Holzstämme
Bildrechte: Colourbox.de

Megastoff Cellulose: Nachhaltige Herstellung durch Bakterien

24. November 2023, 18:57 Uhr

Die Nachfrage nach Cellulose, eines der am meisten genutzten natürlichen Materialien, ist so groß, dass Wälder gerodet werden. Eine nachhaltigere und hochwertigere Cellulose kann durch Bakterien produziert werden. In Jena will man die bakterielle Cellulose jetzt hinsichtlich ihrer Eigenschaften und Nutzbarkeit in Verbindung mit weiteren Materialien eingehender erforschen.

Schauen Sie sich einmal genau um. Links, rechts, an Ihren Wänden entlang, die Kleidung, die Möbel, im Medizinschränkchen und der Speisekammer. Sie sind umgeben von Cellulose. Der Stoff begleitet uns nahezu ununterbrochen und in allen Bereichen unseres Alltags. Selbst wenn sie sich die Kopfhörer aufsetzen, um Ihre Lieblingsmusik anzuhören – auch da schwingt sie mit, in der Membran, die die geliebten Klänge weiterträgt.

Cellulose ist ein langkettiges Kohlehydrat, gehört zu den Polysacchariden und wird auch als Polymer bezeichnet, weil sie aus einer Aneinanderreihung miteinander verknüpfter Glucosemoleküle besteht. Cellulose ist einer der Hauptbestandteile pflanzlicher Zellwände und eines der meist genutzten natürlichen Materialien.

Cellulose – ein zu langsam nachwachsender Rohstoff

Um Cellulose zu gewinnen, wird Pflanzenmaterial, in erster Linie Holz verwendet. Weil die Celluslose-Nachfrage aber so groß ist, wird sie nicht nur aus Resten der Holzindustrie gewonnen; Wälder werden vielmehr aktiv gerodet. Im Sinn von Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung ist das natürlich nicht. Um Wälder zu erhalten, Biodiversität zu schützen, Bodenerosion vorzubeugen und die Erderwärmung einzudämmen, braucht es auf diesem Gebiet also effektivere und nachhaltigere Ansatzpunkte. Hier kommen Bakterien ins Spiel. Zum Beispiel Essigsäurebakterien. Die sind nämlich auch in der Lage, Cellulose herzustellen. In der Wissenschaft wird daran schon seit ein paar Jahren geforscht.

Bakterielle Cellulose – stärker, reiner und leider noch zu teuer

Auf diese Medikamente solltest du verzichten
Bildrechte: Colourbox.de

Bemerkenswert daran ist, dass bakterielle Cellulose ein höheres Wasserhaltevermögen und eine höhere Zugfestigkeit hat als pflanzliche Zellulose. Außerdem enthält sie keine Lignin- oder Hemicellulosereste. "Für die Pharmaindustrie ist das sehr gut, denn die wollen die reine Cellulose, ohne Nebenprodukte. Für die Tablettenherstellung als Trägermaterial kann das Bedeutung haben", sagt Ronja Breitkopf aus der Abteilung Biomaterialien vom INNOVENT e.V. Technologieentwicklung in Jena. Hier würde sich die Produktion der bakteriellen Cellulose auch wirtschaftlich lohnen, da die Herstellung von Tabletten kostenintensiv ist.

Auch in der Kosmetikindustrie wird schon mit bakterieller Cellulose gearbeitet, zum Beispiel als Hautauflagen, sprich, Gesichtsmasken, denn diese Art Cellulose ist ein sehr guter Feuchtigkeitsspeicher. Im Bereich der Papierherstellung würde sich das Prozedere hingegen noch nicht rechnen, denn Papier sei einfach zu billig und das Füttern der Bakterien zu teuer. Diese bekommen vor allem Glucose verabreicht. "Außerdem brauchen sie ihre fünf bis sechs Tage, bis sie entsprechend Cellulose produziert haben", erklärt Breitkopf.

Noch keine Anlagen im industriellen Maßstab vorhanden

Generell gibt es sehr viele Anwendungsbereiche für die bakterielle Cellulose. Diese weiter zu erforschen, hat sich INNOVENT e.V. vorgenommen. Aktuell können die Forschenden in Jena nur in sehr kleinem Maßstab bakterielle Cellulose herstellen. "Wir sprechen hier von 50 bis 100 Millilitern. Unser Projekt soll aber in Richtung einer Pilotanlage gehen, in der wir 50 bis 70 Liter machen", sagt Ronja Breitkopf. Zwar gäbe es schon vereinzelt Publikationen, in denen die Produktion bakterieller Cellulose im 250 Liter Maßstab beschrieben wird, doch im industriellen Maßstab wird das Verfahren noch nicht angewendet.

In welcher Richtung die Forschung in Jena konkret weitergeht, hängt auch ein bisschen vom Interesse der Firmen ab, die sich auf dem Feld der bakteriellen Cellulose bewegen möchten, erläutert Ronja Breitkopf. Diese könnten auf die Forschenden in Jena zukommen und mit ihnen gemeinsam herausfinden, in welchem Bereich die bakterielle Zellulose bei ihnen Anwendung finden kann.

Jennifer Schollbach

0 Kommentare