Schleppender ProzessIfo-Institut fordert schnelle Digitalisierung der Verwaltung

28. März 2025, 06:43 Uhr

Nur ein Drittel der Behördengänge werden online angeboten – eigentlich sollten es schon viel mehr sein. Das Dresdner Ifo-Institut und die Gewerkschaft Verdi haben deshalb mehr Tempo bei der Digitalisierung der Verwaltung gefordert. Die Kosten der öffentlichen Verwaltung würden sonst immer weiter steigen. Sachsens Beauftragte für Informationstechnologie, Daniela Dylakiewicz, fordert mehr Investitionen in Software und Schulungen.

Daniela Dylakiewicz hat einen komplizierten Job übernommen. Sie soll Sachsens Verwaltung digitalisieren. Erste Fortschritte, betont die neue Beauftragte für Informationstechnologie, gebe es schon – dank ihres Vorgängers. So könne man im Freistaat Elterngeld und Wohngeld online beantragen, Autos an- und ummelden. Und es gebe den digitalen Bauantrag.

In den nächsten Jahren wolle man die Verwaltungsleistungen mit der "BundID" für Bürgerinnen und Bürger und mit "Mein Unternehmenskonto" für die Unternehmen einfacher beantragbar machen, sagt Dylakiewicz. "Das ist im Grunde ein weiterer Schritt hin zu einer sicheren und einfachen Bürger-Unternehmens-Kommunikation."

Das Thema drängt. Ursprünglich wollte die Bundesregierung bis Ende 2022 alle Behördengänge online anbieten. Tatsächlich funktioniert das heute nur bei einem reichlichen Drittel. Bund, Länder und Kommunen haben sich viele Jahre in Zuständigkeiten verzettelt, über Software-Standards gestritten.

Digitalisierung von Unternehmen deutlich weiter

Dabei wäre eine digitale Verwaltung wichtig, sagt der Leiter des Dresdner Ifo-Instituts Marcel Thum: "Weil uns sonst die Kosten der öffentlichen Verwaltung enorm über den Kopf wachsen."

Thum erklärt, in der Wirtschaft, bei den Unternehmen, seien viele Arbeitsschritte längst digitalisiert. Dort sei die Effizienz gestiegen. Entsprechend stiegen die Löhne.

Doch wenn Angestellte in Unternehmen mehr verdienen, fordere die Gewerkschaft das auch für die Verwaltung. Deswegen steigen Thum zufolge auch dort die Arbeitskosten: "Aber die Produktivität geht nicht im selben Maße hoch, wenn wir nicht digitalisieren."

Die Leistung pro Bearbeitung eines Antrages nehme dann zu: "Wir müssen immer mehr pro bearbeiteten Antrag zahlen. Das werden wir uns auf Dauer nur schwer leisten können."

Baldiger Renteneintritt vieler Verwaltungsangestellter

Bei der Gewerkschaft Verdi sieht man das tatsächlich nicht viel anders. Fachgruppenleiterin Catharina Schmalstieg betont, viele Verwaltungsangestellte wären froh, wenn eine gute Digitalisierung ihnen monotone Arbeit abnehmen würde. Wo Tätigkeiten wegfallen, könne man Betroffene umschulen.

Außerdem gingen in den nächsten zehn Jahren ein Drittel der Beschäftigten in den Ruhestand, sagt Schmalstieg. "Wir wünschen uns, dass bis dahin noch genügend Menschen da sind, um diese Prozesse einzuführen. Es wird keine menschenlose Verwaltung geben. Auch das digitale Verfahren muss im Zweifel bedient und erklärt werden."

Neues Ministerium in für die Digitalisierung

In Berlin will Friedrich Merz die Sache vorantreiben. Der wahrscheinliche Kanzler erwägt die Gründung eines Ministeriums für Digitalisierung. Das hat dereinst auch die Ampel-Regierung geplant, die Idee aber wieder verworfen.

Für solch ein Ministerium spreche, dass man dem Thema Gewicht gäbe, sagt die Verwaltungswissenschaftlerin Thurid Hustedt. Allerdings nehme die Schaffung eines neuen Ministeriums auch sehr viel Zeit in Anspruch: "Das ist nicht von heute auf morgen gemacht. Man muss ein Ressort aus bestehenden Ressorts bestücken: Aufgaben und Personal verlagern. Dort wieder Prozesse etablieren." Womöglich wäre eine ressortübergreifende Digital-Agentur wie in Dänemark besser, sagt Hustedt.

Einig sind sich alle, dass eine digitale Verwaltung auf lange Sicht Geld spart. Erst einmal, betont Sachsens Amtschefin Dylakiewicz, werde man aber investieren müssen: in Software und Schulungen fürs Personal.

Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 28. März 2025 | 06:22 Uhr

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