Ichthyosaurier Cymbospondylus youngorum: Das erste Riesentier der Erde

23. Dezember 2021, 20:00 Uhr

Ichthyosaurier Cymbospondylus youngorum war 17 Meter lang, 45 Tonnen schwer und vor rund 250 Millionen Jahren das erste Riesentier, das die Evolution hervorgebracht hat, zeigt ein Forschungsteam unter deutscher Leitung.

Naturgetreue Nachbildung von Cymbospondylus youngorum, der vor 246 Millionen Jahren in der Trias im Meer unterwegs war
Cymbospondylus youngorum - ein Ichthyosaurier und der erste Riese der Erde schwamm vor rund 250 Millionen Jahren durch die Ur-Meere. Bildrechte: Stephanie Abramowicz, Natural History Museum of Los Angeles County

Man muss schon ins Gebirge fahren, um etwas über frühzeitliche Meeresbewohner herauszubekommen. Oder genauer gesagt: um diesen frühzeitlichen Meeresbewohner aus dem Gestein herauszubekommen. Denn da lag er, nicht ein oder zwei Millionen, nein, knapp 250 Millionen Jahre lang.

Beim angesprochenen Gebirge handelt es sich um die Augusta Mountains im US-Bundesstaat Nevada. Schon seit 30 Jahren ist Paläontologe Prof. Dr. Martin Sander von der Uni Bonn dort mit einem Team zugange. 1998 haben sie einen Teil der Wirbelsäule des Ichthyosauriers entdeckt.

Die Bedeutung des Fundes war lange nicht ersichtlich, da nur einige wenige Wirbel am Rande der Schlucht freigelegt wurden.

Prof. Dr. Martin Sander, Paläontologe

Allerdings lagen diese Wirbel so ausgerichtet, dass man vermuten bzw. hoffen konnte, unter angrenzendem Gestein noch mehr vom Körper zu finden. Und so kam es einige Jahre später: 2011 wurden der gut erhaltene Schädel, die Vorderflossen und der Brustbereich freigelegt.

halb freigelegter Schädel von Cymbospondylus youngorum im Feld in den Augusta Mountains, Nevada, USA
So sah der freigelegte Schädel auf der Fundstelle aus. Bildrechte: Prof. Martin Sander, Uni Bonn

Viele Jahre Forschung

Da hatte man ihn nun, den 17 Meter langen Meeresbewohner, der zu Lebzeiten vermutlich etwa 45 Tonnen wog und dessen Schädel allein schon länger als manch Mensch ist.

Studienautor Prof. Dr. Lars Schmitz liegt als Größenvergleich neben dem Schädel von Cymbospondylus youngorum
Für den Größenvergleich legt sich Studienautor Prof. Dr. Lars Schmitz schon mal selbst ins Zeug. Bildrechte: Prof. Dr. Martin Sander, Uni Bonn

Nun galt es, ihn einzuordnen: Wann und wie lebte er, und warum konnte er so groß werden?
Die aufwändigen Analysen ergaben: Der neue Fischsaurier lebte vor etwa 246 Millionen Jahren (in der mittleren Trias) und war damit das größte bisher entdeckte Tier aus dieser Zeit – ob an Land oder im Meer.

Soweit wir wissen, war es sogar das erste riesige Lebewesen, das jemals auf der Erde gelebt hat.

Prof. Dr. Martin Sander, Paläontologe

Vermutlich dauerte es "nur" etwa drei Millionen Jahre vom ersten Auftauchen der Ichthyosaurier bis zum Erreichen dieser Körpergröße, ermittelte die Forschungsgruppe. Aus evolutionärer Sicht sei das eine erstaunlich kurze Zeit.

Maul von Cymbospondylus youngorum, das im Präparationslabor des Naturkundemuseums in Los Angeles aus dem Felsgestein ragt
Die Knochen eines Riesen. Bildrechte: Prof. Dr. Martin Sander, Uni Bonn

Anhand von Computermodellen zur Rekonstruktion des Ökosystems der damaligen Zeit, bei denen ein Team um Prof. Dr. Eva Maria Griebeler von der Uni Mainz federführend war, kamen die Forscher zu dem Schluss, dass es nur wenige Exemplare dieses riesigen Ichthyosauriers gegeben haben dürfte, "aufgrund ihrer Größe und des daraus resultierenden Energiebedarfs".

Von Walen und Bier

Auch wenn der Ichthyosaurier die Größe eines Pottwals hat: Gemeinsam haben die beiden wenig, nicht einmal die evolutionäre Geschwindigkeit ihres Körperwachstums.
"Die Evolutionsmodelle zeigen sehr deutlich, dass die Ichthyosaurier einen anfänglichen Größenboom hatten und schon früh in ihrer Evolutionsgeschichte zu Giganten wurden, während Wale viel länger brauchten, um ihre maximale Größe zu erreichen", sagt Prof. Dr. Lars Schmitz, der Letztautor der nun erscheinenden umfangreichen Studie.

Schädel des Ichthyosuriers
Der Schädel von Cymbospondylus youngorum fertig fürs Museum. Bildrechte: Natalja Kent, Natural History Museum of Los Angeles County (NHM)

Bleibt die Frage nach dem Namen für diesen ganz besonderen Ichthyosaurier. Er lautet Cymbospondylus youngorum, und das hat wiederum mit Bier zu tun. Das Sponsoring der paläontologischen Feldarbeit in Nevada hatte eine dort ansässige Brauerei übernommen, die von Tom und Bonda Young betrieben wird. Auf den Etiketten einer ihrer beliebtesten Biersorten ist ein Ichthyosaurier abgebildet. Nun ja.

Und wo kann man Cymbospondylus youngorum sehen? Das Original befindet sich im Natural History Museum of Los Angeles County. Aber eine Kopie des Schädels wird demnächst im Goldfuß-Museum der Uni Bonn ausgestellt.

rr

Link zur Studie

P. Martin Sander, Eva Maria Griebeler, Nicole Klein, Jorge Velez Juarbe, Tanja Wintrich, Liam J. Revell, Lars Schmitz:
"New fossil reveals early and rapid evolution of giant Mesozoic ichthyosaurs"

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