Radweg am Leipziger Innenstadtring
Die Markierungsarbeiten für die Fortführung des Radweges vom Hauptbahnhof bis zur Löhrstraße haben begonnen. Je nach Witterung werden diese nach Angaben der Stadt fortgesetzt. (Archivbild) Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Bilanz Neuer Radweg am Hauptbahnhof Leipzig: Kam es zu den prophezeiten Staus?

30. Oktober 2023, 07:00 Uhr

Künftig soll der gesamte Innenstadtring in Leipzig mit dem Fahrrad befahrbar sein. Für den Fahrradweg und eine Taxispur mussten im April zwei Autospuren vor dem Hauptbahnhof weichen. Die Empörung bei vielen Autofahrern und Autofahrerinnen war damals groß. Einige Kritiker bleiben bei ihrer Meinung. Andere sprechen von mehr Sicherheit für Fußgänger, Rad- aber auch Autofahrer.

Im April dieses Jahres sind ein Radfahrstreifen und ein Taxistreifen vor dem Leipziger Hauptbahnhof neu angelegt worden. Dafür mussten zwei Autospuren weichen. Von einigen Politikern und Wirtschaftsvertretern wurden bereits im Vorfeld deutlich mehr Staus prophezeit. Leipzigs Baubürgermeister Thomas Dienberg (Grüne) hat nach einem halben Jahr eine positive Bilanz gezogen.

Analysen des Verkehrs- und Tiefbauamtes hätten ergeben, dass sich die Mengen an Autos vor dem Hauptbahnhof nicht wesentlich verändert hätten. Lediglich die Durchschnittsgeschwindigkeit auf den zwei verbliebenen Fahrspuren habe sich von 49 auf 34 Kilometer pro Stunde verringert. Dienberg sagt aber auch: "Es gibt an der ein oder anderen Stelle zu Hauptverkehrszeiten einen verlängerten Rückstau. Der wird aber nicht als negativ wahrgenommen."

Die Empörung unserer Betriebe ist groß.

Volker Lux Geschäftsführer der Handwerkskammer Leipzig

Autos weichen auf Nebenstraßen aus

Das sieht der Geschäftsführer der Handwerkskammer (HWK) Leipzig, Volker Lux, anders. Es sei genau das eingetreten, was die Kammer befürchtet hatte. Staus vor dem Hauptbahnhof gebe es zwar selten, dafür aber Rückstaus in die Brandenburger Straße hinein. Autofahrer würden nun etwa auf die Poeche- und Dohnanyistraße ausweichen. "Viele Autofahrer versuchen diesen Bereich zu meiden", sagt Lux. Besser sehe es nicht bei der Fortführung des Radwegs auf dem Innenstadtring bis zur Löhrstraße aus. "Dort gibt es jetzt schon arge Rückstaus. Diese Verkehrsader muss ihren Zweck überfüllen."

HWK-Chef Lux bezweifelt inzwischen, dass der Innenstadtring als Hauptverkehrsader des innerstädtischen Verkehrs in Leipzig seiner Funktion in Zukunft noch nachkommen kann. "Die Empörung unserer Betriebe ist groß." Die Stadt sollte weitere bauliche Tatsachen abwarten, bis ein Masterplan feststeht, der den Verkehrsplan für Leipzig bis zum Jahr 2030 beinhalten soll. Lux nennt dafür einen weiteren Grund: Er wisse von einem Unternehmen, dass Widerspruch gegen den Fahrradstreifen vor dem Leipziger Hauptbahnhof eingelegt habe. Die Stadt solle den Ausgang dieses Verfahrens abwarten, bevor weiter gebaut wird.

CDU-Stadträtin: Für Fußgänger nichts verbessert

Die CDU-Stadträtin Sabine Heymann spricht ebenfalls größere Staus an. Die gebe es bis zur Brandenburger Brücke, besonders zu Stoßzeiten des Arbeiterverkehrs. Sie verstehe nicht, wie das Tiefbauamt zu seinen Ergebnissen kommt. Den vorherigen Radweg als solchen zu belassen, wäre eine optimalere Lösung gewesen, sagt Heymann. Denn: "Für die Fußgänger hat sich nichts verbessert." Da der neue Radfahrstreifen nur in eine Fahrtrichtung führt, würden Radfahrer nach wie vor auf den Fußweg ausweichen, um in die Gegenrichtung zu fahren.

