Betrugsprozess gegen AfD-Abgeordnete Muhsal "Wie im Kindergarten"

08. März 2017, 19:53 Uhr

Weil sie den Arbeitsvertrag einer Mitarbeiterin vordatiert haben soll, steht Wiebke Muhsal vor dem Amtsgericht Erfurt. Einen Strafbefehl über 6.000 Euro wegen Betrugs hatte sie nicht akzeptiert. Der Prozessauftakt verlief - schleppend.

Wiebke Muhsal schweigt. Dafür spricht ihr Anwalt. Wortreich erklärt Gregor Heiland, warum er die Anklage für falsch hält. Die finanziellen Verhältnisse seiner Mandantin seien geordnet, sie habe es also überhaupt nicht nötig, sich auf unredlichem Wege Geld zu besorgen. Und außerdem sei sie nicht so dumm, eine Mitarbeiterin rauszuwerfen, mit der sie zuvor kriminelle Geschäfte gemacht habe.

Staatsanwaltschaft wirft Muhsal Betrug vor

Es geht um die Anfangszeit Wiebke Muhsals als Abgeordnete. Der Anklage zufolge hat Muhsal den Vertrag einer Büromitarbeiterin um zwei Monate vordatiert. Das Geld soll anderweitig verwendet worden sein. Nach Aussagen der Mitarbeiterin bekam ein IT-Unternehmer 2.000 Euro für den Aufbau der Homepage. Für mehr als 1.000 Euro habe sie Büromöbel für Frau Muhsal gekauft, sagt die Frau im Zeugenstand. Mit der Vordatierung habe sie sich einverstanden erklärt, weil sie den Arbeitsvertrag damals, im November 2014, unbedingt wollte. Lange ging es allerdings nicht gut. Im April wurde die Mitarbeiterin schon wieder entlassen. Danach erstattete sie Anzeige gegen Muhsal. Die Frau kann sich nicht mehr an alle Details und alle Daten erinnern. Daran, dass sie zwei Monate nicht für Muhsal gearbeitet habe, schon. Sie hatte noch einen anderen Job. Und außerdem gab es ja auch noch gar kein Wahlkreisbüro.

Verteidiger hält die Zeugin nicht für glaubwürdig

Der Anwalt weist auf Widersprüche zwischen der früheren und heutigen Aussage der Mitarbeiterin hin. Frau Muhsal sei davon ausgegangen, dass die Mitarbeiterin in den zwei Monaten schon tätig war. So habe sie sich bei AfD-Stammtischen Anregungen für ihre künftige Tätigkeit und die Büroeinrichtung geholt. Auf eine genaue Stundenzahl will sich der Anwalt nicht festlegen. Von der falschen Verwendung der Gelder habe Frau Muhsal übrigens erst aus der Zeitung erfahren. Fragen des Gerichts und des Staatsanwalts an seine Mandantin lässt Heiland nicht zu. Sie werde ihn schon am Ärmel zupfen, wenn er etwas Falsches sagte, lässt er Richter Ralf Wildenauer wissen. Als Wiebke Muhsal dann tatsächlich mal zupft, unterbricht er sofort und flüstert mit seiner Mandantin. „Wie im Kindergarten“, findet das Richter Wildenauer. Eine Landtagsabgeordnete müsse in der Lage sein, eine Frage selbst zu beantworten. Frau Muhsal mache von ihrem Recht zu schweigen Gebrauch, sagt der Anwalt.

Zeuge will nichts sagen

Im Zeugenstand sitzt auch der IT-Unternehmer, der die 2.000 Euro von der Büromitarbeiterin für die Erstellung der Homepage bekommen haben soll. Der Mann, AfD-Mitglied, will gar nichts sagen. Er bringt einen Zeugenbeistand mit. Gar nichts sagen geht nicht, befindet Richter Wildenauer. Selbstverständlich könne der Zeuge die Antwort verweigern, wenn er sich damit selbst belasten würde. Aber gar nichts sagen? Ausgeschlossen.

Als der Zeugenbeistand einen Gerichtsbeschluss verlangt, wird der Staatsanwalt deutlich. Ihm reiche das, was der Verteidiger im Namen der Angeklagten sagte, für eine Verurteilung. Ob Frau Muhsal nicht den Einspruch gegen den Strafbefehl zurücknehmen wolle, bei einem Urteil könne es auch eine höhere Strafe geben. Der Richter sieht es ähnlich, die 6.000 Euro aus dem Strafbefehl seien eher die untere Grenze für eine solche Tat. Der Verteidiger winkt ab, zu einer Rücknahme des Einspruchs könne er seiner Mandantin nicht raten.

Fortsetzung folgt

Am 23. März geht es weiter. Mit Hilfe weiterer Zeugen, die meisten davon AfD-Mitglieder, will das Gericht aufklären, wer wann was von der Vordatierung wusste. Sollte auch der IT-Unternehmer aussagen müssen, werde er juristisch dagegen vorgehen, sagt dessen Zeugenbeistand. Theater, nennt das Richter Wildenauer, bevor er die Verhandlung schließt.

Über dieses Thema berichtet MDR THÜRINGEN auch im Programm: MDR THÜRINGEN JOURNAL | 08.03.2017 | 19:00 Uhr

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