Gesundheitssystem Lauterbach bringt Krankenhausreform auf den Weg
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15. Mai 2024, 21:18 Uhr
Die Bundesregierung hat die Krankenhaus-Reform auf den Weg gebracht. Das Kabinett stimmte den Plänen von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zu. Mit der Reform will Lauterbach die Finanzierung, Organisation und das Leistungs-Spektrum der Krankenhäuser in Deutschland grundlegend verändern. Gegen das Vorhaben gibt es anhaltende Kritik aus den Ländern und von der Klinikbranche.
- Mit der Krankenhausreform soll der ökonomische Anreiz entfallen, möglichst viele Patienten zu behandeln.
- Kritik kommt seitens der Politik und der Klinikbranche.
- Vor allem die Unterversorgung auf dem Land werde nicht gelöst, so die Stiftung Patientenschutz.
Die geplante Krankenhausreform in Deutschland wurde nun nach monatelangen Vorarbeiten auf den Weg gebracht. Das Bundeskabinett hat am Mittwoch den Gesetzentwurf von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach für eine umfassende Neuordnung des Krankenhauswesens beschlossen. Die Ziele: weniger wirtschaftlicher Druck, mehr Spezialisierung und einheitliche Qualitätsregeln.
Der Gesetz-Entwurf soll nun im Bundestag diskutiert werden. Umgesetzt werden soll die Klinik-Reform ab Anfang nächsten Jahres.
Was die Reform für Kliniken bedeutet Die Reform soll die Finanzierung der Kliniken durch eine Abkehr vom System der Fallpauschalen sichern – sie werden dafür nicht mehr nur für einzelne Behandlungen bezahlt, sondern bekommen eine so genannte Vorhaltepauschale dafür, dass sie bestimmte Behandlungen anbieten. Zudem sollen sich die Kliniken künftig auf jene Behandlungen spezialisieren, die sie besonders gut beherrschen.
Lauterbach: Weniger finanzieller Druck auf den Kliniken
Lauterbach bezeichnete es als eine "eine Art Revolution" für das Netz der 1.700 Kliniken. Bisher bestehe "der ökonomische Anreiz, möglichst viele Patientinnen und Patienten zu behandeln", heißt es im Entwurf. Das könne dazu führen, dass gewisse Behandlungen nicht nur aus medizinischen Gründen, sondern teils auch zur Erlössteigerung gemacht würden. Mit der Reform ziehe die Regierung die Notbremse: "Ohne die Strukturen der stationären Versorgung zu ändern, drohen Klinik-Insolvenzen, schlechte Behandlung und weite Wege."
Es entstehe das Risiko, dass Kliniken vermeintlich weniger lukrative Leistungen nicht mehr anbieten oder den Betrieb unabhängig vom regionalen Versorgungsbedarf einstellen, heißt es in den Plänen. Da viele Häuser bestimmte Leistungen nur selten vornehmen und so wenig Erfahrung haben, folgten daraus Qualitätsdefizite, die sich "negativ auf das Wohl der Patientinnen und Patienten auswirken können".
Kritik aus Politik und Klinikbranche
Doch die Reform ist umstritten: Mehrere Verbände und Politiker haben scharfe Kritik daran geübt. Der Grünen-Gesundheitspolitiker Janosch Dahmen begrüßte das Vorhaben zwar grundsätzlich als "notwendig, wirksam und überfällig", gerade mit Blick auf die existenzielle wirtschaftliche Not, in der sich viele Kliniken befänden.
Zugleich sieht er Raum für Verbesserungen. "Ich kann mir vorstellen, dass es in der Ausgestaltung des Gesetzes beispielsweise noch einfacher gemacht werden muss, Kooperationen und Konzentrationen von Krankenhäusern, dort wo sie regional gewünscht und sinnvoll sind, noch leichter zu machen", sagte er.
Keine Absprache mit Ländern
Die Gesundheitsministerinnen von Sachsen-Anhalt, Sachsen und Thüringen kritisierten, wie die Reform zustande kam und den Umgang des Bundesministers mit den Ländern. Lauterbach agiere wiederholt an den Ländern vorbei und finde immer wieder neue Ausreden, erklärten Petra Grimm-Benne, Petra Köpping und Heike Werner. Das sei "ein Affront". Seit den 1990er-Jahren sei im Osten eine weitgehende Transformation der Krankenhauslandschaft geschehen: "Für uns ist daher klar: Alle vorhandenen Standorte werden für die medizinische Versorgung der Menschen in der Fläche benötigt." Die Planungshoheit solle bei den Ländern bleiben.
Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manfred Lucha, der lange die Verhandlungen auf Seiten der Länder geleitet hatte, warf Lauterbach in der "Augsburger Allgemeinen" mehrfachen Wortbruch vor und drohte mit einer Blockade der Gesetzespläne im Bundesrat durch den Vermittlungsausschuss. Der Minister habe bei der Reform "den Weg der Verständigung mit den Ländern verlassen und hält sich nicht mehr an gemeinsame Absprachen", kritisierte Lucha.
Alle 16 Länder-Gesundheitsminister forderten parteiübergreifend Änderungen, fügte Lucha hinzu: "Sollte der Bund die Vorschläge der Länder nicht aufgreifen, ist der Gang in den Vermittlungsausschuss unausweichlich. Und ob Karl Lauterbach dann ein gemeinsames Vermittlungsergebnis noch in seiner Amtszeit als Minister erleben wird, halte ich für fraglich."
Kein wirksames Konzept hat Karl Lauterbach für die schwindenden Einnahmen und steigenden Kosten der Krankenhäuser.
Stiftung Patientenschutz: Unterversorgung auf dem Land spitzt sich weiter zu
Kritik kam auch von der Deutschen Stiftung Patientenschutz. Die Pläne beendeten nicht "die Überversorgung in Ballungszentren und die sich immer mehr zuspitzende Unterversorgung auf dem Land", kritisierte Stiftungs-Vorstand Eugen Brysch in der "Rheinischen Post".
Karl Lauterbach habe kein wirksames Konzept für die schwindenden Einnahmen und steigenden Kosten der Krankenhäuser. Bisher hätten sich Bund und Länder nicht mal auf die erhaltenswerten Kliniken in den ländlichen Regionen verständigt. Dabei sei jetzt ein Bestandsschutz für rund 200 Häuser angezeigt.
dpa/afp(yvo,kar)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 15. Mai 2024 | 13:00 Uhr
kleinerfrontkaempfer vor 24 Wochen
Eine am Bedarf ausgerichtete Versorgung und eine marktwirtsch. organisierte Gesellschaft passen nicht zusammen.#
In der alten, gebrauchten BRD wird seit den 1950 Jahren (!) über eine chronische Unterfinanzierung des Gesundheitswesens diskutiert. Damals u.a. Stichwort "Schwesternmangel".
Seit der Jahrtausendwende dann die Komlettausrichtung zur Fallpauschalenfinanzierung, maßgebend damals ein Hr. Lauterbach. Ergebnis: Massenflucht von Pflegekräften. Nun also Vorhaltevergütungen an Hand vorausgegang. Fallzahlen. Grpße Konzerne u. Kliniken werden profitieren. dagegen sollten "sektorübergreifende" Versorg.einrichtungen helfen. Einige wenige waren im Reformentwurf vorgesehen. Jetzt sind die nicht dabei. Ältere Patienten zwischen Hochleistungsmedizin und einer Behandlung "oberhalb" des ambulanten Niveaus werden es spüren.
Also wieder eine ökonomisch passende Reform. Nach xx Jahren wird alles wieder ganz anders und selbstverständlich besser. Das Schema ist bereits bekannt+erprobt.
Wagner vor 24 Wochen
Es scheint so,dass aus einer Reform eine Scheinreform wird,die das System weiter destabilisiert. Eine Krankenhausreform alleine wird da nicht weiterhelfen.Man muss an ALLES ran : die Krankenkassen —warum so viele?;die ambulante Verorgung und deren Integration ins Gesamtsystem;die Pflege,die weitgehend separat nebenher schwimmt use.. ;die Trennung von gesetzlicher und privater Krankemversicherung muss hinterfragt werden…. Und..und. Nur ein Gesamtpaket bringt die Effekte,die das System braucht.Das Rumwerkeln an einzelnen Bestandteilen bringt wenig bis nichts und verpufft.
Lebeliebelache vor 24 Wochen
Als positiv ist zu bewerten, dass Herr Lauterbach erkannt hat , dass es dringender Veränderungen im Krankenhaussektor bedarf. Die kleinen Kliniken sind oft unwirtschaftlich und man versucht mit allen Mitteln lukrative OP`s und Untersuchungen durchzuführen, was dann oft zum Nachteil des Patienten geschieht. Habe es oft genug erlebt, dass eine „Wald-und Wiesenklinik“ Patienten erst in ein Spezialzentrum verlegt hat, wenn es schon „fast“ zu spät war.
In skandinavischen Ländern ist die Krankenhausdichte viel geringer und die Menschen werden deshalb nicht schlechter versorgt! Generell gehört die Medizin in D auf den Prüfstand. Es wird zu viel Geld am Kranken verdient. Prävention kommt viel zu kurz. Jeder kann etwas für seine Gesundheit tun: gesunde Ernährung, Bewegung, gesunder Lebensstil !