Kolumne: Das Altpapier am 5. März 2025Freiheit steht für eine Ideologie, die das Gegenteil bedeutet
Die Redaktion von "ARD aktuell" und das Landeskriminalamt Baden-Württemberg erweisen sich auf unterschiedliche Art als Realitätsabwehrspezialisten. Die berüchtigte Kleine Anfrage von CDU/CSU zieht gleich zwei Offene Briefe nach sich. Heute kommentiert René Martens die Medienberichterstattung.
Inhalt des Artikels:
- Wer von "Bürokratieabbau" spricht, den kann man nicht ernst nehmen
- Alle zusammen gegen den Trumpismus
- Erinnert sich noch jemand an die Autoattentatsopfer von Trier?
- Filmexpertin des BR mit Tomatenkisten auf den Augen
- ARD-Programmreformvorschlag einer Bankerin
- Pro und KIntra bei der "Los Angeles Times"
- Altpapierkorb (netzpolitik.org über Native Advertising, fragwürdige True- Crime-Show mit BR-Gütesiegel, "Schicksalsjahre eines Kanzlers")
Das Altpapier"Das Altpapier" ist eine tagesaktuelle Kolumne. Die Autorinnen und Autoren kommentieren und bewerten aus ihrer Sicht die aktuellen medienjournalistischen Themen.
Wer von "Bürokratieabbau" spricht, den kann man nicht ernst nehmen
Vor wenigen Wochen ging es hier im Altpapier und die bei Journalisten zu beobachtende Realitätsabwehr bei Musks Hitlergruß. Mittlerweile haben sich, was die Berichterstattung über die USA angeht, insbesondere öffentlich-rechtliche Journalisten geradezu zu Realitätsabwehrspezialisten entwickelt.
Ein besonders krasses Beispiel bei tagesschau.de haben gestern mehrere Kolleginnen und Kollegen aufgegriffen, die an dieser Stelle öfter zitiert werden: Annika Brockschmidt und Johannes Franzen zum Beispiel. In dem zwar nach den ersten Reaktionen überarbeiteten, aber nicht nennenswert verbesserten Text gibt’s Trump/Musk-Sprech pur zum vermeintlichen "Bürokratieabbbau". Bei @sektordrei.bsky.social, einem der eifrigsten Chronisten öffentlich-rechtlicher Stupiditäten, heißt es dazu:
"@tagesschau.bsky.social übernimmt ohne Distanz die Setzungen des verlautbarten Vokabulars, u.a. dass 'verschwenderische' Staatsausgaben 'aufgedeckt' würden, dass Entlassungen Behörden 'effizienter’ machten sowie einen inhärenten Generalverdacht auf 'Korruption und Verschwendung' in der Verwaltung."
Annika Brockschmidt kommentiert dies so:
"Niemand, der hier von 'Bürokratieabbau' spricht, kann ernst genommen werden. Entweder ist die Ahnungslosigkeit so gnadenlos, dass der Job verfehlt ist, oder es handelt sich ums willentliche Wassertragen für eine Regierung, die versucht, ein autoritäres, diktatorisches Regime aufzubauen."
Die auf das Thema Internationale Beziehungen spezialisierte Politikwissenschaftlerin Elvira Rosert kommentiert einen anderen Beitrag bei tagesschau.de folgendermaßen:
"Ich wage mal die unsteile These: Die Militärhilfe wird nicht ausgesetzt, weil es den Eklat im Oval Office gab, sondern den Eklat im Oval Office gab es, weil die Militärhilfe ausgesetzt werden sollte."
ARD-Korrespondetin Kerstin Klein spann das von Rosert kritisierte Narrativ in der 20-Uhr-Tagesschau (bei 6:18) dann offenbar in vollem Ernst so weiter:
"Trumps oberstes Ziel ist ein schneller Waffenstillstand."
Ganz gut passt an dieser Stelle ein Zitat aus dem aktuellen Beitrag für "Überleben im 21. Jahrhundert", den Substack von Georg Diez:
"Und wenn sich etwa jemand wie der Unions-Politiker Jens Spahn weigert, wie neulich bei Maybrit Illner, das Autoritäre in den USA als solches zu benennen, hat das etwas von strategischer Wirklichkeitsverleugnung, ein Kipppunkt."
Was die "Tagesschau" in den genannten Beispielen macht, sowohl in der Sendung als auch im geschriebenen Text, ist ja tatsächlich Wirklichkeitsverleugnung.
