"Toskana des Nordens" Entlang der Unstrut: Burgen, Schlösser, Museen und Weinberge entdecken
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29. August 2024, 13:25 Uhr
Malerisch schlängelt sich die Unstrut durch das Thüringer Becken und Teile von Sachsen-Anhalt. Nicht umsonst wird die Region "Toskana des Nordens" genannt: mit Weinbergen, romantischen Städten und schöner Natur mutet das Unstruttal mediterran an. Entlang des Flusses gibt es geschichtsträchtige Orte wie Mühlhausen, Memleben und Freyburg. Ebenso sind die vielen Burgen und Schlösser wie auch die Arche Nebra am Fundort der berühmten Himmelsscheibe einen Ausflug wert. Tipps zu Highlights – inklusive Infos zu Adressen, Öffnungszeiten und Eintritt.
Inhalt des Artikels:
- Kefferhausen: Quelle der Unstrut
- Mühlhausen: mittelalterliche Stadt mit großer Geschichte
- Schloss Kannawurf: beeindruckender Renaissancebau
- Wasserburg Heldrungen: Festungsbaukunst aus dem 12. Jahrhundert
- Burgruine Wendelstein: wehrhafter Bau mit Talblick
- Vitzenburg: beliebte Filmkulisse
- Barockschloss Burgscheidungen: imposanter Bau mit berühmter Bewohnerin
- Schloss Neuenburg: wichtigste Burg des hohen Mittelalters
- Memleben: Kloster und Kaiserpfalz
- Nebra: Fundort der weltbekannten Himmelsscheibe
- Freyburg: malerischer Ort und Zentrum des Weinanbaus
- Max Klinger Weinberg: Atelier, Museum, Grabstätte
Kefferhausen: Quelle der Unstrut
Die Unstrut entspringt unweit von Kefferhausen im thüringischen Eichsfeld. Am Dorfrand ist die Quelle der Unstrut in einer gemauerten Grotte eingefasst. Ganz flach tritt dort das Wasser drei Unterarme breit und zwei Handbreit ans Tageslicht.
Wie der Informationstafel zu entnehmen ist, liegt die Unstrutquelle 368 Meter über dem Meeresspiegel. Pro Sekunde fließen etwa 4,5 Liter Wasser. Ihre Ersterwähnung als "Onestrudis" ist zurück auf das sechste Jahrhundert zu datieren. Der Name Unstrut setzt sich aus dem Wort 'struth' (Sumpf) und der Vorsilbe 'un' (Böses, Übles, Unangenehmes) zusammen.
Mühlhausen: mittelalterliche Stadt mit großer Geschichte
Nach etwa 25 Kilometern fließt die Unstrut durch Mühlhausen. Die Stadtmauer mit den Wehrtürmen, elf mittelalterliche Kirchen und viele Bürgerhäuser prägen das Bild der einstigen Reichsstadt. In St. Marien predigte 1525 der radikale Reformer Thomas Müntzer, der Mühlhausen zu einem Zentrum des Bauernaufstandes ausbaute. Nach der Schlacht bei Frankenhausen wurde Müntzer am 27. Mai 1525 vor den Toren der Stadt enthauptet.
In Divi Blasii, der gotischen Hallenkirche am Untermarkt, hat Johann Sebastian Bach seine Spuren hinterlassen. Der Komponist war hier von 1707 bis 1708 als Stadtorganist tätig. Die Mühlhäuser Museen zeigen Ausstellungen zur reichsstädtischen Geschichte, zu Reformation und Bauernkrieg, zur Ur- und Frühgeschichte des Unstrut-Hainich-Kreises und zu Thüringer Kunst des 20. Jahrhunderts.
Schloss Kannawurf: beeindruckender Renaissancebau
Auf den Hügeln rechts und links der Unstrut erheben sich zahlreiche Burgen und Schlösser, von der mittelalterlichen Wehrburg bis zur prachtvollen Barockanlage. Ob als Ruine oder nahezu vollständig erhalten, lassen sie die wechselvolle Geschichte der Region lebendig werden. Zwischen Bilzingsleben und Heldrungen, im Thüringer Landkreis Sömmerda, liegt das kleine Dorf Kannawurf, im 13. und 14. Jahrhundert Stammsitz ders Adelsgeschlechts der von Kannewurffs.
