Lebensmittel-Preise Warum Tomaten aus Wittenberg teurer werden, wenn SKW Piesteritz runterfährt
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22. März 2025, 08:10 Uhr
Die Lebensmittelpreise hatten sich zuletzt stabilisiert. Doch offenbar nur kurzzeitig. Denn in vielen Supermärkten ist zu sehen, dass Kaffee, Schokolade, Lachs, Joghurt und Nüsse wieder teurer geworden sind. Und auch Gemüse dürfte bald wieder mehr kosten. Das Unternehmen Wittenberg-Gemüse kündigte bereits leichte Preisaufschläge an. Was aber hat dazu geführt, dass der Gemüse-Produzent wieder an der Preisschraube dreht?
Unter Glas sind es sommerliche 25 Grad. Und die feuchte Wärme scheint den Tomatenpflanzen gut zu tun. Zwischen dem kräftigen Grün leuchten schon die ersten roten Früchte hervor. Helmut Rehhahn, Projektentwickler der vier Gewächshausanlagen in Wittenberg-Apollensdorf, atmet tief ein. Eine gute Luft sei das, sagt der studierte Landwirt und frühere Landwirtschaftsminister von Sachsen-Anhalt.
"Wir führen unseren Pflanzen Kohlendioxid zu. Das CO2 wird in der Photosynthese aufgespalten. Dabei wird Sauerstoff freigesetzt. Wir haben deshalb hier einen höheren Sauerstoffgehalt als in der Umwelt. Die Luft im Gewächshaus ist sehr angenehm, gerade für Leute, die Probleme mit der Lunge haben. Wir sind hier eine richtige Sauerstofffabrik." Doch das CO2, das für das Wachstum der Tomatenpflanzen so wichtig ist, hat dem Unternehmen Wittenberg-Gemüse auch erhebliche Probleme beschert. Denn im Winter vergangenen Jahres versiegte die Zufuhr, als der Lieferant – die benachbarten SKW-Stickstoffwerke Piesteritz – die beiden Ammoniakanlagen aus Kostengründen abschaltete.
22.000 Tonnen Kohlendioxid von SKW
Auch die Wärmezufuhr wurde gedrosselt. Das war schon eine Ausnahmesituation, blickt der aus den Niederlanden stammende Werkleiter Kevin van IJperen zurück. "Viele Menschen denken immer, CO2 ist nicht gut, aber wir brauchen es. Unsere Pflanzen sind darauf angewiesen, um sich entwickeln zu können." In Zahlen ausgedrückt: 22.000 Tonnen Kohlendioxid beziehen die Gewächshausanlagen pro Jahr von SKW – sofern dort die Ammoniakanlagen laufen.
Projektentwickler Rehhahn verweist darauf, dass mit einem Stillstand nicht zu rechnen gewesen sei. Ein halbes Jahrhundert lang habe SKW mindestens eine Anlage in Betrieb gehabt, sagt er. "Wir hatten durch die Störung hohe Ernte- und Qualitätsverluste, die wir nur schwer verkraften konnten. Das hat sich sehr negativ ausgewirkt." Rehhahn sucht deshalb bereits nach anderen Lieferanten. Doch das könnte an den höheren Kosten scheitern. Richtig ins Geld würde auch das Notfall-Szenario von Wittenberg-Gemüse gehen: "Wir haben als Alternative eine eigene Wärmeanlage. Diese wird mit Heizöl betrieben. Um die Gewächshäuser warm zu bekommen, müssten 2.000 Liter pro Stunde verbrannt werden, also fast 50.000 Liter am Tag."
Auch Paprika und Erdbeeren betroffen
Die Unsicherheit bei der Energieversorgung macht dem Gemüseproduzenten zu schaffen. Und das treibt auch die Kosten hoch. Aber nicht allein, sagt Werkleiter van IJperen. Auch die Personalausgaben seien durch den Mindestlohn deutlich gestiegen. "Alles ist inzwischen teuer geworden und das spüren wir auch. Lohn hat eine große Steigerung gehabt und diese Kosten müssen wir dementsprechend weiter reichen."
Der Hersteller von Paprika, Tomaten und Erdbeeren beschäftigt aktuell 150 Mitarbeiter, in der Hochsaison sind es 400. Van IJperen zufolge wird Wittenberg-Gemüse die Preise nicht nur für Tomaten, sondern auch für Paprika und Erdbeeren um fünf Prozent anheben. Danach liege es an den Supermarktketten, ob und in welcher Höhe sie die Teuerung weiter geben.
MDR (André Damm, Max Schörm)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL – Das Nachrichtenradio | 21. März 2025 | 12:00 Uhr
Lavendel vor 21 Stunden
Tja, Zeit ist aber auch extrem wertvoll und wer als Gemüsegärtner nicht ständig am Ball bleibt der hat auch keine große Ernte zu erwarten.
Einkochen ist auch nicht ganz kostenfrei. Energie, Zucker usw.
Das will kalkuliert sein.
Lavendel vor 21 Stunden
Ich vermute mal die Mengen an CO2 die man in Gewächshäusern benötigt sind verschwindend gering im Vergleich zu den Unmengen CO2 die wir in die Atmosphäre entlassen.
Lavendel vor 21 Stunden
@W.Merseburger
Bleiben wir doch bei den einfachen Fakten:
CO2 ist weder gut noch böse, aber es wirkt als Klimagas indem es die Erderwärmung befeuert. Maßgeblich trägt dazu bei, dass der Mensch über Millionen von Jahre aus der Atmosphäre entzogenes CO2 durch die Verbrennung von Erdöl, Erdgas und Kohle innerhalb weniger Jahrhunderte wieder freisetzt.
Von daher ist nicht CO2 als solches ein Problem, sondern die Masse die wir freisetzen. Schön wenn ein winziger Teil des bei industriellen Prozessen frei werdenden CO2s wie hier sinnvoll und vermutlich wenig klimabelastend eingesetzt wird, aber das ist ein Tropfen auf den heißen Stein, der vermutlich alleine schon durch nie notwendige Beheizung von Gewächshäusern in der Übergangszeit wieder aufgefressen wird.