Die Grafik zeigt den mit goldener Folie umhüllten Satelliten, der die Form einer großen Tonne hat und zwei Flügel aus Solarmodulen besitzt.
Eine künstlerische Darstellung des japanischen Weltraumteleskops Xrism. Bildrechte: NASA's Goddard Space Flight Center Conceptual Image Lab

Weltraumteleskop Xrism Japanisches Weltraumteleskop Xrsim soll heißeste Regionen des Universums kartieren

07. September 2023, 16:45 Uhr

Nach einem ersten Missionsabbruch konnte die japanische Raumfahrtbehörde Jaxa am frühen Morgen des 7. Septembers 2023 mit seinem Weltraumteleskop Xrism ins All aufbrechen. Es soll die Geheimnisse des Universums aufdecken und Objekte mit der stärksten Gravitation untersuchen.

Update vom 7. September 2023:
Gemeinsam mit der Mondmission Slim konnte die japanische Raumfahrtbehörde Jaxa das Weltraumteleskop Xrsim in den Weltraum befördern. Ursprünglich sollte die Mission bereits Ende August starten, musste jedoch wegen schlechter Wetterbedingungen verschoben werden. Am frühen Morgen des 7. Septembers 2023 um 1:42 Uhr (MESZ) konnte die japanische Trägerrakete H-2A erfolgreich abheben. Die ausführliche Berichterstattung zur Mission können Sie in unserer ursprünglichen Fassung vom 25. August 2023 nachverfolgen.

Originalbeitrag vom 25. August 2023:
Was sind die heißesten Regionen im Universum? Und warum sind sie so heiß? Wie sehen die größten Strukturen im All aus? Und wie funktionieren die Objekte mit der stärksten Gravitation im Weltraum? Grundlegende Fragen der Astronomie und Kosmologie, auf die es noch keine eindeutigen Antworten gibt. Dafür braucht es mehr Daten und diese sollen in Zukunft von einem japanischen Weltraumteleskop kommen.  

Xrism ("crism" beziehungsweise "krizz-em" ausgesprochen) soll am 26. August 2023 von Japan aus in den Weltraum aufbrechen. Der Name steht für X-ray Imaging and Spectroscopy Mission, also für "Mission zur Röntgenbildgebung und -spektroskopie". Die Sonde wird das Universum im Röntgenlicht mit einer bisher einzigartigen Kombination aus Lichtsammelleistung und Energieauflösung untersuchen. Mit dieser Fähigkeit kann es Röntgenstrahlen mit unterschiedlicher Energie voneinander unterscheiden.

Galaxienhaufen verstehen lernen: Die größten Bausteine unseres Universums

Mit Xrism soll die Entwicklung des Universums dank der größten bekannten Bausteine – den Galaxienhaufen – untersucht werden. Sie sind die größten Strukturen im Universum und werden durch die Schwerkraft zusammengehalten. Zu ihnen gehören Tausende von Galaxien. Diese bewegen sich in einem enorm großen Volumen, das sich mit dem Bereich zwischen der Milchstraße und unserer nächsten Nachbarin Andromeda vergleichen lässt . 

Infrarotaufnahme der Andromeda-Galaxie durch das Herschel-Teleskop
Infrarotaufnahme der Andromeda-Galaxie durch das Herschel-Teleskop Bildrechte: ESA/NASA/JPL-Caltech/B. Schulz (NHSC)

Das meiste Gas in den Haufen hat eine Temperatur von mehreren zehn Millionen Grad und sendet Röntgenlicht aus. Mit diesem Licht soll das Weltraumteleskop die Geschwindigkeiten und Energien des Gases bestimmen und die Wachstumsrate von Galaxienhaufen untersuchen. Dafür wird die Gesamtmasse von Haufen in verschiedenen kosmischen Zeitaltern gemessen – damit die Fachwelt das Wachstum von großen Strukturen im Universum besser verstehen lernt.

Durch Xrism soll ein Bild von der Dynamik in den Galaxienhaufen (also wie sich was innerhalb der Galaxienhaufen bewergt), der chemischen Zusammensetzung des Universums und dem Materiefluss um supermassereiche schwarze Löcher (die eine millionen- bis milliardenfache Sonnenmasse haben) entstehen. Dafür wird die Raumsonde die Erde in einer Umlaufbahn in 550 Kilometern Höhe umkreisen und drei Jahre lang das Weltall untersuchen.

Xrism soll auch die Verteilung der chemischen Elemente im Universums kartieren. Während des Urknalls bildeten sich nur die vier leichtesten Elemente Wasserstoff, Helium, Lithium und Beryllium. Die anderen, schwereren Elemente bis hin zu Eisen, entstanden erst später innerhalb der Sterne durch Kernfusion.

