Martin Michaelis, Pfarrer aus Quedlinburg in Sachsen-Anhalt, spricht bei einer Kundgebung 2 min
Pfarrer Martin Michaelis ist nicht mehr für den Pfarrbereich Gatersleben zuständig. Grund ist seine AfD-Kandidatur. Mehr dazu im Audio. Bildrechte: picture alliance/dpa | Sebastian Willnow
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In Gatersleben hat der Pfarrer Martin Michaelis seine Stelle verloren. Der Kirchenkreis Egeln hat ihm den Pfarrauftrag entzogen, weil er in Quedlinburg über die AfD-Liste für den Stadtrat kandidiert.

MDR SACHSEN-ANHALT Mo 25.03.2024 17:00Uhr 02:12 min

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Gemeinde Gatersleben Kirche sucht neue Stelle für AfD-nahen Pfarrer

26. März 2024, 17:46 Uhr

Die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) sucht eine neue Stelle für den entlassenen Pfarrer Martin Michaelis. Michaelis ist der Pfarrauftrag in Gatersleben entzogen worden – nur wenige Monate, nachdem er diesen übernommen hat. Der Grund: Michaelis kandidiert für die AfD für den Stadtrat in Quedlinburg. Das sei nicht mit den Werten der Kirche vereinbar. Michaelis kritisiert die Entscheidung.

Nachdem der Pfarrer Martin Michaelis aufgrund seiner AfD-Kandidatur den Pfarrauftrag in Gatersleben verloren hat, sucht die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) eine neue Stelle für ihn. Personaldezernent Michael Lehmann sagte am Dienstag, Michaelis könne sich auf eine der ausgeschriebenen Pfarrstellen der Landeskirche bewerben. Seine Kandidatur als Parteiloser für die AfD für den Stadtrat in Quedlinburg mache es aber nicht leichter, "vor Ort Akzeptanz für seinen Einsatz im Pfarrdienst zu finden".

Michaelis verliert Beauftragung in Gatersleben, bleibt aber Pfarrer

Michaelis war zuletzt für den Pfarrbereich Gatersleben im Salzlandkreis zuständig. Wie die Evangelische Kirche in Mitteldeutschland (EKM) mitteilte, hat der zuständige Kirchenkreis Egeln ihm die Beauftragung bereits zum 15. März entzogen. Grund ist demnach, dass Michaelis als parteiloser Kandidat bei der Kommunalwahl am 9. Juni in Quedlinburg für die AfD antritt. Darüber habe er die Landeskirche am 9. März informiert. Michaelis tritt auf Listenplatz drei an.

An Michaelis als Pfarrer wolle die EKM aber festhalten, so Personaldezernent Lehmann auf Anfrage von MDR SACHSEN-ANHALT. "Mir wäre es das Liebste, Herr Michaelis würde seine Kandidatur auf dieser Liste zurückziehen. Dann würde es auch für uns als Evangelische Kirche in Mitteldeutschland leichter werden, für ihn einen angemessenen Auftrag zu bekommen."

EKM: Kandidatur für AfD nicht mit Werten der Kirche vereinbar

"Es ist zwar im Interesse der Kirche, dass sich Pfarrerinnen und Pfarrer auch politisch engagieren, dies gilt jedoch nicht für das Engagement in Parteien, die verfassungsrechtlich fragwürdige Positionen einnehmen", erklärte Lehmann. Dass Michaelis mit seiner Kandidatur das Gedankengut der AfD unterstütze, sei nicht mit den Werten der EKM und dem Amt des Pfarrers vereinbar.

Im aktuellen Wort zum Wahljahr der EKM heißt es unter anderem: "Die Positionen extremer Parteien wie die des III. Weges, der Partei Heimat oder der AfD können wir nicht akzeptieren."

Ein Stimmzettel wird in eine Wahlurna geworfen. 1 min
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Es ist zwar im Interesse der Kirche, dass sich Pfarrerinnen und Pfarrer auch politisch engagieren, dies gilt jedoch nicht für das Engagement in Parteien, die verfassungsrechtlich fragwürdige Positionen einnehmen.

Michael Lehmann Personaldezernent der EKM

Sachsen-Anhalts Verfassungsschutz hat den Landesverband der AfD im vergangenen November als "gesichert rechtsextreme Bestrebung" eingestuft. Laut Leiter Jochen Hollmann hatte die Behörde den Landesverband seit Januar 2021 als Verdachtsfall intensiv geprüft. Dieser habe "nicht nur weiterhin verfassungsfeindliche Positionen" vertreten, sondern sich seit der Corona-Pandemie weiter radikalisiert. Auch in Thüringen und Sachsen wird die AfD als "erwiesen rechtsextremistisch" eingestuft.

