Bei MDR KLASSIK nachhören Richard Wagners "Der Ring des Nibelungen" mit der Dresdner Philharmonie unter Marek Janowski
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05. Januar 2023, 10:55 Uhr
Leipzig und Bayreuth hatten ihn im Sommer, Berlin und Dresden haben ihn im Repertoire, Stuttgart und Coburg basteln noch daran: Richard Wagners "Ring des Nibelungen" ist omnipräsent. Dennoch entschied sich die Dresdner Philharmonie für eine (anfangs nur mäßig besuchte) konzertante RING-Aufführung im Herbst. MDR KLASSIK und MDR KULTUR sendeten die Tetralogie am 27.12., 28.12., 29.12. und 30.12., jeweils ab 19:05 Uhr. Zudem stehen die Aufnahmen zum Nachhören zur Verfügung.
Rezension: "Der Ring der Nibelungen" in Dresden
Als die letzten Töne am Ende der Götterdämmerung verklungen waren, hielt Marek Janowski die Spannung gefühlt eine Ewigkeit – dann brach Jubel aus. Was war geschehen? Die Dresdner Philharmonie hatte sich an einen kompletten "Ring"-Zyklus gewagt, den ersten in ihrer 150-jährigen Geschichte.
Tetralogie innerhalb weniger Wochen geprobt
Intendantin Frauke Roth wollte das künstlerische Mammut-Projekt ursprünglich im Jahr des Orchester-Jubiläums 2020 umsetzen. Dann kam Corona. Nun wurde die Tetralogie binnen weniger Wochen geprobt und aufgeführt: Ein Kraftakt für alle Beteiligten, sechzehn Stunden Wagner konzertant.
Um ehrlich zu sein: Ich kann dieser Aufführungs-Form nur bedingt etwas abgewinnen, da Wagners Ideen-Drama meines Erachtens nach szenischer Neu-Interpretation verlangt. Und wenn schon so, hätte dann nicht eine Untertitelung einmal die Chance geboten, das Libretto des Dichter-Komponisten mit zu verfolgen? So blätterte ich (wie etliche andere) Seite um Seite im halbdunkeln um.
Mitten in Wagners "Maschinenraum"
Dessen ungeachtet hat die Idee, einmal im "Maschinenraum" eines Wagner-Orchesters miterleben zu können, wie diese grandiose Theatermusik fabriziert wird, auch etwas Faszinierendes. Wenn die Konzertbühne mit gut 100 Musikerinnen und Musikern zum Bersten gefüllt ist (die 18 Ambosse im "Rheingold" und der Chor in der "Götterdämmerung" wurden extra auf der Orgel-Empore platziert), wenn Klangmassen auf das Feinste geschichtet und Leitmotive glasklar strukturiert werden – wenn all das ineinandergreift, hört man sehend zum Teil mit Erstaunen neu.
Etwas mehr Emotionen, bitte!
Und auch diese Erfahrung konnte man beim Dresdner "Ring" machen: Er hätte zuweilen noch etwas mehr an Innenspannung und Emotionen vertragen, auch und gerade weil Janowskis 80er-Jahre "Ring"-Aufnahme legendär ist. Diese Aufführung leitete der 83-Jährige allerdings auch erkältungsgeplagt.
Das Solistenensemble war, mit wenigen Abstrichen, Bayreuth-würdig und teilweise auch ohne Szene sänger-darstellerisch überragend: Catherine Foster als Brünnhilde, Jochen Schmeckenbecher (Alberich), der kurz vor knapp in die "Götterdämmerung" eingesprungene Michael Kupfer-Radecky (Gunther), mit einigen Abstrichen auch Vincent Wolfsteiner (Siegfried) und weitere.
Ein Gewinn für die Kunst
Finanziell war das alles andere als ein Überflieger-Ring und es gibt viele Gründe dafür. Künstlerisch gesehen aber ist und bleibt es ein Gewinn: Für die Philharmonie, der sich diese Erfahrung in die Orchester-DNA eingeschrieben haben dürfte. Für das Musikleben der Wagner-Stadt Dresden, der damit neue Perspektiven eröffnet wurden und: Für das Publikum, das mitunter lange Wege auf sich nahm, um Richard Wagners (leider) ewig aktuelle Geschichte von Macht und Machtmissbrauch, vom Raubbau an der Natur und brutalen Kämpfen um die Vorherrschaft in einer Gesellschaft, vor allem aber um Marek Janowski noch einmal mit einem Ring-Dirigat erleben zu können.
MDR Kultur und MDR Klassik sendeten die RING-Tetralogie zwischen dem 27. und 30. Dezember 2022 jeweils ab 20.05 Uhr.
Dieses Thema im Programm: MDR KLASSIK | MDR KLASSIK am Morgen | 16. Oktober 2022 | 13:10 Uhr