Maja Göpel
Maja Göpel Bildrechte: IMAGO / dts Nachrichtenagentur

Halle (Saale) Verbunden statt getrennt: Maja Göpel zu Gast bei den Franckeschen Stiftungen

24. März 2025, 09:49 Uhr

Am Wochenende startete in Halle das neue Programmjahr der Franckeschen Stiftungen unter dem Motto: "Alles in Ordnung?" Maja Göpel erklärte zur Eröffnung, warum Gesellschaft und Ökologie eine neue Ordnung brauchen.

Schon Gründer August Hermann Francke wollte die Welt umfassend verbessern. Und so ist es nur logisch, dass die Nachhaltigkeitsforscherin und Publizistin Maja Göpel am 22. März das neue Programmjahr der Franckeschen Stiftungen in Halle mit einem Festvortrag eröffnet hat. Das Jahresthema steht 2025 unter der rhetorischen Frage "Alles in Ordnung?"

Mit Blick auf den voranschreitenden Klimawandel und Donald Trumps offene Abkehr vom Schutz des Klimas könnte man geneigt sein, schlicht "Nein!" zu antworten. Festrednerin Göpels Antwort fiel etwas länger aus, sie war überschrieben mit dem Satz: "Warum wir eine neue Idee der ökologischen und sozialen Ordnung brauchen."

Kultur

Nils Wagner 43 min
Bildrechte: Yvonne Most Fotografie

Göpel: Die Welt ist vernetzt und lässt sich nicht so einfach auftrennen

Maja Göpel, vom Philosophen Peter Sloterdijk einmal Deutschlands "professionelle Mutmacherin" genannt, sieht aktuell eines der größten Probleme darin, die Welt und ihre Konflikte als Einzelteile anzusehen. "Wir haben uns angewöhnt, die Welt in Teilen zu sehen und diese dann hin- und herschieben zu wollen." Allerdings bestehe diese Welt größtenteils aus Netzwerken. Deren Verbindungen könnten nicht einfach gekappt und ersetzt werden.

Außerdem hätten die Netzwerke großen Einfluss auf ihre Bestandteile und darauf, wie sich ihr Zusammenspiel verändert. "Das systemische Denken lehrt uns genau das in den Blick zu nehmen: die Vernetzungen und daraus entstehende Veränderungsdynamiken, die sind nämlich oft auch zeitlich und örtlich versetzt oder bauen sich selbstverstärkend auf", schreibt Göpel auf Anfrage von MDR WISSEN.

Wenn alte Ideen nur noch für wenige gelten und in Faschismus abgleiten

Was das konkret bedeutet, lässt sich am Beispiel der USA und ihres aktuellen Präsidenten illustrieren. Trump versucht, eine längst vergangene Zeit wiederzubeleben, in der Fabriken den Reichtum des US-amerikanischen Hinterlands begründeten. Um das zu erreichen, blendet er große Teile der Welt einfach aus. "Kommen wir also an die Grenzen der bestehenden Ideen, werden nicht die Ideen geändert, sondern der Kreis derjenigen brutal reduziert, die noch berücksichtigt werden. Das ist der Moment, in dem nicht mehr tragfähige Lösungen in faschistische Richtungen kippen."

Doch wie lässt sich diese Erkenntnis denjenigen vermitteln, die ihre Hoffnungen in ein "Zurück zum Damals" mit einer brutalen Verkleinerung der Welt verbinden? Die sich abgehängt fühlen von der vernetzten und unübersichtlichen Welt zuvor? Göpel glaubt, die meisten dieser Menschen hätten eigentlich einen klaren Blick für die Probleme gehabt. Doch dann sei die Sorge gewachsen, nicht mehr gesehen zu werden und daraus oftmals eine Ablehnung der Menschen an den Schaltstellen entstanden. Diese Ablehnung werde von Populistinnen und Populisten bewusst verstärkt. Die Gegenstrategie erfordert Mühe: "Zuhören und in den direkten Austausch gehen – zu Sorgen wie zu eigenen Lösungsvorschlägen."

Maja Göpels wird am Sonnabend, 22. März um 11 Uhr im Freylinghausen-Saal der Franckeschen Stiftungen am Franckeplatz in Halle sprechen. Die Veranstaltung wird auch im Livestream übertragen.

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | MDR Kutlur trifft | 15. März 2025 | 11:00 Uhr

133 Kommentare

MDR-Team vor 2 Tagen

Hallo @Heine,
es ist verständlich, dass die Präsentationsweise nicht jeden überzeugt. Ihr Hinweis auf die assoziative Struktur und die Verwendung allgemeiner Konzepte zeigt, dass die Erwartungen an eine tiefgehende Analyse für Sie nicht erfüllt wurden. Dennoch regen Vorträge wie dieser oft zur Diskussion an, indem sie neue Perspektiven eröffnen oder bestehende Denkweisen hinterfragen. Letztlich bleibt es eine Frage der individuellen Wahrnehmung, ob man solche Inhalte als inspirierend oder als wenig konkret empfindet.
Herzliche Grüße

Heine vor 2 Tagen

Der Vortrag von Maja Göpel war ein Widerspruch in sich: ein Paradoxon!
Denn das Thema Ordnung und Struktur (bzw. deren Wandel) wurde in einem hochgradig assoziativen Vortrag präsentiert, dem es selbst an Ordnung und Struktur fehlte!
Freilich gab es den einen oder anderen netten Gedanken im Nebelschwall von Assoziationen, dem man zustimmen kann: z.B. den über die Notwendigkeit der Betrachtung der Dinge aus systematischer Perspektive, in der sich der Wandel von Ordnung und der Widerstand gegen den Wandel als Normalität (oder psychologisch nachvollziehbar) erweist, was aber nichts Neues ist. Es war in Vortrag mit vielen Worthülsen (z.B. in den drei Dingen, die wichtig sind) „ohne Tiefgang“, wie Wagner unten schreibt.

AlexLeipzig vor 2 Tagen

Frau Göpel sagt: "Kommen wir also an die Grenzen der bestehenden Ideen, werden nicht die Ideen geändert, sondern der Kreis derjenigen brutal reduziert, die noch berücksichtigt werden. Das ist der Moment, in dem nicht mehr tragfähige Lösungen in faschistische Richtungen kippen." Das hat nichts mit "nach rechts schieben" zu tun, sondern mit aus empfundener Hilf- und Ratlosigkeit entstehender Ausgrenzung und Regression, was sie auch ausführt. Diese Ängste und Verunsicherungen werden durch Populisten aufgegriffen und verstärkt. Also psychologische Mechanismen, die man verstehen muß und nicht abwehren, sonst kann man sich nicht damit auseinandersetzen. Ein Phänomen, daß sich im Alltag gut beobachten lässt.

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