
Gedächtnis Der Müllabfluss aus dem Gehirn: Ein Weg gegen das Vergessen?
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21. März 2025, 16:33 Uhr
Je älter wir werden, umso mehr Müll lagert in unserem Hirn. Diesen wieder loszuwerden, könnte Krankheiten vorbeugen. Eine neue Untersuchung hat Wege gefunden, die das Problem lösen könnten.
Unser Gehirn fungiert auch als eine Art Abfalleimer. Giftstoffe sammeln sich im Laufe des Lebens im Hirn, das zusehends nicht mehr dazu in der Lage ist, diese abzubauen. Nach Ansicht von Wissenschaftlern trägt dieser Umstand zu neurodegenerativen Krankheiten wie Parkinson und Alzheimer bei. Forscher aus den USA haben jetzt einen Weg gefunden, die Abfälle aus dem Gehirn abzuleiten. In Mäuseversuchen konnten sie zeigen, dass die Stärkung von Gefäßen um das Organ herum die Gedächtnisleistung verbessert.
Das Problem Blut-Hirn-Schranke
Direkt im Gehirn zu "arbeiten" ist für Neurowissenschaftler schwierig. Viele Medikamente überwinden nicht die Blut-Hirn-Schranke und kommen so nicht in den Kopf hinein. Der Ansatzpunkt der neuen Untersuchung liegt daher außerhalb in einem Netzwerk aus Gefäßen, das der Pathologe und Immunologe Jonathan Kipnis vor einem Jahrzehnt entdeckt hat. "Indem wir auf ein Netzwerk von Gefäßen außerhalb des Gehirns abzielen, das für die Gesundheit des Gehirns von entscheidender Bedeutung ist, können wir bei Mäusen kognitive Verbesserungen feststellen, was ein Fenster für die Entwicklung wirksamerer Therapien zur Verhinderung oder Verzögerung des kognitiven Verfalls öffnet."
Die überforderte Putzkolonne des Gehirns
Die sogenannten meningealen Lymphgefäße leiten Flüssigkeiten und Schadstoffe aus dem Hirn in die Lymphknoten, wo Zellen etwa auf Krankheitserreger achten. Werden diese Gefäße gestärkt, verringern sich Ablagerungen im Gehirn und die Gedächtnisleistung, so die Wissenschaftler um Kipnis. Kyungdeok Kim, der Erstautor der neuen Untersuchung, behandelte ältere Mäuse mit einer Methode, die das Gefäßwachstum anregte. Er fand heraus, dass die älteren Mäuse mit verjüngten Lymphgefäßen mehr Zeit mit neuen Objekten in ihrer Umgebung verbrachten – ein Indikator für ein verbessertes Gedächtnis –, im Vergleich zu den älteren Mäusen, die die Behandlung nicht erhielten.
Neuer Ansatzpunkt für die Behandlung von Hirnkrankheiten?
"Ein funktionierendes Lymphsystem ist entscheidend für die Gesundheit des Gehirns und das Gedächtnis", so Kim. "Therapien, die die Gesundheit des körpereigenen Abfallmanagementsystems unterstützen, könnten sich positiv auf die Gesundheit eines natürlich alternden Gehirns auswirken."
Die Forschenden konnten ein Protein nachweisen, dass bei Überforderung ein störendes Notsignal auslöste und die Arbeit des Gehirns beeinträchtigte. Eine verbesserte Gesundheit der Lymphgefäße ließ den Spiegel des Proteins sinken – ein Hinweis darauf, dass die kognitiven Fähigkeiten über die Lymphgefäße erhalten oder gar verbessert werden könnten. "Der gezielte Einsatz der leichter zugänglichen Lymphgefäße, die sich außerhalb des Gehirns befinden, könnte sich als aufregender neuer Ansatzpunkt für die Behandlung von Hirnkrankheiten erweisen. Wir können vielleicht keine Neuronen wiederbeleben, aber wir können ihre optimale Funktion durch Modulation der Lymphgefäße in den Hirnhäuten sicherstellen", schließt Kipnis.
Link zur Studie
Die Studie "Meningeal lymphatics-microglia axis regulates synaptic physiology" ist in der Zeitschrift "Cell" erschienen.
pm/jar
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN - Das Sachsenradio | 12. März 2025 | 10:20 Uhr