Basketball | Europe Cup "Unfassbar stolz" - Niners Chemnitz auf dem Gipfel
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25. April 2024, 08:51 Uhr
Unglaubliche Dramatik, emotionale Szenen nach dem Europapokal-Triumph: Die Niners Chemnitz holen sich den Pott und versetzen eine ganze Stadt in Ekstase. Geschäftsführer Steffen Herhold glaubte an himmlischen Beistand.
Das Konfetti flog durch die Halle, Freudentränen flossen, und im Kopf von Kevin Yebo lief der Spielfilm dieses denkwürdigen Abends immer und immer wieder ab. "Wir waren tot. Zweimal. Dreimal. Viermal. Wir haben es geschafft zurückzukommen, weil die Jungs die Geilsten sind. Kämpfer", rief Yebo.
"Wir können unfassbar stolz sein"
Die Party war da schon in vollem Gange, die Niners Chemnitz feierten nach einem verrückten und nervenaufreibenden Basketballabend den ersten Titel der Vereinsgeschichte. In der Verlängerung hatten sie den FIBA Europe Cup bei Bahcesehir Istanbul gewonnen, obwohl sie vor mehr als 11.000 lautstarken türkischen Fans 95:105 verloren hatten.
Doch der Vorsprung aus dem Hinspiel (85:74) reichte, auch wenn es zwischenzeitlich so aussah, als hätten ihn Yebo, Kapitän Jonas Richter, Matchwinner Kaza Kajami-Keane und all die anderen Europapokalhelden mehrfach schon verspielt. "Das ist Wahnsinn. Wahnsinn. Wir feiern mit unseren Fans, mit dem Team, mit unseren Freunden", stammelte Richter: "Wir wollten um jeden Preis kämpfen. Wir können unfassbar stolz auf diesen Titel sein."
Niners sechste deutsche Mannschaft mit dem Pott
Verdient haben es sich die Niners, die erst ihre zweite Saison im Europapokal spielten. Zumal deutsche Vereinserfolge auf europäischer Basketballebene nicht an der Tagesordnung sind. Chemnitz triumphierte erst als sechste Mannschaft. Den Europe Cup, den viertwichtigsten kontinentalen Wettbewerb, hatten zuvor der Mitteldeutsche BC (2004) und die Frankfurt Skyliners (2016) gewonnen. Alba Berlin holte den Korac Cup (1995), die BG Göttingen die EuroChallenge (2010) und die Telekom Baskets Bonn die Champions League (2023).
"Haben aus dem Himmel diesen Ball abgewehrt"
Stolz waren alle Chemnitzer auf das Basketballmärchen im 25. Jahr der Vereinsgeschichte, auch, weil es zwischenzeitlich nicht mehr nach einem Triumph ausgesehen hatte. Zur Pause lagen die Niners mit 17 Punkten zurück, kamen wieder und verspielten erneut ein Polster. In der Verlängerung fehlten die "Big Men" nach Fouls - und doch durften die Niners feiern, weil der letzte Istanbuler Wurf nicht fiel.
Geschäftsführer Steffen Herhold hatte dafür eine übersinnliche Erklärung, er dachte dabei an die Lieben, die Trainer Rodrigo Pastore, Spielmacher DeAndre Lansdowne oder auch ihn selbst in Istanbul nicht mehr unterstützen konnten, aber irgendwie doch da waren.
Ich bin dankbar, dass ich das erleben darf. Es war eines der schwersten Basketballspiele.
"Rodrigos Mama, mein Papa, Dreas Mama - da waren so viele heute da, die aus dem Himmel diesen Ball heute abgewehrt haben", sagte Herhold, der nach der Partie mächtig gezeichnet, aber auch mächtig stolz war. "Ich freue, mich, die Emotionen sind so unbeschreiblich, es war so intensiv. Ich bin dankbar, dass ich das erleben darf. Es war eines der schwersten Basketballspiele."
Pastore: "Es ist noch nicht vorbei"
Für Headcoach Rodrigo Pastore war es eine erneute Krönung. Der 51-jährige Argentinier ist im neunten Jahr bei den Niners, schaffte den Aufstieg und jetzt den Sieg im Europacup. Und schaffte es auch, die Mannschaft nach der Niederlage am Sonntag in Göttingen wieder aufzurichten.
"Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Was für ein Spiel. Wir haben Schwierigkeiten gehabt, aber wir fanden unseren Weg. Das ist das Herz der Mannschaft", so Pastore. Und bereits am Samstag geht es in der BBL weiter mit einem Auswärtsspiel in Ludwigsburg. Und das mit Vollgas, denn, so der Coach: "Es ist noch nicht vorbei".
BBL-Geschäftsführer Holz: "Es fügt sich ins Bild"
Auch der Geschäftsführer der Basketball-Bundesliga (BBL), Stefan Holz, war voll des Lobes für die Chemnitzer. Der Titelgewinn sei "für die Liga großartig" und zeige "den gestiegenen Stellenwert. Es fügt sich ins Bild der vergangenen Jahre. Das ist gut, das passt", sagte Holz der Deutschen Presse-Agentur. "Man kann nicht jedes Jahr Weltmeister werden, aber wir sind unter den Top-Basketball-Nationen in Europa angekommen."
Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer gratulierte ebenfalls. "Herzlichen Glückwunsch Jungs, ihr habt Geschichte im Sportland Sachsen geschrieben", schrieb Kretschmer noch in der Nacht im Kurznachrichtendienst X. Der Sieg im Europapokal sei "Wahnsinn und beste Werbung für die Kulturhauptstadt Europas 2025."
Sonntag: Eintrag ins Goldene Buch der Stadt
Erst am Sonntag werden die Niners zurück in Chemnitz erwartet. Dort wird die Mannschaft ab 15 Uhr im Rathaus empfangen und sich ins Goldene Buch der Stadt eintragen. Oberbürgermeister Sven Schulze sprach vorab von einem "historischen Erfolg." Gemeinsam mit den Fans wolle man den Triumph nun "gebührend" feiern.
sid/dpa/spio
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR aktuell | 25. April 2024 | 17:45 Uhr