Chiphersteller mit neuem StandortDie wichtigsten Fragen und Antworten zu Intel in Magdeburg

16. Januar 2025, 15:27 Uhr

Magdeburg soll Standort der neuen Fabrik des Chipherstellers Intel werden – doch der Bau liegt vorerst auf Eis. Hier finden Sie Antworten auf die wichtigsten Fragen zur Ansiedlung am Gewerbegebiet Eulenberg: zum vorläufigen Baustopp, zur Krise bei Intel, zu Arbeitsplätzen, ICE-Verbindung und zur Kritik an dem Halbleiterwerk.

Es wäre die größte Firmen-Ansiedlung Sachsen-Anhalts seit der Wende: Die Landeshauptstadt Magdeburg soll Standort für die zwei Halbleiter-Fabriken von Intel werden. Im September 2024 allerdings der Rückschlag: Der Chiphersteller erklärte damals, dass das Bauvorhaben vorerst auf Eis liegt.

Intel stoppt Baupläne in Magdeburg vorerst – steht die Chipfabrik vor dem Aus?

Im September 2024 hat Intel angekündigt, den Fabrikbau in Magdeburg vorerst zu stoppen. Nach Angaben des damaligen Intel-Chefs Pat Gelsinger soll sich das Projekt voraussichtlich um etwa zwei Jahre verzögern.

Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Sven Schulze (CDU) rechnet aber weiter mit einer Intel-Ansiedlung in Magdeburg. Intel halte, wenn auch mit einer zeitlichen Verzögerung, weiter an dem Projekt fest. "Das ist für uns alle eine wichtige Nachricht", erklärte Schulze.

Warum stoppt Intel den Bau in Magdeburg?

Grund für die Verzögerungen sind nach Angaben des Unternehmens wirtschaftliche Schwierigkeiten beim Chiphersteller und ein eingeleiteter Sparkurs.

Im dritten Quartal 2024 fuhr der Konzern einen Milliardenverlust ein. Analysten rechnen mit weiteren roten Zahlen. Der damalige Intel-Chef Pat Gelsinger steuerte gegen und kündigte Anfang August den Abbau von rund 15.000 Arbeitsplätzen an. Das sind etwa 15 Prozent der Belegschaft. Insgesamt sollen in diesem Jahr mehr als zehn Milliarden Dollar eingespart werden. Medien berichteten auch darüber, dass Fabrik-Projekte möglicherweise aufgegeben werden könnten.

Wirtschaft und Universität – Was bedeuten die Intel-Pläne für Magdeburg?

"Derzeit müssen wir Unternehmen absagen, die sich gern in Magdeburg ansiedeln möchten", sagt die Wirtschaftsbeigeordnete der Stadt, Sandra-Yvonne Stieger, der Deutschen Presseagentur. Insgesamt habe es rund 30 Anfragen anderer Unternehmen mit Bezug auf Intel gegeben, 27 weitere Anfragen seien es ohne Intel-Bezug gewesen in den vergangenen zwei Jahren. Aber die Stadt habe keine größeren Gewerbeflächen mehr. Die Stadt hat zwar ein Vorkaufsrecht auf den Rückkauf der Fläche, aber das Filetstück, das Industriegebiet "Eulenberg" mit 380 Hektar, gehört Intel.

Der geplante Hightech-Park mit Intel als Kern soll trotz der Pause weiter entwickelt werden. "Wir haben nicht vor, zwei Jahre lang zu warten", sagt auch Sachsen-Anhalts Wirtschaftsminister Sven Schulze (CDU). Man hoffe weiter auf Intel, sei aber im internationalen Wettbewerb. Die Flächen des Hightech-Parks würden daher auf Messen weiter angeboten.

Für die Universität hat es vor allem finanzielle Auswirkungen. Intel habe für den Aus- und Aufbau der Studienangebote und der Reinraumstrukturen finanzielle Mittel zugesagt, die jetzt wegfielen, sagte Universitätssprecherin Katharina Vorwerk der Deutschen Presseagentur. Dennoch würden die Bemühungen in Richtung der Mikrotechnologie grundsätzlich fortgesetzt: "Weil die Uni Magdeburg im Bereich der Halbleiter, ob mit Intel oder ohne, ein zukunftsträchtiges Feld sieht." Die Hochschule ist inzwischen Teil eines bundesweiten Verbundprojekts für ein Halbleiter-Netzwerk. 

Wann ist Baubeginn der Intel-Fabrik am Standort Eulenberg?

Das ist derzeit unklar. Intel erklärte, der Bau verzögere sich voraussichtlich um etwa zwei Jahre. Zuletzt war ein Spatenstich Ende des vergangenen Jahres erwartet worden. Durch die angekündigte Verschiebung ist mit einem möglichen Baubeginn damit wohl frühestens im Laufe des Jahres 2026 zu rechnen.

Intel hatte zuvor erklärt, man sei noch in der Planungsphase und warte auf Genehmigungen. Die Genehmigung zum Bau erteilte das Landesverwaltungsamt derweil Anfang September 2024. Jedoch ist weiterhin die Genehmigung des Fördermittel-Antrags durch die EU-Kommission offen. Im August 2024 hatte es bereits den symbolischen ersten Spatenstich für die Zufahrtsstraßen gegeben.

Ursprünglich war der Baubeginn der Chip-Fabrik bereits für das erste Halbjahr 2023 vorgesehen. Durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine und anhaltende Verhandlungen über die Subventionshöhe verzögerte sich der Start jedoch. Anfang Januar 2023 hatten bereits die archäologischen Untersuchungen auf der Fläche begonnen, die im Juni 2024 mit spannenden Funden abgeschlossen wurden.

Wie viele Arbeitsplätze sollen mit dem Intel-Werk entstehen?

