Erleichterung bei Koalition Haseloff im zweiten Wahlgang zum Ministerpräsidenten gewählt

25. April 2016, 21:53 Uhr

Zwei Stunden musste Ministerpräsident Haseloff zittern. Doch im zweiten Wahlgang bekam er im Landtag dann doch die erforderliche Mehrheit. Dabei stimmte auch mindestens ein Abgeordneter der Opposition für Haseloff und das Bündnis aus CDU, SPD und Grünen.

Die sogenannte Kenia-Koalition aus CDU, SPD und Grünen kann ihre Arbeit aufnehmen. Reiner Haseloff ist erneut zum Ministerpräsidenten gewählt worden. Er bekam am Mittag im zweiten Wahlgang 47 Stimmen. 34 Abgeordnete stimmen gegen den CDU-Politiker, drei Parlamentarier enthielten sich. Die Stimmen von drei Abgeordneten waren ungültig. Mindestens 44 Stimmen wären notwendig gewesen.

Haseloff trotz erster Schlappe zuversichtlich

Nach der Wahl wurde Haseloff vereidigt. Mit Blick auf die neue schwarz-rot-grüne Koalition in Sachsen-Anhalt, die auf Länderebene bislang einzigartig ist, sagte der 62-Jährige: "Diese Koalition wird ein Erfolg werden, weil die Projekte, die wir uns vorgenommen haben, einfach dran sind. Ich bin mir sicher, dass wir alles für dieses Land tun werden, worauf es ankommt." Weiter sagte er in seiner Rede, dass diese Regierung sich im höchsten Maße bemühen werde, Politik für alle Bürgerinnen und Bürger zu machen. "Das sage ich ganz ausdrücklich vor dem Hintergrund der Zusammensetzung auch unseres Parlaments."

Eine weitere Polarisierung der Gesellschaft dürfe nicht zugelassen werden, betonte er ohne die rechtspopulistische AfD namentlich zu nennen. Die AfD hatte mit 24,2 Prozent bei der Landtagswahl am 13. März ihr bislang bestes Ergebnis in einem Bundesland erzielt. Dagegen verlor die große Koalition durch starke Stimmenverluste ihre Regierungsmehrheit.

In seiner Rede sagte der alte und neue Ministerpräsident außerdem: "Wir werden auch dafür sorgen, dass bei einer nächsten Landtagswahl die Menschen nicht politikverdrossen sind... Mit uns kann man rechnen. Und Sie werden sich teilweise auch wundern."

Im ersten Wahlgang durchgefallen

Nach dem Endergebnis machte sich auf den Gesichtern der Kenia-Koalitionäre Erleichterung breit. Zuvor waren vor allem in den Reihen der CDU viele angespannte Gesichter zu sehen. Im ersten Wahlgang war Haseloff am Vormittag im Landtag durchgefallen.

Er bekam nur 41 von 87 Stimmen. 45 Abgeordnete stimmten gegen Haseloff, einer enthielt sich. Die drei Koalitionspartner CDU, SPD und Grüne kommen zusammen auf 46 Abgeordnete. Die Oppositionsparteien AfD und Linke haben insgesamt 41 Mandate. Damit ist klar, dass anfangs mindestens fünf Abgeordnete aus dem Dreierbündnis ihrem Kandidaten Haseloff die Gefolgschaft verweigert hatten.

Nach einer einstündigen Pause gab es im Landtag einen zweiten Wahlgang. CDU-Fraktionschef Siegfried Borgwardt hatte auf das Ergebnis des ersten Wahlgangs überrascht reagiert. Er sagte im MDR, er könne sich das Ergebnis nicht erklären. Die Fraktionschefs von SPD und Grünen, Andreas Steppuhn und Claudia Dalbert, versicherten, ihre Abgeordneten hätten geschlossen für Haseloff gestimmt.

Reaktionen aus der Opposition nach "Stolperstart"

Trotz des holprigen Starts äußerte sich die Fraktionschefin der Grünen nach dem erfolgreichen zweiten Wahlgang darüber erleichtert, dass die Koalition jetzt ihre Arbeit aufnehmen könne. André Poggenburg, Vorsitzender der AfD-Landtagsfraktion, sagte der "Stolperstart" der Koalition sei nicht unverhersehbar gewesen. Er glaube zudem, dass die Kenia-Koalition, entgegen der Aussagen von Haseloff, keine erfolgreiche Koalition werden wird.

Probeabstimmungen bei SPD und Grünen

Die Landtagsfraktionen von SPD und Grünen hatten sich zuvor am Montag bei Probeabstimmungen jeweils einstimmig für Haseloff als Ministerpräsidenten ausgesprochen. Dies sagten die Abgeordneten Andreas Schmidt (SPD) und Sebastian Striegel (Grüne) kurz vor der Wahl der Deutschen Presse-Agentur. Bei der CDU gab es nach Angaben aus der Fraktion keine Probeabstimmung. Haseloff hatte als einer der ersten Abgeordneten im Plenarsaal Platz genommen und im Vorfeld im eigenen Lager um Unterstützung geworben.

Haseloff hält Kenia-Koalition für alternativlos

Die sogenannte Kenia-Koalition ist nach den Farben der kenianischen Flagge benannt. Haseloff sieht das Bündnis als einzige Option, um mit einer stabilen Mehrheit weiter regieren zu können. Am Freitag und am Sonnabend hatten Parteitage der drei Koalitionspartner das Bündnis mit jeweils breiter Mehrheit gebilligt. Am größten war die Zustimmung bei den Grünen mit über 98 Prozent. Bei der CDU stimmten knapp 84 Prozent der Delegierten mit Ja. Am Sonntag wurde dann der Koalitionsvertrag unterschrieben. Begleitet wurde die Besiegelung des Bündnisses allerdings von andauernden Misstönen zwischen den Regierungspartnern.

Dauer-Zoff zwischen CDU und Grünen

Vor allem zwischen CDU und Grünen gab es im Vorfeld der Regierungsbildung einige strittige Themen. In Teilen der CDU-Basis war zuletzt gefordert worden, dass die Partei kein Bündnis mit den Grünen eingehen solle. Vielmehr wurde über eine Minderheitsregierung mit wechselnden Mehrheiten oder Neuwahlen diskutiert. SPD-Parteichef Burkhard Lischka wie auch führende Vertreter aus der CDU hatten eine Minderheitsregierung abgelehnt, weil man dann bei Entscheidungen womöglich auf Stimmen der AfD angewiesen sei.

In der CDU wurde unter anderem die Vereinbarung zur Braunkohle kritisiert, die keine neuen Tagebaue vorsieht. Bauern- und Agrarverbände hatten sich darüber hinaus vehement dagegen gewehrt, dass das Umwelt- und Landwirtschaftsressort an die Grünen geht. Die Landwirte gehören zur traditionellen Wählerklientel der CDU. Die Parteispitze bemühte sich in den vergangenen Tagen, die Kritiker in den eigenen Reihen zu beschwichtigen.

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