien-kampfjets-100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video

Nachrichten

US Außenminister Antony Blinken trifft die Botschafterin der Ukraine. 1 min
Bildrechte: picture alliance / ASSOCIATED PRESS | Brendan Smialowski
1 min 15.05.2024 | 20:50 Uhr

Die US-Regierung stellt der Ukraine weitere zwei Milliarden US-Dollar für militärische Zwecke zur Verfügung. Währenddessen gelten mehrere Dörfer bei Charkiw im Zuge der russichen Bodenoffensive als umkämpft.

Mi 15.05.2024 20:36Uhr 00:32 min

https://www.mdr.de/nachrichten/welt/osteuropa/video-ukraine-us-hilfe-geld-militaer-kaempfe-charkiw-russland-offensive102.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video
Logo MDR 1 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
Logo MDR 1 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
1 min 14.05.2024 | 12:43 Uhr

Im Osten der Ukraine ist die russische Armee weiter auf dem Vormarsch. Ihre Truppen eroberten Gebiete 40 Kilometer vor Charkiw. Unterdessen ist US-Außenminister Antony Blinken zu einem Besuch in Kiew eingetroffen.

Di 14.05.2024 11:45Uhr 00:38 min

https://www.mdr.de/nachrichten/welt/osteuropa/video-russsisch-truppen-blinken-vormarsch100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video