Wahlkampf Was bringen eigentlich die vielen kleinen Wahlplakate?
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15. Mai 2024, 06:29 Uhr
Egal, wo man zurzeit unterwegs ist, sie begegnen einem fast überall: Die unzähligen Wahlplakate der Parteien. Der Anlass sind die bevorstehenden Europa- und Kommunalwahlen am 9. Juni. Die Kosten für die Wahlplakate liegen bei vielen Parteien im oberen fünfstelligen Bereich. Parteimitglieder und hunderte ehrenamtliche Wahlhelfer sind unterwegs, um sie anzubringen. Dabei sollen mit den Plakaten gar nicht unbedingt politische Botschaften übermittelt werden. Lohnt sich der Aufwand dann überhaupt?
- Laut dem Co-Vorsitzenden der SPD in Sachsen-Anhalt dienen Wahlplakate vor allem dazu, die Menschen überhaupt daran zu erinnern, dass eine Wahl stattfindet und wer dafür kandidiert.
- Dem Co-Vorsitzenden der sachsen-anhaltinischen Grünen zufolge wird mittels Wahlplakaten kaum inhaltliche Überzeugungsarbeit geleistet.
- Der Einschätzung eines Politikberaters Johannes Hillje nach sind Plakate das Wahlkampfmittel, das von den Menschen am stärksten wahrgenommen wird.
Eine große Hauptstraße im Leipziger Südosten, links und rechts der Fahrbahn das bunte Meer an Wahlplakaten, meistens angebracht an Straßenlaternen. Da hängt der Kandidat der SPD über dem der Grünen, gefolgt von CDU und AfD. Wer soll da durchblicken?
Erinnerung an Wahl und die Kandidierenden
Beispiele wie in Leipzig finden sich überall, auch in Sachsen-Anhalt. Dort ist Andreas Schmidt Co-Vorsitzender der SPD und erklärt den Nutzen folgendermaßen: "Plakate sind, anders als viele das denken, nicht dazu da, um Botschaften zu übermitteln. Plakate erinnern zum einen daran, dass die Wahl stattfindet – das ist nicht ganz selbstverständlich, denn Kommunalwahlen passieren ja nicht in der Tagesschau und Leute, die keine Zeitung lesen, müssen ja auch irgendwie mitkriegen, dass Wahl ist und wer kandidiert. Und das ist die zweite Funktion der Plakate, sie erinneren daran, dass die einzelne Partei da ist, Kandidaten und Kandidatinnen anbietet und man sie dann am Wahltag auch auf dem Wahlzettel finden wird."
Die Kommunen können selbst festlegen, wie viele Plakate aufgehängt werden dürfen und in welchem Zeitraum. Dieser beginnt meistens fünf bis sechs Wochen vor der jeweiligen Wahl.
Kaum inhaltliche Überzeugungsarbeit
Vor allem Parteimitglieder und ehrenamtliche Helfer ziehen dann los, um die Wahlwerbung anzubringen. Zum Beispiel auch bei den Grünen in Sachsen-Anhalt, erzählt der Co-Vorsitzende Dennis Helmich: "Es sind definitiv Hunderte, die im Land unterwegs sind, Plakate aufhängen. Das ist ja – gerade auch, weil Sachsen-Anhalt als Flächenland groß ist – ein ziemlich großer Aufwand. Und Geld kosten die definitiv auch. Sie werden zwar von Landesverband und Bundesverband quer mitfinanziert. Da würde ich schon sagen, dass es viele zehntausend Euro sind, die in Sachsen-Anhalt allein dort reingehen in die Plakate. Ich kann definitiv sagen, es ist eine hohe fünfstellige Summe."
Inhaltliche Überzeugungsarbeit werde aber durch Wahlplakate kaum geleistet, sagt Helmich. Ähnlich schätzt das auch die CDU in Sachsen ein. Hier sieht Landesgeschäftsführer Tilo Schumann die Plakate als einen von vielen Bausteinen im Wahlkampf: "Die Plakate dienen dazu, dass die Bürgerinnen und Bürger auch mitgeteilt bekommen, was so die Themen sind, die uns wichtig sind. Da gibt es natürlich viele Maßnahmen, nicht nur Plakate. Da gibt es auch das Gespräch am Infostand, da gibt es den Tür-zu-Tür-Wahlkampf oder auch digitale Formate – aber die Plakate sind eben eine Möglichkeit."
Nicht zur Überzeugung Unentschlossener geeignet
Mit Plakaten Anhänger zu mobilisieren, an die Wahlurne zu gehen, das kann gelingen, sagt auch der Politik- und Kommunikationsberater Johannes Hillje. Um neue Wähler zu gewinnen, seien Plakate aber nicht geeignet: "Die Überzeugung noch Unentschlossener kann durch Wahlplakate nicht gelingen. Das sieht man anhand verschiedener Studien, dass das Wahlplakat dafür kein geeignetes Instrument ist. Da wäre zum Beispiel Haustürwahlkampf – also das intensive Gespräch mit einem Bürger oder einer Bürgerin – vielversprechender und hat eine höhere Überzeugungskraft als ein Wahlplakat."
Dennoch seien Wahlplakate das Mittel, das die Menschen am stärksten wahrnehmen, so Hillje, auch wenn die Überzeugungskraft das nicht widerspiegle.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 15. Mai 2024 | 06:09 Uhr