Gebietsreform "Acht plus zwei": Thüringen wird neu aufgeteilt
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11. Oktober 2016, 21:15 Uhr
Acht große Landkreise plus Erfurt und Jena als einzige, kreisfreie Städte: Diesen Vorschlag für eine Gebietsreform in Thüringen hat die Landesregierung am Dienstag in Erfurt vorgestellt. Die vier anderen, bisher kreisfreien Städte würden ihren Status verlieren. Eisenach soll den Plänen zufolge mit dem Wartburgkreis verschmelzen, Weimar mit dem umliegenden Weimarer Land. Gera geht dem Modell zufolge mit den Landkreisen Greiz und Altenburger Land zusammen. Suhl müsste sich mit den Kreisen Schmalkalden-Meiningen, Hildburghausen und Sonneberg zusammenschließen.
Neue Kreisstruktur ab 2018 geplant
Kein Landkreis soll nach Angaben von Innenminister Holger Poppenhäger (SPD) geteilt werden, geplant sind Zusammenschlüsse vollständiger Kreise. Demnach könnten zum Beispiel die Kreise Eichsfeld und Unstrut-Hainich fusionieren. Im Norden Thüringens soll aus den Kreisen Nordhausen, Kyffhäuser und Sömmerda ein Großkreis werden. Darüber hinaus schließen sich den Plänen zufolge der Kreis Gotha und der Ilm-Kreis zusammen. Die verbleibenden kreisfreien Städte Erfurt und Jena werden überdies vergrößert, indem Dörfer aus dem Umland eingegliedert werden. Ebenso sollen bisherige Ober- und Mittelzentren durch solche Eingliederungen vergrößert werden.
Dieses sogenannte 8+2-Modell ist von dem Verwaltungswissenschafter Prof. Dr. Jörg Bogumil von der Ruhr-Universität Bochum erarbeitet worden. Es beruht auf den Vorgaben des vor einigen Monaten vom Kabinett verabschiedeten Vorschaltgesetzes zur Gebietsreform, in dem unter anderem die Mindestgrößen für Landkreise und kreisfreie Städte definiert werden.
Nach Poppenhägers Worten soll bis Ostern 2017 ein Gesetzentwurf zur neuen Kreisstruktur im Land vorgelegt werden. Frühstens Anfang 2018 könnten die Pläne in Kraft treten, sagte der Innenminister am Dienstag. Zuvor habe er das Kabinett über seinen Vorschlag für die Kreisgebietsreform informiert. Die Frage, welche Kommunen zu Kreisstädten erhoben werden, soll nach Poppenhägers Worten erst im kommenden Frühjahr diskutiert werden. Welche Namen die künftigen Landkreise tragen werden, sei Sache der künftigen Kreistage, sagte der Minister.
Kritik von Opposition und Landkreistag
Bei der CDU-Fraktion im Thüringer Landtag stießen die Pläne wie erwartet auf Kritik. Vorsitzender Mike Mohring twitterte, der "Generalangriff auf den ländlichen Raum" erreiche die nächste Stufe. Er kündigte an, dass die CDU-Landtagsfraktion nach den Ferien über rechtliche Mittel gegen das Vorschaltgesetz zur Gebietsreform entscheiden will.
Der Vorsitzende der Jungen Union, Stefan Gruhner, rief alle Gegner der Gebietsreform zu "fundamentalem Widerstand" auf. Sie sollten sich nicht an Diskussionen über künftige Kreisstrukturen beteiligen. Die Landesregierung betreibe eine perfide Strategie, weil sie die Bürger vor Ort gegeneinander ausspiele.
Die AfD warf der Landesregierung vor, mit der Reform die heimatlichen Strukturen zu zerstören. Das Leben dort werde für die Bürger viel schwieriger und komplizierter werden. Die geplanten acht "Mammutkreise" seien unübersichtlich und hätten höhere Verwaltungskosten.
Kritik kam auch vom Thüringer Landkreistag. Dessen Vizepräsident und Landrat von Schmalkalden-Meiningen, Peter Heimrich, sagte MDR THÜRINGEN, der Vorschlag der Landesregierung sei nicht einmal eine Diskussionsgrundlage. Damit würden Monsterkreise geschaffen. Ein Landrat müsse die Nähe zu den Bürgern haben. In den von der Regierung geplanten Kreisen sei das aber nicht mehr möglich. Laut Heimrich wird sich das Präsidium des Landkreistages in seiner nächsten Sitzung mit dem Thema befassen und dort voraussichtlich juristische Schritte gegen die Reform beschließen.
Der Thüringer Gemeinde- und Städtebund zeigte sich im Grundsatz zufrieden. "Was Gera und Weimar angeht, wird es aber noch Diskussionen geben", sagte Präsident Michael Brychcy.
SPD und Grüne: Guter und ausgewogener Vorschlag
Lob für den Innenminister gab es aus der Regierungskoalition. Der kommunalpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Uwe Höhn, bezeichnete den Vorschlag der Regierung als gut und ausgewogen. Damit seien die Vorgaben des Gesetzgebers im Vorschaltgesetz ohne Ausnahmen umgesetzt worden. Mit dem Verzicht auf das Teilen von Landkreisen werde größtmögliche Rücksicht auf die regionalen und landsmannschaftlichen Identitäten in den heutigen Landkreisen genommen.
Der Vorsitzende der Grünen-Landtagsfraktion, Dirk Adams, sprach von einem "konsequenten und gerechten" Vorschlag. Es sei gelungen, mit Prof. Dr. Jörg Bogumil einen namhaften Experten für die Beratung "im Rahmen dieses bedeutenden rot-rot-grünen Projekts" zu gewinnen. Seine Vorschläge erfüllten nicht nur die Vorgaben des Vorschaltgesetzes, sondern basierten auch auf fundierter wissenschaftlicher Expertise sowie ernsthafter und sachlicher Auseinandersetzung mit den Gegebenheiten im Freistaat Thüringen.