Michaelis fordert "ordentliche Auseinandersetzung"

Michaelis bezeichnete die Entscheidung als Fehler. Er erklärte auf Anfrage von MDR SACHSEN-ANHALT, die Landeskirche habe ihn vor die Wahl zwischen Pfarramt oder Mandat gestellt. Das sei eine Wahl, an der er nicht teilnehmen wolle – und die er für ungesetzlich halte. Ob er juristisch dagegen vorgeht, überlege er noch.

Michaelis sagte der Agentur KNA: "Das Pfarrdienstgesetz sieht ausdrücklich vor, dass wir für Kommunalwahlen und andere Wahlen kandidieren dürfen." Der Nachweis, dass dies aus Illoyalitätsgründen nicht möglich sein solle, sei bisher nicht erbracht worden. Michaelis verlangte laut KNA "eine ordentliche Auseinandersetzung".

Michaelis bereits wegen Position zu Corona-Pandemie in der Kritik

Den Pfarrbereich Gatersleben hatte Michaelis erst im vergangenen November übernommen. Zuvor war er viele Jahre lang als Pfarrer im thüringischen Steinach tätig, betreute allerdings zeitweise keine Gemeinde, weil er als Personalvertreter bei der EKM die Pfarrschaft in Berufsfragen vertrat.

Er ist in die Kritik geraten, nachdem er sich während der Corona-Pandemie öffentlich gegen staatliche und kirchliche Infektionsschutzregeln positionierte. Nach Informationen von MDR THÜRINGEN hat er mehrfach auf Veranstaltungen des "Querdenker"-Milieus gesprochen.

Im April 2022 wählte der Thüringer Pfarrverein Michaelis nach fast 20 Jahren als Vorsitzenden ab. Ende September 2023 schied er aus dem Vorstand des Verbands evangelischer Pfarrerinnen und Pfarrer aus. Michaelis selbst sagte MDR THÜRINGEN im vergangenen Herbst, er habe rückblickend "nichts falsch gemacht". Auch ein Disziplinarverfahren der EKM habe keine Verfehlungen festgestellt. Die EKM bestätigte, dass ein solches Verfahren eingestellt worden sei, ohne aber Ergebnisse zu nennen.

MDR (Lars Frohmüller, Maren Wilczek), epd, kna, dpa | Erstmals veröffentlicht am 25.03.2024

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | MDR SACHSEN-ANHALT | 25. März 2024 | 18:00 Uhr

723 Kommentare

AlexLeipzig vor 4 Wochen

Ralf, das mag Ihre Meinung sein und die der Afd, die deshalb aber noch lange nicht zutreffen muß. Ich halte da meine eigene Wahrnehmung, die sich mit den Veröffentlichungen der Medien und Behörden decken, für glaubhafter.

Ralf G vor 4 Wochen

AL - Mit dem Innenleben der Partei kenne ich mich nicht aus. Sollten Ihre Erkenntnisse vom VS kommen, der hat einen politischen Auftrag.

Ich orientiere mich daran, was die AfD z.B. in Sachen Migration fordert. Und da kann ich nichts rassistisches finden.
Ist es völkisch-rassistisch, wenn man als Einheimischer nicht zukünftig in einem islamisierten Land leben möchte. Der Weg dahin ist nicht mehr weit. Sehen Sie sich mal die Zusammensetzung der bis 18jährigen in den großen Städten an.
Die Linken und Grünen arbeiten daran, dass es noch schneller geht.

Anita L. vor 4 Wochen

Weiter im Grundsatzprogramm der AfD: Die Forderung, bereits bei Verdacht Personen mit nichtdeutschem Pass auszuweisen, widerspricht dem Grundsatz der deutschen Gesetzgebung (auch Frau Faeser bekam für eine solche Forderung erhebliche berechtigte Kritik - hier steht sie im Parteiprogramm). "Der Islam gehört nicht zu Deutschland" muss nicht besonders erklärt werden; lesen Sie dazu am besten Lessings "Nathan". Der Islam wird in Generale als verfassungsfeindlich dargestellt, was ein eindeutiger Verstoß sowohl gegen die Realität als auch gegen die Religionsfreiheit darstellt. Das Wort "Migration" oder "Migrant" wird wie "ausländisch" hauptsächlich in negativer und abwertender Weise verwendet; Frauen werden auf ihr "Gebärverhalten" reduziert und dabei zwischen "muslimisch" und "deutschstämmisch" unterschieden - eine faschistoide Unterscheidung zwischen angeblicher ethnischer (deutschstämmisch) und religiöser (muslimisch) Herkunft.
Das also nur aus dem Programm...

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