Michael Kretschmer tritt vor die Presse "Ich will der Ministerpräsident aller Sachsen sein"
Hauptinhalt
20. Oktober 2017, 20:24 Uhr
Einen Tag nach dem angekündigten Rücktritt von Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich ist sein designierter Nachfolger Michael Kretschmer vor die Presse getreten. Kretschmer erklärte am Donnerstag im Sächsischen Landtag, sich lange und intensiv darüber Gedanken gemacht zu haben, dieses Amt zu übernehmen. Ob er nach seiner Schlappe bei der Bundestagswahl überhaupt die Kraft dafür hat.
Es ist in der Tat keine leichte Entscheidung für niemanden, der sich jetzt dafür bereiterklärt. Die Herausforderungen sind groß. Aber ich lebe in diesem Land, ich bin Sachse. Mir ist es unglaublich wichtig, dass dieses Land mit diesen großartigen Menschen eine Zukunft hat und ich möchte meinen Beitrag dazu leisten, dass das auch in Zukunft so ist.
Viel Arbeit an der Basis
Der gebürtige Görlitzer wäre, nach Tillich, der zweite Regierungschef des Landes, der aus Sachsen stammt. Um die Vertrauenslücke zum Volk wieder zu schließen, will Kretschmer "stärker als bisher mit der Bevölkerung ins Gespräch kommen." Er wolle der Ministerpräsident aller Sachsen sein, betonte der 42-Jährige.
Sachsen steht auf zwei Füßen: den Städten und dem ländlichen Raum. Ich möchte, dass sich beide gleichmäßig entwickeln. Die Aufgaben sind unterschiedlich, aber gleich wichtig.
Doch nicht nur in der Bevölkerung, auch an der Parteibasis erwartet ihn viel Arbeit. Kretschmer muss zunächst um das Vertrauen in die eigene Person werben. "Mir ist klar, dass es nicht überall sofort Zustimmung gibt."
Das zeigte sich auch vor der Pressekonferenz, bei der Sitzung der Landtagsfraktion. Zwar votierten die Fraktionskollegen mehrheitlich für Kretschmer. Doch es gab auch Gegenstimmen. Zwölf Abweichler soll es gegeben haben, die dem Wunschnachfolger des scheidenden Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich ihr Vertrauen verweigert oder sich enthalten haben, hört man. "Wir hatten kein DDR-Ergebnis", räumt Fraktionschef Frank Kupfer ein. Die kritischen Stimmen hätten sich aber weniger auf die Person als vielmehr auf das Prozedere bezogen, betonte Kupfer. Für die meisten der Abgeordneten sei der Rückzug Tillichs doch sehr überraschend gekommen.
"Versorgungsposten" und "riesengroßer Rucksack"
Die Entscheidung Tillichs, im Dezember das Ruder in Regierung und Partei abzugeben, wird von Teilen der CDU als Kurzschlusshandlung gesehen. Da sei der falsche Mann zurückgetreten, sagt ein Unionspolitiker und zielt damit auf den Generalsekretär. Denn schließlich habe der den Wahlkampf mit dem desaströsen Ausgang eines Aufstiegs der AfD zur stärksten Kraft in Sachsen zu verantworten. Einen Wahlverlierer ins Amt zu heben, habe ein Geschmäckle und sei für Kretschmer ein "riesengroßer Rucksack": "Das wird von den Leuten als Versorgungsposten gewertet."
Um die CDU bis zur sächsischen Landtagswahl 2019 zu stärken und zum Erfolg zu führen, setzt Kretschmer folgende Schwerpunkte:
- Asyl & Integration ("Rechtsstaat zur Durchsetzung verhelfen")
- Investitionen in die Bildung
- Ausbau der inneren Sicherheit (Stichwort: starker Staat - "deutsche Werte und Grundgesetz sind nicht verhandelbar")
- Stärkung des ländliches Raums
- Schulterschluss mit den Kommunen
Landtagswahl 2019 fest im Blick
Angesprochen auf die schlechten Ergebnisse der CDU bei der Bundestagswahl sagte Kretschmer, dass die Flüchtlingspolitik der Bundesregierung eine entscheidende Rolle gespielt habe. "Die Menschen hätten sich einen klaren Satz gewünscht nach dem Motto: 'Wir haben Fehler gemacht' und dass das für die Zukunft ausgeschlossen wird. Dann wäre vieles an Emotionen schon weggewesen." Doch er wolle nicht alles auf andere schieben. "Das ist ja immer das Leichteste. [...] Ich will bewusst sagen: Wir fangen bei uns an." Erfolgsrezept für ein erfolgreiches Abschneiden der CDU bei der Landtagswahl 2019 in Sachsen werde sein, eine offene Diskussion darüber zu führen, was in Sachsen jetzt anders laufen soll.
Es ist klar, dass die Bundestagswahl auch eine sächsische Komponente hat. Wir müssen bei den Themen innere Sicherheit und Schulen nachsteuern.
Dem politischen Kampf gegen die AfD sieht er gelassen entgegen. Wichtig sei, die Partei inhaltlich zu stellen, "so wie wir das früher auch mit anderen Gruppierungen gemacht haben". Mit Blick auf den Einzug der AfD in den Bundestag setzt Kretschmer auf eine "Lernkurve", "die hoffentlich schnell zu der Erkenntnis führt, dass man weder einzelne Personen noch die Gruppierung selbst zu Märtyrern macht."
Lebenslauf | geboren am: 7. Mai 1975 Schulausbildung: Fachhochschulreife Beruf: Büroinformationselektroniker und Diplom-Wirtschaftsingenieur Familienstand: ledig (lebt mit Partnerin und den beiden gemeinsamen sowie zwei weiteren Kindern zusammen) Wohnort: Görlitz |
|
Politischer Werdegang | 1994 Stadtrat in Görlitz 2002 Direktkandidat des Landeskreises Görlitz im Deutschen Bundestag 2005 Generalsekretär der Sächsischen Union seit 2008 Abgeordneter im Kreistag des Landkreises Görlitz 2009 stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion 2013 Vorsitzender der CDU-Landesgruppe Sachsen im Deutschen Bundestag |
Quelle: dpa/MDR/dk
Über dieses Thema berichtet MDR SACHSEN auch im Radio und Fernsehen:
MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | 19.10.2017 | Nachrichten ab 14:00 Uhr
MDR SACHSENSPIEGEL - | 19.10.2017 | 19:00 Uhr