Alle zusammen gegen den Trumpismus
Zwei Offene Briefe hat die berüchtigte Kleine Anfrage von CDU/CSU (Altpapier, Altpapier, Altpapier) mittlerweile nach sich gezogen. 2169 Wissenschaftler (Stand: Dienstagabend) äußerten sich in einem Brief, der beim Verfassungsblog zu finden ist, "mehr als 200 unterzeichnende Organisationen und Einzelpersonen" setzten ebenfalls einen auf (siehe "Belltower. News").
Der Brief der Wissenschaftler nimmt gleich im dritten Satz zumindest indirekt Bezug auf eine deutsche Tageszeitung. Es sei "im höchsten Maße beunruhigend, dass die Kleine Anfrage das Narrativ eines 'tiefen Staates’ aufgreift", heißt es.
Im weiteren Verlauf des Briefs wird es dann ausführlicher und schärfer:
"Es verbittet sich, Nichtregierungsorganisationen, wie die Kleine Anfrage durch die Bezugnahme auf einen tendenziösen Beitrag in der Zeitung 'Die Welt' suggeriert, als 'Schattenstruktur' oder gar als Ausdruck eines 'tiefen Staates' zu diffamieren. Vielmehr bilden NGOs in transparenter Weise eine tragende Säule demokratischer Willensbildung und friedlicher Konfliktaustragung."
Der oben bereits zitierte Georg Diez schreibt, man müsse "diesen Angriff der CDU/CSU auf die Zivilgesellschaft" als genau das "klar benennen und auch auf der gleichen Ebene ansiedeln wie die gemeinsame Abstimmung von CDU/CSU mit der AfD in Sachen Migration". Denn:
"Die Anfrage der Union zur Finanzierung von politisch unliebsamen NGOs (folgte) auf so verschiedenen Ebenen autoritären Mustern (…): Es war eine Aktion der Rache für die Massenproteste eben gegen die Wahlgemeinschaft von CDU/CSU und AfD und den allgemeinen Rechtsruck – und durch Rache, so lässt sich erstens festhalten, wird autoritäre Herrschaft oft angetrieben (…) Diese Attacken gegen die Zivilgesellschaft sind ein zentrales Element autoritärer Herrschaft (…) Die Union kopiert das autoritäre Playbook, das, und das wurde in dieser Aktion auch deutlich, recht offen herum liegt."
Stellen wir dem doch mal das knalligste Zitat aus Friedrich Merz’ gestriger Rede vor der Presse gegenüber ("Angesichts der Bedrohungen unserer Freiheit und des Friedens muss für unsere Verteidigung gelten: 'Whatever it takes’", siehe zum Beispiel RND). Wie glaubwürdig ist jemand, der sagt, er wolle "unsere" Freiheit gegen Angriffe von außen verteidigen, selbst aber das "autoritäre Playbook" der Angreifer nutzt, um innen die Freiheit anzugreifen?
Weitere Aspekte in Diez’ Beitrag: Wie superreiche Verlagsherrscher bei "Washington Post" und "Los Angeles Times" "die Linie der Meinungen und Haltungen diktieren". Über den "Eingriff" von Jeff Bezos bei der WaPo (Altpapier) schreibt er:
"(Dieser) wurde von all den tapferen Verteidigern der Freiheit gegen die Cancel Culture lautstark beschwiegen, die ganze Heuchelei ihrer oft an Einzelfällen angezettelten Debatten zeigt sich in diesen Wochen, in denen auf breiter Front und systemisch Freiheiten eingeschränkt werden. Auch diese Verlogenheit und dieser Opportunismus sind Zeichen oder Begleiterscheinungen der autoritären Herrschaft, die so ermöglicht wird. Freiheit ist also für die autoritäre Herrschaft eine Ideologie, mit der die Beschränkung der Freiheit begründet wird."
Auch Bezos sei "an der Umwertung aller Werte eifrig beteiligt" beteiligt. "Er fördert die Einschränkung der Meinungsfreiheit im Namen der Freiheit." Passend in diesem Kontext: Karl Doemens’ RND-Beitrag zu Donald Trumps Kongress-Rede bzw. dessen "Geisterfahrt durch sein Paralleluniversum voller Verdrehungen, Lügen, Selbstbeweihräucherung und Stimmungsmache":
"Noch grotesker sind die inhaltlichen Verdrehungen, wenn sich der Mann, der gerade die Nachrichtenagentur AP von seinen Pressekonferenzen ausgeschlossen hat, als Vorkämpfer der 'Free Speech' feiert."
