eine Wortcollage 14 min
Bildrechte: Colourbox.de
14 min

Prof. Nicolas Pröllochs von der Justus-Liebig Universität Gießen erklärt zum ARD-Nachrichtentag, warum Nachrichten meistens negativ sind.

MDR THÜRINGEN - Das Radio Do 19.09.2024 15:10Uhr 13:46 min

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Audio

Psychologie Warum sehen wir oft nur das Schlechte? Wie wir dem Negativitäts-Sog entkommen

13. Januar 2025, 17:18 Uhr

Kennen Sie den Negativitäts-Effekt? Vielleicht nicht beim Namen, aber aus dem Alltag schon. Wer ihm ins Auge blickt, kann besser mit ihm umgehen und sieht mehr Schönes im Leben.

Krisen, Kriege, Katastrophen: Die drei Ks unserer Zeit können wir alle im Schlaf herbeten. Gespräche versumpfen im Nachrichtenmorast, eine schlimme Story jagt die nächste in unseren News-Feeds auf Social Media, und Algorithmen berechnen, was uns interessieren könnte, nachdem wir einmal eine Folge eines Podcasts über Verbrechen in den 80er-Jahren gehört haben.

Woher kommt der Fokus auf das Schlechte?

In dieser Fotoillustration sieht sich eine Person die Ergebnisse der US Wahlen auf einem Smartphone an
Nachrichtenkonsum: Wie leicht lösen Sie sich aus dem Sog? Bildrechte: picture alliance / imageBROKER | Infinity News Collective

Aber warum fokussieren wir uns eigentlich so auf all das Schlechte? Ein Blick in die Evolution zeigt: Früher waren die Menschen darauf angewiesen, sich die schlechten Dinge zu merken, zum Beispiel, welche Beeren krank machten, welche Früchte genießbar waren und wo oder wann Begegnungen mit gefährlichen Tieren drohten. All das war Wissen, das das Überleben sicherte. Erfahrungen, die über Generationen weitergegeben wurden. Heute sind es weniger Begegnungen an der Wasserquelle als beispielsweise im Straßenverkehr, für die wir den Nachwuchs sensibilisieren.

Sozialpsychologe Christian Unkelbach, der zum Negativitäts-Effekt forscht, verweist auf eine moderne Gefahrenquelle, die fast überall verfügbar ist und der wir uns freiwillig aussetzen: Den Medienkonsum. Braucht man ja nur an den eigenen Nachrichtenkonsum zu denken und mal nach einer guten Nachricht zu suchen, die uns im Gedächtnis geblieben ist. Na, wie lange dauert es, bis Ihnen eine einfällt? Das hat auch einen Grund: Negative Nachrichten sind abwechslungsreicher und dadurch unterhaltsamer, führt der Sozialpsychologe aus: "Ein Film über eine glückliche Beziehung und das tägliche, normale Leben ist weniger unterhaltsam als ein Film über eine Trennung und den darin enthaltenen Streit."

Einen ähnlichen Effekt sieht Unkelbach auch in der Politik: die Aufmerksamkeit fokussiere sich auf die Fehler statt auf Erreichtes, die Glaubwürdigkeit der Politiker leide, die Politikverdrossenheit wachse. Eigentlich, sagt Unkelbach, ist es ja nützlich, sich an Informationen mit negativem Inhalt zu erinnern. Milch, die sauer geworden ist, schmeckt nicht. Wem das einmal passiert ist, der weiß, dass man am besten erst mal vorsichtig probiert, wenn man eine Milch aus dem Kühlschrank holt, die schon länger drin stand.

Torsten Bonew und Kriseninterventionsteam Leipzig 8 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

MDR FERNSEHEN Fr 15.11.2024 20:15Uhr 08:19 min

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Torsten Bonew und Kriseninterventionsteam Leipzig 8 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
8 min

MDR FERNSEHEN Fr 15.11.2024 20:15Uhr 08:19 min

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video

Was tun, damit der Negativitäts-Sog nicht die Aussicht vernebelt?

Aber was tun, damit einem die negativen Erfahrungen und die "spannenden", weil abwechslungsreichen, schlechten Nachrichten nicht den Blick auf die vielen guten Dinge verstellen? Unkelbach zufolge könne es helfen, zu wissen, dass Medien und Politik sich immer auf Probleme und Negatives fokussierten. Dadurch werde die Welt nicht immer gut repräsentiert. Vielleicht könne also schon das bloße Wissen um den Negativitätseffekt helfen, sich von eben diesem nicht runterziehen zu lassen. Und, so der Forscher weiter, man könne den Fokus aktiv auf die positiven Erlebnisse im Leben richten. Dazu gibt es viele Methoden, ob es nun regelmäßiges Tagebuchschreiben ist, ob man eine Liste führt, in der man täglich drei positive Erlebnisse einträgt, oder ein Schraubglas, in das man wöchentlich den schönsten Moment der Woche auf einen Zettel schreibt ... So lässt sich der Negativitäts-Nebel aktiv beiseite ziehen und hilft, sich nicht auf das Negative zu fokussieren.

90 Prozent der Sorgen sind nutzlos

Denn, und das ist die gute Nachricht zum Schluss: so schlimm, wie wir es befürchten, wird es sehr oft gar nicht. Die Psychologen Lucas LaFreniere und Michelle Newman zeigten 2020 in einer Studie, dass die Menge der negativen Emotionen in Menschen in der Regel unverhältnismäßig hoch ist. Mehr als 90 Prozent der Sorgen, die sich Menschen täglich machen, seien völlig nutzlos – denn die Probleme, um die sie kreisen, träten niemals ein.

dpa / lfw

Wissen

Die Illustration zeigt eine junge Frau mit langen roten Haaren und einem schwarzen Shirt. 33 min
Bildrechte: MDR/Jessica Brautzsch

MDR Fr 29.12.2023 12:00Uhr 33:24 min

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Wissen

Die Illustration zeigt eine junge Frau mit langen roten Haaren und einem schwarzen Shirt. 33 min
Bildrechte: MDR/Jessica Brautzsch
33 min

MDR Fr 29.12.2023 12:00Uhr 33:24 min

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Audio

Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 23. Dezember 2024 | 17:15 Uhr

6 Kommentare

AlexLeipzig vor 1 Wochen

Ja, so sehe ich das auch. Deswegen habe ich keine Angst vor den Dingen, die die Afd heraufbeschwört, sondern vor dieser Partei. Aber das löst sich ja hoffentlich auf...

MDR-Team vor 1 Wochen

Hallo "weils so nicht unwidersprochen bleiben darf",
danke für Ihren Kommentar. Solche Empfindungen können tatsächlich belastend sein und das Vertrauen in Staat und Gesellschaft beeinträchtigen.
Dabei ist es wichtig, zwischen realen Gefahren und individuellen Wahrnehmungen zu differenzieren, da diese nicht immer übereinstimmen. Gleichzeitig ist es nachvollziehbar, dass politische Veränderungen wie neue Gesetze oder Maßnahmen Unsicherheiten auslösen können.
Transparenz und klare Kommunikation seitens der Politik können dazu beitragen, Unsicherheiten zu verringern und das Vertrauen wieder zu stärken.
Viele Grüße vom MDR WISSEN Team

AlexLeipzig vor 1 Wochen

Also ich fühle mich hier in Deutschland sehr sicher, in keinster Weise "ausgeliefert", sondern in hohem Maße selbstbestimmt. Das hat meiner Meinung nach in erster Linie mit der persönlichen Lebenseinstellung und der Bereitschaft zur Selbstwirksamkeit zu tun.

Mehr zum Thema