Schloss Kannawurf, ein dreiflügeliger Renaissancebau, wurde 1564 von Georg II. Vitzthum von Eckstedt errichtet. Durch Zufall entdeckten der Landschaftsarchäologe Roland Lange und seine Mitstreiter 2007 bei einer Ortsdurchfahrt das beeindruckende Bauwerk. Mit dem Verein "Künstlerhaus Thüringen" kümmern sie sich seitdem um die Instandsetzung des Schlosses und bringen mit Lesungen, Konzerten und Theateraufführungen Kultur in die Region.
Wasserburg Heldrungen: Festungsbaukunst aus dem 12. Jahrhundert
In Heldrungen, am Südrand der Goldenen Aue, steht ein beeindruckendes Zeugnis mittelalterlicher Festungsbaukunst – die Wasserburg Heldrungen, deren Geschichte bis ins 12. Jahrhundert reicht.
Zu Beginn des 16. Jahrhunderts errichtete Graf Ernst II. ein Renaissanceschloss, das anschließend mit zwei Wassergräben und Festungsgürteln umgeben wurde. Nach der Schlacht bei Frankenhausen wurde Thomas Müntzer hier bis zu seiner Hinrichtung gefangen gehalten. In der Burg befindet sich heute eine Jugendherberge.
Burgruine Wendelstein: wehrhafter Bau mit Talblick
Auf einem Gipsfelsen hoch über der Unstrut, kurz hinter der Grenze von Thüringen und Sachsen-Anhalt, steht die Burgruine Wendelstein. Vermutlich diente die Burg schon im Mittelalter als Grenzfeste der Sachsen gegen die Franken.
Wälle und Festungsgräben zeugen noch heute von der einstigen Wehrhaftigkeit. Im 16. Jahrhundert wurde die Burg zum Wohnschloss umgebaut. Das alte Renaissanceschloss ist heute nur noch als Ruine erhalten.
Vitzenburg: beliebte Filmkulisse
Bei Querfurt liegt weithin sichtbar die Vitzenburg auf einem Buntsandsteinplateau über dem Tal. Das Renaissance- und Neorenaissanceschloss geht auf eine Burg aus dem 9. Jahrhundert zurück. Sein heutiges Aussehen erhielt die Anlage unter Graf Heinrich Moritz II. von der Schulenburg, der es im 19. Jahrhundert im Stile der Neorenaissance und des Neobarock umbauen ließ.
In den letzten Jahren diente das malerische Ensemble mehrmals als Filmkulisse (z.B. "Bibi und Tina", Teil 1 und 2). Georg Freiherr Baron von Münchhausen, ein Nachfahre der letzten Besitzer, hat 2016 den Weinberg mit spätbarockem Gartenpavillon erworben und mit Hilfe eines Vereins die Sanierung begonnen.
Barockschloss Burgscheidungen: imposanter Bau mit berühmter Bewohnerin
Zwischen Nebra und Freyburg erhebt sich am linken Ufer hoch über der Unstrut das imposante Barockschloss Burgscheidungen. Im 9. Jahrhundert als "Scidingeburg" erstmals urkundlich erwähnt, wurde die Burg im 16. Jahrhundert zum Renaissanceschloss ausgebaut. Ab 1724 ließ der sardinische Generalfeldzeugmeister Freiherr Levin Friedrich von der Schulenburg Schloss und Park im Stile des Barock umgestalten. Eine berühmte Bewohnerin von Burgscheidungen war Anna Constantia von Brockdorff (1680-1765), die spätere Reichsgräfin von Cosel.
Schloss Neuenburg: wichtigste Burg des hohen Mittelalters
Auf einer Hochfläche über Freyburg liegt Schloss Neuenburg. Ende des 11. Jahrhunderts von Graf Ludwig dem Springer gegründet, war sie eine der wichtigsten Burgen des hohen Mittelalters. Kaiser Barbarossa und Elisabeth von Thüringen verweilten in ihren Gemäuern.
Heutzutage wird die Neuenburg alljährlich im Juni von den Fans mittelalterlicher Musik zum Festival "montalbâne" gestürmt. Im Netz wirbt das Schloss mit dem Spruch: "Glanzvolles Zentrum höfischer Kultur". Dort zu finden sind Zeugnisse zur hochmittelalterlichen Geschichte, zum Weinbau, der Schlossanlage und eine Sammlung historischer Taschenuhren.