Sicherer für Autos, Radfahrer und Fußgänger

Daniel Obst von der Bürgerinitiative Verkehrswende Leipzig beurteilt das anders. "Dem Ziel, die Verkehrssicherheit zu erhöhen, ist man deutlich nähergekommen", sagt Obst. Durch den neuen Radfahrstreifen sei die Verkehrssituation auch für Autofahrer übersichtlicher und sicherer geworden. "Die oft riskanten Spurwechsel über mehrere Fahrstreifen entfallen", erklärt er. Wegen der engeren Fahrbahn hätten es Raser zudem schwerer. Die Rückstaus in die Brandenburger Straße habe es schon zuvor gegeben, so Obst: "Der Stau ist also kein neues Phänomen."

MDR (phb,ltt)

58 Kommentare

Toleranz vor 26 Wochen

Mehr Toleranz würde hier allen bei der Diskussion helfen. Ich fahre in der Stadt 20% Auto,10% Bahn und 60% Rad. Die Diskussion Radfahrer gegen Autofahrer nützt niemandem und ist niveaulos. Radfahrer brauchen Radwege möglichst getrennt vom Autoverkehr in einem eigenen Wegenetz. So etwas lässt sich umsetzen indem Strassen zur Einbahnstrasse oder zur kompletten Radnutzung umgenutzt werden. Gleichzeitig ist es nicht der richtige Weg das Autostrassennetz durch Spurreduzierung seiner Funktion zu berauben. Das was hier am Ring mit den grünen Streifen gemacht wurde ist für mich billige Symbolpolitik. Ich habe selbst die grünen Streifen mit dem Rad getestet aber sie stellen keinen Vorteil dar. Der Radfahrer soll sich auf Höhe Rathaus zwischen die Autos einordnen und auf dem Ring mehrspurig links abbiegen. Wer denkt sich sowas aus. Der Ring lässt sich prima durch die Radstrasse Dietrichring in beiden Richtungen fahren und das ohne Ampel. Der grüne Streifen sollte wieder an die Autos gehen.

emlo vor 26 Wochen

Meines Erachtens hat sich die Handwerkskammer bzw. Herr Lux den falschen "Feind" auserkoren. Nicht der Radweg bzw. die Radfahrer sind das Problem, sondern die zu große Anzahl an PKWs in der Innenstadt. Der Wirtschaftsverkehr (inkl. Handwerker) könnte problemlos fließen, wenn insbesondere die Anzahl der Pendler-PKW (in der Regel mit nur einer Person besetzt) in der Innenstadt drastisch reduziert würde. Dafür benötigt man allerdings auch einen gut ausgebauten öffentlichen Nahverkehr und ausreichend Pendlerparkplätze am Stadtrand.

radograph vor 26 Wochen

Wenn sich die Anzahl der KFZ (Analyse VTA) nicht wesentlich verändert hat, wird kaum nennestwert Verkehr in die Poechestraße und Donahnystraße ausweichen. Das wäre auch höchst unlogisch, da keine von beiden eine Alternative zu den in Richtung Westen führenden Fahrspuren vor dem Hauptbahnhof bietet. In diese Richtung gibt es gar keine Nebenstraßen in der Nähe, auf die man ausweichen könnte. Einzig eine weiträumige Umfahrung über andere Hauptstraßen erschiene sinnvoll, findet der VTA-Analyse nach aber auch nicht nenneswert statt. Hier versucht Herr Lux offenbar, mit einer Behauptung Stimmung zu machen.

Ebenso ist es befremdlich, dass, wie von Frau Heymann behauptet, die Reduktion des Radverkehrs auf dem Fußweg um etwa 50% keine Verbesserung für den Fußverkehr darstellen soll. Spätestens mit der bis Herbst 2024 angekündigten Nutzung des Radverkehrsstreifens im Zweirichtungsverkehr sollte der Vorteil der Trennung offensichtlich sein.

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