Erinnert sich noch jemand an die Autoattentatsopfer von Trier?
Unmittelbar nach dem von einem weißen Deutschen verübten Anschlag von Mannheim kursierten in einem beinahe unfassbaren Ausmaß die wildesten Falschinformationen - darunter eine gefälschte Polizeimitteilung. Kira Kramer hat das dankenswerterweise für die FAZ rekapituliert.
Zumindest irritierende Informationen werden aber weiterhin verbreitet, und zwar von den Ermittlern. Die sagen, "es gebe keine Hinweise für ein politisches Motiv", bzw. die Tat habe "nach bisherigen Erkenntnissen (…) keinen extremistischen (…) Hintergrund" (zitiert nach zdfheute.de).
Das Netzwerk exif-recherche.de schreibt dagegen:
"Dass eine politische Dimension der Tat derzeit nicht im Fokus der Ermittlungen steht, ist verwunderlich. Nach Informationen, die Exif-Recherche vorliegen, ist der Täter (…) Teil vom sogenannten 'Ring Bund' gewesen – eine Gruppe aus dem Spektrum der Reichsbürger, geführt von Neonazis."
Tatsächlich ist es nach derzeitigem Stand also zumindest wahrscheinlich (wenn auch überhaupt nicht sicher), dass es "ein politisches Motiv" gab. Insofern ist die Öffentlichkeitsarbeit der Ermittler durchaus fragwürdig.
Die für Baden-Württemberg zuständige Deutschlandradio-Korrespondentin Katharina Thoms, die nach Erscheinen des Exif-Recherche-Textes nachgehakt hat, notiert bei Bluesky:
"Das BaWü LKA sagt nach kurzer Irritation am Telefon: Die Berichterstattung sei ihnen bekannt und Gegenstand der Ermittlungen. Warum das politische Motiv erst ausgeschlossen wurde und ob das schon vorher bekannt war: keine Antwort."
Auch die taz greift den Beitrag von exif-recherche.de auf.
Zu befürchten ist jedenfalls, dass diese Tat aus der breiten öffentlichen Wahrnehmung auf eine ähnliche Weise verschwinden wird wie andere Anschläge oder Mehrfachtötungen durch weiße Deutsche.
Wer erinnert sich zum Beispiel noch an die Autoattentatsopfer des Anschlags von Trier 2020? Es ist vielleicht bezeichnend, dass nicht einmal der Wikipedia-Artikel zu diesem Verbrechen auf dem neuesten Stand ist. Derzeit ist dort von sechs Toten die Rede, obwohl es mittlerweile sieben sind. Sieben Menschen brachte auch vor gerade mal erst zwei Jahren ein weißer Deutscher in Hamburg um (bevor er sich selbst tötete). Nicht mit einem Auto allerdings, sondern durch 135 Schüsse.
Filmexpertin des BR mit Tomatenkisten auf den Augen
Robin Detje ist am Montag für die taz auf die "strukturelle Rückgratlosigkeit" bei tagesschau.de eingegangen, die darin zum Ausdruck kam, dass in einem ersten Artikel zur Oscar-Verleihung die den Berichtenden offenbar nicht in den Kram passende Auszeichung für "No Other Land" als bester Dokumentarfilm nicht erwähnt wurde. In einem späteren Text kam der Film dann maximal beiläufig vor.
Ich habe nicht ausgewertet, wie viel Raum "No Other Land" - ein Dokumentarfilm jeweils zweier israelischer und palästinensischer Journalisten und Filmemacher über die Zerstörung einer palästinensischen Siedlung durch die israelischen Verteidigungsstreitkräfte - generell in der Berichterstattung bekommen hat. In einem SZ-Beitrag von Kathleen Hildebrand ist es zum Beispiel relativ viel. Aber: In einem 18-minütigen Beitrag, den der BR produziert hat und der in der ARD-Mediathek steht, gibt es diesbezüglich einen besonders signifikanten blinden Fleck. Vor allem angesichts des Schwerpunktes des Beitrags unter dem Titel "Politisch wie nie? - So waren die Oscars 2025".
