
"DGS-Kino" Hören mit den Händen - Qualitäts-Check mit gehörlosen Menschen
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27. März 2025, 11:06 Uhr
Anfang März hat die Barrierefreiheit gehörlose Menschen zum Qualitäts-Check mit Popcorn und Cola geladen. Ihr Fazit nach sechs Stunden mit zwei Sonntagskrimis und Bach-Film - gerne mehr gehörlose Dolmetscher im Programm.
Seit zwei Jahren gibt es "Tatort" und "Polizeiruf 110" mit Deutscher Gebärdensprache (DGS) im ERSTEN. Der Sonntagskrimi war damit die erste deutsche Fernsehserie mit Gebärdensprachübersetzung.
Popcorn und Cola
Am 8. März hat der MDR, der DGS in der ARD koordiniert, gehörlose Menschen zum Meinungsaustausch eingeladen. Ein wichtiger Qualitäts-Check mit Spannung pur - inklusive Popcorn und Cola. Auf dem Programm ein Tatort, ein Polizeiruf 110 und – zur Abwechslung "Bach – ein Weihnachtswunder". Alles in allem ein bisschen mehr als nur ein üblicher Werkstattbesuch, wie sie die Redaktion Barrierefreiheit regelmäßig mit verschiedenen Gruppen von Menschen mit Behinderung durchführt.
Warum ist das wichtig?
- Der MDR ist nah bei den Menschen. Deshalb pflegt er regelmäßig Kontakt z.B. auch zu Menschen mit Behinderung. Außerdem betreut er in der ARD das Thema Gebärdensprache.
- Krimis, so wie alle fiktionalen Sendungen, sind besonders gestaltet. Nicht immer sieht man z.B. die Person, die gerade spricht. Gehörlose Menschen wissen dann nicht, wer gerade in Gebärdensprache übersetzt wird. Das ist aber wichtig für das Verständnis, damit alle Zuschauer dem Film folgen können.
- Mit Hilfe sogenannter Referenzkleidung wissen gehörlose Menschen, wer übersetzt wird. Das heißt: Die Dolmetscherin trägt z.B. ein ähnliches Kleidungsstück, wie die Rolle im Film, z.B. die Lederjacke der Kommissarin.
- Wenn sich die Gestaltung ändert oder weniger Dolmetscher eingesetzt werden können, z. B. weil Kosten gespart werden müssen, nimmt möglicherweise die Verständlichkeit ab.
Gerne mehr gehörlose Dolmetscher einsetzen
Fait nach fast sechs Stunden "Tatort-Kino" mit Filmschauen, Fragebogen und Austausch: "Die ähnliche Kleidung wie im Film hilft der Orientierung" meinte ein Gehörloser aus München und sein sächsischer Begleiter ergänzte, dass die für Gebärdensprache wichtige Körpersprache sehr gut war.
Der erklärte Wunsch des gehörlosen Auditoriums: Gerne mehr gehörlose Dolmetscher im Programm! Denn hörende Dolmetscher, wie sie der MDR überwiegend einsetzt, sind zwar hochgradig sprachkompetent, aber kommunizierten nicht in ihrer Muttersprache. Das fällt Gehörlosen auf und weckt den Wunsch nach mehr muttersprachlicher Kompetenz im MDR.
Das konstatierten die Gäste beim "Bach". Dessen Musikanteile waren von einer gehörlosen Performerin interpretiert worden, während die Dialog-Übersetzung von hörenden Dolmetschern kam.
Ergebnisse fließen in ARD-Arbeitsgruppe DGS ein
Am Ende waren alle dennoch zufrieden. Die Gäste fühlten sich wertgeschätzt und verstanden, die Redaktion war um eine weitere Erfahrung reicher. Die vollständigen Ergebnisse der Befragung fließen ein in die ARD-Arbeitsgruppe DGS, die Anfang April in Leipzig tagt.
Barrierefreiheit im MDR
Mit seinen barrierefreien Angeboten ermöglicht der MDR Menschen mit Behinderung und kognitiver Einschränkung den Zugang zu seinen Programmen:
94 Prozent des MDR-Fernsehens werden untertitelt. Für fast fünf Stunden TV-Programm werden täglich Hörfassungen angeboten.
Dazu kommen jährlich mehr als 36.000 Sendeminuten mit Gebärdensprache. So hat der MDR bereits über 60 Märchenfilme für die gesamte ARD in Gebärdensprache übersetzt. Zudem gibt es montags bis freitags Nachrichten in Leichter Sprache zum Lesen und auch als Nachrichten-Podcast zum Hören.