Das Sonnensystem als Grafik.
Das Sonnensystem als Grafik. Bildrechte: Colourbox.de

Astronomie Vor vier Milliarden Jahren: Fremder Planet hat wohl unser Sonnensystem gestreift

31. Januar 2025, 10:42 Uhr

Ein Forschungsteam geht davon aus, dass ein fremder Himmelskörper von der Größe eines Planeten unser Sonnensystem gestreift hat. Dabei hat er vermutlich die Umlaufbahnen im Sonnensystem verändert.

Ein planetengroßes Objekt könnte das Sonnensystem besucht und dabei unsere kosmische Nachbarschaft dauerhaft verändert haben. Bei seinem Besuch vor etwa vier Milliarden Jahren hat dieser Himmelskörper die Umlaufbahnen der vier äußeren Planeten unseres Sonnensystems verzerrt – so die Annahme einer aktuellen Forschungsgruppe.

Die merkwürdigen Umlaufbahnen des Sonnensystems

Keiner der acht Planeten unseres Sonnensystems - einschließlich der Erde – besitzt eine perfekte kreisförmige Umlaufbahn. Außerdem liegen diese Umlaufbahnen nicht auf derselben Ebene und sind teilweise sehr unterschiedlich. Das widerspricht den gängigen Hypothesen.

Eine schematische Darstellung von der Jupiterbahn, dem Kuipergürtel, der Umlaufbahn von Sedna und der Oortsche Wolke im Vergleich.
Eine schematische Darstellung von der Jupiterbahn, dem Kuipergürtel, der Umlaufbahn von Sedna und der Oortsche Wolke im Vergleich. Bildrechte: NASA, JPL-Caltech, R. Hurt

Verglichen mit dem Merkur – dessen Umlaufbahn innerhalb unserer Planetenfamilie die eiförmigste ist – zeigen die Orbits der vier äußeren Planeten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun geringfügige Abweichungen von den idealen (und damit kreisförmigen, auf einer Ebene liegenden und konzentrischen) Umlaufbahnen. Die Venus dreht sich zudem im Uhrzeigersinn um ihre eigene Achse, alle anderen Planeten und die Zwergplaneten bewegen sich entgegengesetzt.

Was wäre, wenn ein fremder Himmelskörper das Sonnensystem gestreift hätte?

Mit Computermodellen der vier Außenplaneten führte das Team 50.000 Simulationen durch, bei denen sie über einen Zeitraum von 20 Millionen Jahren verschiedene Besucher am Sonnensystem vorbeifliegen ließen. Dabei wurden die Parameter jedes Besuchers verändert – einschließlich seiner Masse, seiner Geschwindigkeit und, wie nahe er sich der Sonne näherte.

Zudem betrachtete das Forschungsteam auch Objekte, die viel kleiner als Sterne waren; sie hatten lediglich die Größe von unserem Gasriesen Jupiter. Es wurden dabei Situationen berücksichtigt, bei denen der Eindringling der Sonne auf etwa 20 Astronomische Einheiten (AE; eine AE entspricht dem durchschnittlichen Erd-Sonne-Abstand von etwa 150 Millionen Kilometern) annäherte.

Die Planeten des Sonnensystems sind als Bälle dargestellt und liegen auf der Grundlinie eines Fußballtores. Während die Erde ein Fußball ist, ist der Jupioter eine riesige Kugel, die die Höhe des Tores voll ausfüllt. 3 min
Bildrechte: Robert Rönsch/MDR

Dabei schufen die meisten durchgeführten Simulationen Bedingungen, die dem heutigen Sonnensystem sehr unähnlich sind. Dennoch brachten in etwa einem Prozent der Vorbeiflüge die Besucher die Bahnen der Riesenplaneten in etwa auf den heutigen Zustand.

Eine weitere Simulationsreihe

Die Eindringlinge in diesen Beinahe-Übereinstimmungen tauchten geradewegs in das Sonnensystem ein. Dabei ließen sie die Umlaufbahn von Uranus hinter sich und in einigen Szenarien streiften sie sogar die Bahn von Merkur. Da es so viele Übereinstimmungen mit möglichen Besuchern in Planetengröße gab, erstellte das Forschungsteam weitere 10.000 Simulationen. Auch in diesen Fällen ergaben die Vorbeiflüge, die zuvor die Bahnen der Riesenplaneten in ihren heutigen Zustand versetzt hatten, das aktuelle Aussehen des Sonnensystems.

Zu den realistischsten Ergebnissen führte eine Simulation, bei der ein Objekt mit der achtfachen Masse des Jupiters der Sonne bis auf 1,69 AE annäherte. Damit war er in etwa so weit von der Sonne entfernt, wie es der Mars heute bei seiner weitesten Entfernung auf seiner elliptischen Umlaufbahn (von 1,38 AE bis 1,67 AE) ist.

Die Simulationen zeigen, dass ein einziger Vorbeiflug eines substellaren Objekts ausreicht, um die Flugbahnen der Riesenplaneten zu verändern. Da Beobachtungen darauf hindeuten, dass diese Körper im Kosmos recht zahlreich sind, könnten Besuche solcher Objekte häufiger vorkommen als Vorbeiflüge an Sternen.

Jedoch wurde die Studie bisher nicht von einem unabhängigen Begutachter geprüft. Es ist aber nicht die erste Studie, in der versucht wird zu erklären, wie die Umlaufbahnen in unserem Sonnensystem entstanden sind und warum die Planeten die Sonne nicht kreisförmig umrunden.

Links/Studien

Die Studie wurde am 5. Dezember 2024 auf dem Preprint-Server arXiv veröffentlicht: A substellar flyby that shaped the orbits of the giant planets.

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | 22. Januar 2025 | 06:14 Uhr

16 Kommentare

MDR-Team vor 2 Wochen

Zu diesem Thema gab es letztes Jahr eine Studie, dessen Ergebnisse in den Fachzeitschriften Nature Astronomy und Astrophysical Journal Letters veröffentlicht wurden. Einen zusammenfassenden Artikel dazu haben wir hier gefunden:

https://www.ingenieur.de/technik/fachbereiche/raumfahrt/kosmisches-raetsel-geloest-wie-der-vorbeiflug-eines-sterns-die-bahn-der-planeten-neu-ordnete/

GerhardF vor 2 Wochen

Nachdem die Frage nach der astronomischen Einheit wohl ausreichend geklärt ist, eine weitere zur Diskussion: Wenn ein extrasolares Objekt das frühe Sonnensystem geschnitten hat, auf welchen Bahnen bewegten sich die Planeten (oder die es später werden sollten) wohl vorher?

OG.RO vor 2 Wochen

Guten Morgen,
ich möchte eine Korrektur einbringen. Eine AE (astronomische Einheit) ist die mittlere Entfernung der Erde zur Sonne und nicht zum Mond!
Sonnige Grüße ☀️