Alle Elemente, die schwerer als Eisen sind, entstehen bei nur sehr energiereichen Ereignissen – wie bei einer Supernova, dem Ende eines massereichen Sterns. Nach dieser gigantischen Explosion bleiben Überreste für die Geburt neuer Sterne übrig. Und diese Sterne werden durch die – bei der Supernova – neu entstandenen Elemente verunreinigt.

Bild von einer Galaxie, rechts daneben ein heller weißer Punkt, der einen in einer Supernova explodierenden Stern zeigt.
Bildkomposition des Las Cumbres Observatoriums und des Weltraumteleskops Hubble von der Elektroneneinfang-Supernova 2018zd (der große weiße Punkt rechts) neben der Galaxie NGC 2146 Bildrechte: NASA/STSCI/J. Depasquale; Las Cumbres Observatory

Xrism soll deshalb unter anderem auch die Menge der schweren Elemente bestimmen, die im Gas zwischen den Galaxien in den Sternhaufen vorhanden sind. Mit der Hilfe der Spektroskopie, der Untersuchung der Wechselwirkung zwischen Licht und Materie, soll es einen Blick in diese kosmischen Extrembereiche werfen.

Schwarze Löcher besser verstehen: Xrism soll James Webb vervollständigen

Das für die Spektroskopie benötigte Spektrometer von Xrism trägt den Namen Resolve (engl. auflösen, Entschlossenheit) und ist in Zusammenarbeit zwischen den Raumfahrtbehörden Japans (Jaxa) und den USA (Nasa) entwickelt worden. Es wird Messungen der Lichtintensität über einen Energiebereich von 400 bis 12.000 Elektronenvolt für Röntgenstrahlen erstellen, was nach bisherigen Maßstäben enorm leistungsfähig ist. 

Resolve misst winzige Temperaturänderungen, die entstehen, wenn ein Röntgenstrahl auf seinen sechs mal sechs Pixel großen Detektor trifft. Um diesen winzigen Anstieg zu messen und die Energie der Röntgenstrahlung zu bestimmen, muss der Detektor auf die kälteste bekannte Temperatur im Weltraum abgekühlt werden.

Ähnlich wie beim Weltraumteleskop James Webb (JWST), sollen bei Xrism auch die Geheimnisse um die schwarzen Löcher in unserem Universum gelöst werden. Mit den Spektren des JWST lässt sich beispielsweise die Zusammensetzung von Gas in der Nähe aktiver schwarzer Löcher aufschlüsseln. Außerdem lässt sich die Bewegung dieses Materials auf den Betrachter zu oder von ihm weg kartieren – jedoch alles im infraroten Licht. Das Resolve-Instrument soll die gleichen Messungen bei höheren Energien durchführen.

Xrism hat das größte Sichtfeld aller bisherigen Röntgenteleskope

Neben Resolve befindet sich noch ein zweites Instrument an Bord des Weltraumteleskops. Beim Xtend handelt es sich um eine Kamera für weiche Röntgenstrahlung. Mit ihm soll das Sichtfeld des Observatoriums erweitert werden – damit wächst das Xrism-Teleskop zu dem Röntgenteleskop mit dem größten Sichtfeld heran. Es soll Eigenschaften von Röntgenquellen im Hintergrund von Resolve-Zielen kartieren und nahe gelegene zeitvariable Röntgensterne beobachten. 

Darüber hinaus wird der europäische Beitrag zu diesem Projekt die Bereitstellung eines Star Trackers sein, mit dem das Raumfahrzeug mitteilt, wohin es ausgerichtet ist; drei magnetischen Torquern zur korrekten Ausrichtung des Raumfahrzeugs in Bezug auf das Erdmagnetfeld; und einem Filterradmechanismus für Resolve und die enthaltene Elektronik. Als Gegenleistung wird die Jaxa der europäischen Raumfahrtbehörde acht Prozent der gesamten Gastbeobachtungszeit der Mission überlassen. 

Missionsstart am Samstagmorgen

Die Mission soll voraussichtlich in der Nacht zu Sonnabend (26. August 2023) um 2:34 Uhr (MESZ) vom japanischen Weltraumbahnhof am Tanegashima Space Center abheben. Für den Launch ist eine japanische Trägerrakete des Typs H-II2 vorgesehen. Neben dem Röntgenweltraumteleskop Xrism wird auch die japanische Mondmission Slim mitfliegen. Nach der fehlgeschlagenen Mondlandung Russlands und ihrer Luna-25-Mission könnte es den Japaner gelingen, zum ersten Mal erfolgreich und sanft auf der Mondoberfläche zu landen.

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Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | 07. September 2023 | 08:30 Uhr

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