Zu sehen sind in dem Beitrag kommentierte Ausschnitte zu sieben Preisträger-Filmen - aber keiner zu dem, vereinfacht gesagt: allerpolitischsten unter den ausgezeichneten Filmen, also "No Other Land". Die Präsentatorin Christina Wolf sagt an einer Stelle:
"Dieses Jahr sind wirklich Filme nominiert worden, die eins zu eins ein Kommentar sind zu unserer Weltenlage. Und ein paar davon treffen den gesellschaftspolitischen Nerv komplett."
Und man denkt sich: Ok, dann geht es gleich irgendwann ganz bestimmt um "No other land", der ja nicht nur nominiert, sondern sogar bepreist wurde. Pustekuchen! In einem Clip sind nur neun Sekunden aus dem Preisträger-Statement zu hören, ohne irgendwelche Erläuterungen.
Über einen weiteren Film sagt Wolf, man müsse "schon Tomaten auf Augen und Ohren haben, um den nicht als Kommentar zu verstehen auf quasi jedes Thema, über das sich Gesellschaften dies- und jenseits des Atlantiks polarisiert haben". Es geht um den Film "Wicked", der "am Ende (…) 'nur' in den unpolitischen Kategorien" gewann. Danke jedenfalls für das Bild mit den Tomaten!
ARD-Programmreformvorschlag einer Bankerin
Der Verein Klima vor acht kam zuletzt Mitte Januar im Altpapier vor - unter anderem anlässlich eines SZ-Textes, der die Frage in den Raum stellte, ob die, wie wir schrieben, "geplante guerilla-artige Aktion", mit der der Verein im ARD-Werbefernsehen auf sich aufmerksam machen möchte, mit den Werberichtlinien der ARD vereinbar wäre.
Die Frage muss wohl bald endgültig geklärt werden, denn heute teilt der Verein mit, er komme mit "zwei neuen Haupt-Sponsoren" dem "Ziel näher, vor der Tagesschau für ein kurzes, tägliches TV-Format zu Klimathemen zu werben". Insgesamt habe man mit 130.000 Euro nun "mehr als die Hälfte der angestrebten Sponsorengelder eingesammelt".
Der Verein zitiert dazu die Vorstandssprecherin einer Bank, die einer der beiden neuen "Haupt-Sponsoren" ist:
"Die Folgen der Klimakrise stellen unser Wirtschaftsmodell längst infrage. Trotzdem zeigt das Fernsehen uns Börsennachrichten ohne Zusammenhang zur Klimakrise. Lasst uns über Themen reden, die uns alle unmittelbar betreffen. Der Schutz unserer Lebensgrundlagen verdient einen Platz in der Primetime."
Irgendwie ist es doch ziemlich weird, dass wir mittlerweile an einem Punkt angekommen sind, an dem Bankerinnen die Welt klarer sehen als die Entscheiderinnen und Entscheider der ARD. Wobei man den Satz "Lasst uns über Themen reden, die uns alle unmittelbar betreffen" auch als eine Kritik verstehen kann, die über die Klimaberichterstattung hinaus geht.
Pro und KIntra bei der "Los Angeles Times"
Die "LA Times" kam heute schon weiter oben vor. Am häufigsten wird über die Zeitung aktuell berichtet, weil sie seit einigen Tagen Meinungsbeiträgen künstlich generierte "Counterpoints" gegenüberstellt, die von der Redaktion vor der Veröffentlichung nicht geprüft werden.
Beim Nieman Lab heißt es dazu in der Überschrift: "Raten Sie mal, es gibt Probleme". Der für Technologie-Themen zuständige "New York Times"-Reporter Ryan Mac hat auf Bluesky einen Fall dokumentiert, in dem der KI-Kommentar derart ballaballa war, dass die Redaktion ihn wieder entfernt hat.
Nieman-Lab-Autorin Laura Hazard Owen benennt unter anderem folgendes Problem:
"Die KI verdoppelt die Quellenangaben auf seltsame Weise. Die KI stützt sich oft auf dieselben Quellen, um sowohl den Inhalt des Artikels zu beschreiben als auch unterschiedliche Standpunkte darzulegen."
