Feriengebiet Schlossterrassen Illegales Wohnen am Goitzsche-See: Gericht weist Bewohner-Klage ab
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15. Januar 2025, 10:24 Uhr
Im Streit um das illegale Dauerwohnen am Goitzsche-See in Pouch hat das Verwaltungsgericht Halle dem Kreis Anhalt-Bitterfeld Recht gegeben. Der Kreis hatte einem Paar das dauerhafte Wohnen im Feriengebiet "Schlossterrassen" untersagt. Der Mann und die Frau klagten dagegen und unterlagen nun in erster Instanz. Rund 50 weitere Personen wohnen dauerhaft in dem reinen Feriengebiet.
- Der Landkreis Anhalt-Bitterfeld hatte einem Paar untersagt, im Feriengebiet Schlossterrasen am Goitzsche-See dauerhaft zu wohnen. Laut Verwaltungsgericht Halle war das rechtens.
- Das Urteil könnte jetzt Signalwirkung für die restlichen rund 50 Dauerbewohner haben.
- Die Schlossterrassen stellen für Kritiker des Goitzsche-Verkaufs von 2013 einen Beleg dafür dar, dass die Flächen vom Käufer nicht so entwickelt wurden wie vereinbart.
Im Streit um illegales Dauerwohnen am Goitzsche-See bei Bitterfeld hat der Kreis Anhalt-Bitterfeld einen juristischen Erfolg eingefahren. Der Landkreis hatte bereits 2021 zwei Bewohnern der Schlossterrassen in der Gemeinde Muldestausee per Verfügung untersagt, das reine Ferienhaus-Gebiet mit Seeblick als dauerhaften Wohnsitz zu nutzen. Das Paar hatte dagegen geklagt. Das Verwaltungsgericht Halle gab dem Kreis Ende November 2024 nun Recht und wies die Klage des Mannes und der Frau ab. Rechtsmittel wurden einem Gerichtssprecher zufolge in der vorgegebenen Frist nicht eingelegt – damit sei das Urteil rechtskräftig.
Die Vorsitzende Richterin sah es als erwiesen an, dass das Paar in den vergangenen Jahren seinen Lebensmittelpunkt in den Schlossterrassen hatte. So hätten sie selbst ihren Hauptwohnsitz dort angemeldet. Das gemeinsame Kind besuche die Kita in der Gemeinde. Der Arbeitsort des Klägers, der als Pilot sein Geld verdiene, befinde sich in Leipzig und somit nicht weit entfernt von der Wohnung. Außerdem habe der Mann für den Ortschaftsrat kandidiert. Das Argument der Kläger, sie würden sich große Teile des Jahres andernorts aufhalten, ließ das Gericht daher nicht gelten.
Urteil mit Signalwirkung für weitere Bewohner?
Die Entscheidung könnte Signalwirkung haben. Denn insgesamt sind nach letzter Auskunft der Gemeinde Muldestausee rund 50 Personen dauerhaft in den Schlossterrassen gemeldet. In dem Neubaugebiet sind entsprechend des gültiges Bebauungsplans allerdings ausschließlich Ferienwohnungen erlaubt, die noch dazu einem "wechselnden Personenkreis" zur Verfügung stehen müssen.
Das bisherige Vorgehen des Kreises gegen das Dauerwohnen an der Goitzsche hatte in der Vergangenheit auch einige Fragen aufgeworfen. So hatte Anhalt-Bitterfeld das Verfahren gegen das jetzt unterlegene Paar zwischenzeitlich fast zwei Jahre lang ruhend gestellt und in dieser Zeit keine weiteren Verfahren gegen die restlichen Bewohner eröffnet.
Goitzsche-Verkauf 2013: Schlossterrassen waren Teil des Pakets
Die Schlossterrassen gehören zu einem größeren Paket an Goitzsche-Uferflächen, die 2013 aus kommunaler Hand an die zum Merckle-Konzern gehörende Goitzsche Grundstücksgesellschaft (GGG) verkauft worden waren. Die Stadt Bitterfeld-Wolfen und der Kreis Anhalt-Bitterfeld als ehemalige Eigentümer hatten die Privatisierung allerdings an eine touristische Entwicklung der Flächen geknüpft. Wie MDR-Recherchen bereits Ende 2023 zeigten, ist das zum Beispiel in den Schlossterrassen aber anscheinend nicht geschehen.
Stattdessen wurde das Baugebiet vom Projektentwickler eher in Richtung eines exklusiven Wohngebiets mit Seezugang entwickelt – auch wenn in den Kaufverträgen zu den betroffenen Grundstücken auf die Nutzungsbeschränkung hingewiesen wurde. 2018 warb ein Bauschild sogar ganz offen für Eigentumswohnungen und Eigenheime, auch auf einer eigens eingerichteten Webseite und in Makler-Exposés wurde der Wohn-Aspekt betont.
