Nachhaltigkeit bei LebensmitteldiscounternAldi will mit Rücksicht aufs Tierwohl Boden auf die Konkurrenz gutmachen
Aldi will bei Fleisch und Wurstwaren mehr auf das Tierwohl achten. Experten schätzen ein, dass man so wieder mehr Kunden gewinnen wolle. Die Fleischwirtschaft befürchtet höhere Kosten.
- Den Anteil von Wurst und Fleisch aus schlechteren Haltungsformen möchte Aldi in Zukunft reduzieren.
- Die "Ernährungstranformation" sei ein langer Prozess, sagt eine Sprecherin.
- Der Verband der Fleischwirtschaft fürchtet höhere Kosten, die schwer an Kunden weiterzugeben seien.
- Aldis Kurswechsel hin zu mehr Nachhaltigkeit liegt vor allem an sinkenden Umsätzen, schätzen Experten ein.
Schweinerouladen gibt es bei Aldi zurzeit im Angebot für 5,99 Euro. Groß prangt auf der Verpackung ein Tierwohl-Label – das liest sich gut. Wer genauer hinschaut, entdeckt auf den Rouladen aber noch mehr, etwa die Angabe "Haltungsform zwei".
Kein Tierwohl bei niedrigen Haltungsformen
Das bedeutet, ein Schwein hat im Stall 0,8 Quadratmeter Platz. Auslauf gibt es nicht, Tageslicht oder frische Luft auch nicht. Gentechnik, Kastration, das Abschneiden von Ringelschwänzen, all das ist erlaubt. Und dabei liegt diese Haltungsstufe schon leicht über der gesetzlichen Mindestanforderung.
Der Discounter Aldi will nun handeln, erklärt Julia Adou, Nachhaltigkeitsmanagerin bei Aldi Süd: "Der Kunde wird bei uns perspektivisch immer mehr in Haltungsformen drei und vier finden, und immer weniger in eins und zwei, bis wir die schlechteren Haltungsformen für unser Sortiment abschaffen können."
Haltungsform zwei: Verschwunden bis 2030
Bis 2030 soll die Haltungsform zwei ganz aus den Aldi-Regalen verschwinden. "Die Transformation der Landwirtschaft ist ein sehr langwieriger Prozess und genauso die damit einhergehende Transformation der Ernährung. Insofern sind wir sehr strategisch und vorbeugend unterwegs."
Vier Stufen gibt es bei den Haltungsformen, je höher, desto besser die Bedingungen, in Stufe vier darf das Schwein auch mal raus, an die frische Luft. Tierschützer kritisieren die Haltungsstufen, da die Unterschiede streng genommen marginal seien.
Verband der Fleischwirtschaft fürchtet Kostenanstieg
Dennoch dürfte es Folgen für die Landwirtschaft haben, wenn nun Aldi sein Sortiment umstellt: Denn schon ab Stufe drei müssen zum Beispiel Fenster in Ställe eingebaut werden. Heike Harstick vom Verband der Fleischwirtschaft befürchtet höhere Kosten: "Es ist natürlich ein großer Schritt, ein sehr großer Schritt, bisher ist er nur in kleinen Nischen gelungen, wie im Bio-Bereich."
Das liege daran, dass die zusätzlichen Kosten nur schwer an die Verbraucher ranzutragen seien, beziehungsweise nur wenige Verbraucher bereit seien, einen höheren Preis für mehr Tierwohl zu zahlen, sagt Heike Harstick.
Schrumpfende Umsätze führen zu Kurswechsel
Während in der Coronakrise die Konkurrenz profitierte, verzeichnete Aldi schrumpfende Umsätze. Teil von Aldis Strategie scheint es zu sein, vermehrt auf Markenware und bessere Qualität zu setzen – und damit zwangsläufig auch höhere Preise. So wie bei den Backwaren, die bei Aldi Süd schon länger von regionalen Bäckern stammen. Das beobachtet auch Dieter Brandes, selbst früher Aldi-Manager.
Er glaubt, dass die Aldi-Kunden mehr Nachhaltigkeit wollen. Und dass Fleisch aus besserer Haltung daher angenommen wird. Dennoch sei Aldi hinterher, so Brandes, aber: "Inzwischen glaube ich, dass sie mehr und mehr reagieren." In den letzten Jahren seien andere Discounter, zum Beispiel Lidl, oft sehr weit voraus gewesen. Ob und wie sehr Fleisch und Wurst bei Aldi dadurch in Zukunft teurer werden, ist noch unklar.
Dieses Thema im Programm:MDR AKTUELL RADIO | 11. Februar 2023 | 06:00 Uhr
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