Blick in Rostock Lichtenhagen auf das Sonnenblumenhaus, ein Plattenbau aus der DDR-Zeit mit einem markanten Sonnenblumenmosaik an der Stirnseite
Das Sonnenblumenhaus im Rostocker Plattenbau-Viertel Lichtenhagen geriet durch ausländerfeindliche Ausschreitungen 1992 zu trauriger Berühmtheit. Bildrechte: IMAGO / BildFunkMV

Wissen-News Eigen- und Fremdwahrnehmung klaffen bei Plattenbaustadtteilen weit auseinander

18. März 2024, 13:09 Uhr

Für eine Studie des Leibniz-Institut für Bildungsverläufe wurden Großwohnsiedlungen in Rostock, Schwerin und Greifswald untersucht. Das Ergebnis: Die niedrige Wohnzufriedenheit dort hat auch mit Stigmatisierung zu tun.

Aktuelle Studien zeigen, dass sich soziale Gruppen in den ostdeutschen Städten besonders ungleich über die einzelnen Stadtteile verteilen. Diese soziale Spaltung ist maßgeblich durch die Unterschiede zwischen den Großwohnsiedlungen und den restlichen Wohngebieten geprägt. In den Großwohnsiedlungen sind die Armutsquoten höher, der Anteil von Personen mit akademischem Abschluss ist dagegen niedrig. Zudem kam es in den letzten Jahren zu einem vermehrten Zuzug von Neuzugewanderten. Die Auswertung amtlicher Daten zeigt das auch für Rostock, Schwerin und Greifswald: Armut ist in diesen Städten besonders ungleich verteilt und ballt sich in den Großwohnsiedlungen.

Ob die zum Teil prekäre soziale Lage in diesen Stadtteilen auch mit der Wohnzufriedenheit, der Wertschätzung für das eigene Viertel und dem nachbarschaftlichen Zusammenleben zusammenhängt, sollte eine Befragung der Einwohner im Jahr 2022/23 zeigen. Überraschend ist, dass zwar die Zufriedenheit mit der eigenen Wohnqualität oft nur geringfügig von den gesamtstädtischen Zufriedenheitswerten abweicht, aber die Frage "Würden Sie einer befreundeten Person Ihr Viertel zum Wohnen empfehlen?" überdurchschnittlich oft verneint wurde. Eigen- und Fremdwahrnehmung der Stadtteile sind also nicht deckungsgleich, hier zeigt sich laut den Studienautoren auch eine Stigmatisierung durch Bewohner anderer Stadtteile.

Die Analysen zeigen, dass es tatsächlich die ungünstige soziale Zusammensetzung der Großwohnsiedlungen ist, die zu höherer Unzufriedenheit führt. Positive Entwicklungen und eine deutlich bessere Beurteilung des eigenen Viertels zeigen sich entsprechend dort, wo Kommunen aktiv städtebauliche Programme durchgeführt haben und infolgedessen die soziale Zusammensetzung der Siedlungen gemischter ist. Beispiele sind das Ostseeviertel in Greifswald, Lankow in Schwerin und Lichtenhagen in Rostock, wo neben den Plattenbauten neue Ein- und Zweifamilienhäuser entstanden und die Wohnungen weitgehend im kommunalen Bestand sind.

cdi/pm

2 Kommentare

MDR-Team vor 5 Wochen

Der Titel der Studie beinhaltet die Forschungsthese. Was genau finden Sie daran stigmatisierend?

Dermbacher vor 5 Wochen

Schon alleine der Titel der Studie stellt eine Stigmatisierung dar!