Der "Guardian" geht auf weitere Seltsamkeiten ein. Und Axel Weidemann schreibt in der FAZ:
"Der 'L.A. Times'-Eigentümer Patrick Soon-Shiong verteidigte die neue künstliche Form der Binnenpluralität seines Blattes: 'Keine Echokammern mehr', schrieb er auf der Plattform X. Nun könnte man behaupten, KI-Werkzeuge, die ohne menschliche Kontrolle kommentieren, sind genau das: ihre eigene Echokammer. Ob es das Vertrauen in journalistische Berichterstattung stärkt, darf man bezweifeln."
Falls ein deutsches Medium plant, von Menschen erschaffenen Meinungsbeiträgen Gegenpositionen von Kollege KI gegenüberzustellen, nehme ich hier schon mal Titelschutz in Anspruch für den Rubrikentitel "Pro und KIntra".
Altpapierkorb (netzpolitik.org über Native Advertising, fragwürdige True- Crime-Show mit BR-Gütesiegel, "Schicksalsjahre eines Kanzlers")
+++ Über die finanziellen Dimensionen des Geschäfts mit Native Advertising schreibt Martin Schwarzbeck bei netzpolitik.org. "Auf netzpolitik.org gibt es keine Werbung und erst recht kein Native Advertising", betont er. Was die Spitzbuben der Branche aber nicht daran hindert, der Redaktion ständig "Angebote" zu schicken: "Fast jeden Tag erhalten wir (…) E-Mails von Menschen, die Artikel auf netzpolitik.org publizieren wollen. Die Anfragen stammen nicht von Hobby-Journalist*innen, sondern von Werber*innen. Die Begründungen sind mitunter skurril: Weil wir Gesundheitscontent hätten, seien wir sicher auch an einem Beitrag über eine Vaginalgewichtheberin interessiert, die gleichzeitig Sexcoach ist, lautet etwa eine Anfrage. Zahlreiche andere Medien nehmen solche Angebote regelmäßig an. Die besagte Gewichtheberin wurde nach eigener Aussage bereits von BuzzFeed, Glamour, Cosmopolitan, msn und vielen weiteren journalistischen Plattfomen gefeatured."
+++ Unfreiwillig die sumpfigen Randgebiete des öffentlich-rechtlichen Rundfunks kennengelernt hat die Schwester einer Frau, die vor 13 Jahren ermordet wurde. Lisa Kräher erzählt für "Übermedien" die Geschichte: "Der Fall (diente) (…) als Vorlage für eine Unterhaltungsshow, die seit einigen Monaten unter der Marke Bayern 3 durch die Stadthallen und Theatersäle der Republik tourt. Der Strafverteidiger Alexander Stevens und die BR-Moderatorin Jacqueline Belle, beide bekannt aus ihrem erfolgreichen BR-Podcast 'True Crime – Unter Verdacht', breiten den Stoff noch einmal aus. In der Show, die mit zahlreichen Gags des launigen Duos gewürzt ist, darf das Publikum sogar per Smartphone darüber abstimmen, ob es denkt, dass der verurteilte Mörder schuldig ist oder nicht. Titel des True-Crime-Abends: 'Tödliche Liebe'. Die günstigsten Tickets kosten beim Anbieter Eventim 39,90 Euro." Die Überschrift von Krähers Artikel lautet: "Die Mord-Show mit Gütesiegel vom Bayerischen Rundfunk."
+++ Zur Albernheit von Titeln wie "Olaf Scholz - Schicksalsjahre eines Kanzlers" und "Donald Trump - Schicksalsjahre eines Präsidenten" habe ich mich gelegentlich schon geäußert. Für "epd medien" habe ich mir nun die aktuelle ARD-Produktion über Scholz angesehen, und sie ist immerhin besser als der am Rande der Unterirdischkeit taumelnde Mehrteiler über Trump. Allerdings ist es unfasslich, dass eine von Scholz' denkwürdigsten Äußerungen nicht vorkommt: "Polizeigewalt hat es nicht gegeben." Das hatte er 2017 im Nachgang des G20-Gipfels behauptet - trotz unzähliger, teilweise sogar live von internationalen Medien oder später über Social Media verbreiteter Bilder, die das Gegenteil belegten (siehe Altpapier). Der "Tagesspiegel am Sonntag" schlagzeilte seinerzeit übrigens: "Die unerhörte Lüge des Olaf Scholz". Trotz der exzessiven Ausweitung von Unwahrheitsverbreitungen liest man solche Headlines über Spitzenpolitiker heute eher selten.
Das Altpapier am Donnerstag schreibt Ralf Heimann.