Die Dimensionen der geplanten Fabrik sind enorm: Der ehemalige Intel-Chef Gelsinger sprach von rund 10.000 neuen Jobs, die rund um den riesigen Fabrik-Komplex entstehen sollen. Die Investitionssumme in Magdeburg liegt nach Angaben von Intel bei 30 Milliarden Euro (Stand: Juni 2023), europaweit sollen 80 Milliarden Euro investiert werden (Stand: März 2022).

Gibt es schon Stellenangebote für die Chipfabrik von Intel?

Intel hatte zuletzt über sein Job-Portal Azubis für den Standort Magdeburg gesucht – und zwar für die Mikrotechnologie-Ausbildung. Im Januar 2023 waren nach Angaben des Unternehmens mehr als 20 Stellen für Fachkräfte ausgeschrieben. Im September 2024 waren keine freien Stellen auf der Homepage verfügbar.

Nachdem Intel den Baustart der Chipfabrik verschoben hat, habe auch die Regionaldirektion der Arbeitsagentur erst einmal die Stand-by-Taste gedrückt. Das sagt der Chef der Regionaldirektion, Markus Behrens. "Wir haben mit der Ausbildung im Bereich der Mikrotechnologie begonnen, das läuft erstmal weiter, aber wir werden sicherlich nicht im nächsten Jahr weitere Auszubildende beginnen lassen." Auch im Bereich der Qualifizierung werde man erst einmal nicht einsteigen, weil es den Bedarf zunächst nicht gebe. "Aber wir gehen davon aus, dass es auf dem Gelände um Intel herum weitere Investitionen und Investoren gibt."

Wo ist der Standort der neuen Chipfabrik?

Magdeburg ist mit dem Industriegebiet "Eulenberg" südlich der Autobahn 14 in die Verhandlungen gegangen und konnte sich damit durchsetzen. Dort haben auch schon erste vorbereitende Baumaßnahmen begonnen. Von der geplanten Ansiedlung erhoffen sich auch umliegende Orte Vorteile. Die Stadt Gommern im Jerichower Land etwa will den Industriepark an der B184 bei Karith erweitern. Die Flächen des Industrieparks sollen um rund sieben Hektar vergrößert werden.

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Bekommt Magdeburg mit der Intel-Fabrik auch eine ICE-Verbindung?

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hatte nach Bekanntwerden der Ansiedlungs-Pläne eine bessere ICE-Anbindung der Landeshauptstadt gefordert. "Die Bundesregierung steht hinter diesem europäischen Investment", sagte der CDU-Politiker. Demzufolge müsse sich die Deutsche Bahn "auch eintakten lassen in dieses Gesamt-Geschehen". Haseloff sagte weiter: "Davon gehen wir aus, das ist besprochen mit dem Bund, und das muss uns gelingen."

Allerdings scheint die Umsetzung dieser Forderung Schwierigkeiten zu bereiten. Im für 2030 geplanten Deutschland-Takt sind für Magdeburg zweierlei Verbindungen im Fernverkehr geplant: nach Berlin sowie zwischen Bremen und Chemnitz. Allerdings sieht der Entwurf dabei keine ICE-Hochgeschwindigkeitszüge vor. 

Im Fernverkehr ist Magdeburg überwiegend per Intercity erreichbar. Seit vielen Jahren gibt es Forderungen nach schnelleren Verbindungen.

Wieso will Intel in Magdeburg eine neue Chipfabrik bauen?

Pläne für die neue Fabrik gibt es seit dem Frühjahr 2021. Damals hatte Intel-Chef Gelsinger Gespräche mit europäischen Staatschefs über mögliche Investitionen geführt. Hintergrund ist, dass Intel in Europa ein Gegengewicht zu seinen Standorten in den USA und Asien schaffen möchte. Die internationalen Probleme bei Zulieferung und Logistik bekommt auch der Chiphersteller zu spüren. Intel möchte seine Präsenz in Europa daher ausbauen und plant, verschiedene Standorte in Betrieb zu nehmen, die unterschiedliche Ausrichtungen haben. Durch die wirtschaftlichen Schwierigkeiten des Konzerns sind die Pläne allerdings vorerst auf Eis gelegt.

Welche Kritik gibt es an der Intel-Ansiedlung in Magdeburg?

Besonders viel Kritik gab es bereits an der Höhe der Investitionen und Subventionen. Wirtschaftsexperten befürchteten etwa, dass die Gewinne durch die Ansiedlung die Subventionen in Höhe von zehn Milliarden Euro nicht decken werden und der Standort Magdeburg nicht attraktiv genug für ausreichend Fachkräfte ist.

Auch von Umweltschützern gab es Kritik. Für das neue Intel-Werk würden große landwirtschaftliche Flächen versiegelt. Das sorgte für Proteste. Dazu ist absehbar, dass für die spätere Produktion große Mengen Wasser benötigt werden. Das könnte negative Folgen für heimische Fischarten haben. Unternehmenssprecherin Monika Lischke verwies im April 2022 im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT darauf, dass es ein Bodenverwertungskonzept gebe. Dafür sei man auch mit dem Bauernverband im Gespräch.

Ein Experte des Helmholtz-Zentrums stufte die Wasser-Nutzung durch Intel in Magdeburg als unproblematisch ein. Dennoch gibt es weiterhin Bedenken. Eine Bürgerinitiative forderte unlängst mehr Transparenz in den Prozessen.

Wo gibt es News und Updates zur Chipfabrik von Intel in Magdeburg?

Auf unserer regelmäßig aktualisierten Übersichts-Seite finden Sie alle relevanten Informationen und Hintergründe zur Intel-Ansiedlung in Magdeburg.

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Dieses Thema im Programm:MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 17. September 2024 | 06:00 Uhr

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