Weitere Verfahren gegen Dauerwohnen eingeleitet
Inzwischen wurde der gesamte Goitzsche-Verkauf aus verschiedenen Gründen vom Bitterfeld-Wolfener Stadtrat neu aufgerollt. Im Dezember 2023 trat die Stadt dann sogar vom Kaufvertrag mit dem Käufer zurück. Die GGG hatte Ende Mai 2024 hiergegen geklagt. Nun wird sich in Kürze das Landgericht Dessau mit dem Streitfall beschäftigen.
Auch die Schlossterrassen könnten die Justiz weiter beschäftigen. Der Kreis Anhalt-Bitterfeld teilte MDR SACHSEN-ANHALT im Dezember auf Nachfrage mit, dass gegenwärtig bereits weitere Verfahren wegen unzulässigen Dauerwohnens liefen. Es würden Anhörungen stattfinden und gegebenenfalls weitere Nutzungsuntersagungen ausgesprochen. Diese könnten dann wie im ersten Fall gerichtlich angefochten werden.
Das vor dem Verwaltungsgericht unterlegene Paar hat nach dem Urteil offenbar keine Vollstreckungsmaßnahmen seitens des Kreises zu erwarten. Es habe vor Gericht mitgeteilt, es würde die Wohnung in den Schlossterrassen nicht mehr nutzen und habe den gemeinsamen Wohnsitz offiziell verlegt, heißt es aus der Pressestelle des Kreises.
MDR (Daniel Salpius), erstmals veröffentlicht am 14.01.2025
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 14. Januar 2025 | 05:00 Uhr
Kritiker vor 10 Stunden
Privatisierung heißt doch zunächst, dass hier ein großes Unternehmen das Gelände gekauft hat. Somit sind erst einmal alles was darauf gestellt wird Eigentum dieses Unternehmens. Wenn nun interessierte Bürger als Kaufer für eines der zahlreichen Grundstücke auftreten, an wen haben diese dann die Kaufsumme bezahlt? Das politische Rahmenbedingungen, wie bei Kassenlage und mit Vorschriften der ehemaligen Verkäufer des Geländes an ein Unternehmen veräußert wurde, sind die Erwartungen einer Rückabwicklung für das große Unternehmen doch nur mit höhere Bezahlung aus der Kasse von ABI für dieses Unternehmen noch gewinnbringend. Wer als Bürger mit Eigentum an einem Grundstück, als Ferienwohnraum, dann zur Kasse gebeten wird muss wohl nicht noch erläutert werden.
+... die 2013 aus kommunaler Hand an die zum Merckle-Konzern gehörende Goitzsche Grundstücksgesellschaft (GGG) verkauft worden waren...+
Kritiker vor 11 Stunden
Hier geht es am Ende um doppelte Gewinnsicherung für den Käufer der Flächen. Man kann hier als bürger zwar Einfamilienhäuser kaufen nur nicht selbst nutzen sondern nur als dann kleiner Eigentümer (Bürger) dieses "Eigentum" als Ferienwohnung vermieten, aber selbst nur als Feriengast mit Bezahlung entsprechende Zeit als Wohnraum nutzen darf. Bringt Einnahmen, wenn Feriengäste diese Angebote nutzen und an den Grundstückseigentümer dann entsprechende Abgaben zu zahlen sind.
Maria A. vor 13 Stunden
Hier scheint eventuell der menschliche Trotzfaktor, nur etwas stärker ausgeprägt als normal, die Hauptursache zu sein. Hat man Lebenserfahrung angesammelt, kennt man echt krasse Beispiele. Wie das einer Familie, die mitten in Feldern ein Haus errichtete, obwohl es nicht als Baugelände ausgewiesen war. Weil ihnen die schöne Lage gefiel und die Fläche zu ihrem landwirtschaftlichen Erbe gehörte. Natürlich gab es hinterher Probleme, Bußgeldbescheide und nach einiger Zeit Abrissaufforderungen. Ähnlich gelagert war es bei dem Sohn einer ehemaligen Kollegin, der unbedingt auf dem Waldrundstück seiner Großeltern mit dem Hausbau beginnen musste, obwohl das ebenfalls nicht im Bebauungsplan lag. Man denke auch an die "harmloseren" Beispiele der Schrebergartenbesitzer, die jedes Jahr einige Monate in ihren schön ausgebauten Lauben wohnen, obwohl das auch nicht zugelassen ist.