Memleben: Kloster und Kaiserpfalz
Unweit der Burgruine Wendelstein auf der anderen Seite des Flusses liegt der kleine Ort Memleben, der heute zur Gemeinde Kaiserpfalz gehört und rund 700 Einwohner zählt. Im 10. Jahrhundert war die Pfalz Memleben ein wichtiges Zentrum der ottonischen Herrscher. Der ostfränkische König Heinrich I. und sein Sohn Otto I. hielten sich hier auf. Und beide starben in Memleben. Otto II. gründete für das Seelenheil seiner Vorfahren ein Benediktinerkloster, das sich zu einer bedeutenden Reichsabtei entwickelte.
Von der einstigen Pfalz sind bisher keine baulichen Reste nachgewiesen. Von einer Monumentalkirche aus dem 10. Jahrhundert, die König Otto I. errichten ließ, gibt es noch einige Mauerteile, wie den monumentale Eingang zum Querhaus, im Volksmund "Kaisertor" genannt. Von der Klosteranlage sind die Ruine einer kleineren Klosterkirche aus dem 13. Jahrhundert und die eindrucksvolle Krypta erhalten.
Für den Archäologen Holger Groenwald, Grabungsleiter in Memleben, steht die geschichtliche Bedeutsamkeit der Region außer Frage: "Es ist eine irrsinnige Kulturlandschaft, dicht besetzt mit Burgen, Pfalzen und Klöstern, die schnell erkennen lassen, dass hier ein absoluter Schwerpunkt lag. Die Ottonen haben sich hier als sächsische Herrscher nicht grundlos niedergelassen."
Nebra: Fundort der weltbekannten Himmelsscheibe
Auch in der kleinen Stadt Nebra im Burgenlandkreis bewegt man sich auf geschichtsträchtigem Boden. Bereits in karolingischer Zeit lag hier ein mehrfach bezeugter Königshof.
Als vor mehr als 20 Jahren, am 4. Juli 1999, die sogenannte Himmelsscheibe von Nebra zusammen mit einem Bronzeschatz von zwei Raubgräbern auf dem Mittelberg ausgegraben wurde, war das eine Weltsensation, die der kleinen Stadt zur Berühmtheit verhalf. Die Scheibe aus der unmittelbaren Umgebung Nebras gilt als früheste bekannte Himmelsdarstellung der Menschheitsgeschichte. 2007 wurde in der Nähe des Fundortes das multimediale Besucherzentrum Arche Nebra eröffnet.
Freyburg: malerischer Ort und Zentrum des Weinanbaus
In einem engen Tal an einer Biegung der Unstrut liegt die Stadt Freyburg. Hier liegt das Zentrum des Weinbaugebiets Saale-Unstrut. Was der Flaneur am Ufer der Unstrut und an den Weinhängen nicht mehr sieht, sind "Gänsefüßer" oder "Rubellane": Rebsorten aus der Hochzeit des Weinbaus vor 500 Jahren, als 10.000 Hektar mit Rebstöcken bepflanzt waren. Heute wachsen auf nur noch einem Zehntel der Fläche Weiß- und Grauburgunder, Riesling, Dornfelder oder Müller-Thurgau. Berühmter noch ist der Sekt aus Freyburg, der eine wundersame Metamorphose vom kaiserlichen Sekt zum Lieblingssekt der Deutschen durchlebte.
In der malerischen Altstadt von Freyburg sind das im 15. Jahrhundert erbaute Rathaus und die Stadtkirche St. Marien sehenswert. Im letzten Wohnhaus des als "Turnvater Jahn" bekannten Pädagogen, Politiker und Publizisten, der von 1825 bis zu seinem Tod 1852 in Freyburg lebte, befindet sich das Friedrich-Ludwig-Jahn-Museum.
Max Klinger Weinberg: Atelier, Museum, Grabstätte
Im Blütengrund, wo die Unstrut in die Saale fließt, erwarb der Leipziger Bildhauer und Grafiker Max Klinger 1903 einen Weinberg mit Weinberghäuschen, das er als Atelier nutzte. Später kaufte er weitere Teile des Weinbergs dazu und ließ ein Wohnhaus errichten. Hier entstanden zahlreiche Radierungen, Zeichnungen und Aquarelle. Am 4. Juli 1920 starb Klinger auf seinem Weinberg bei Großjena. Seine Grabstätte sowie das Museum mit Werken sind dort zu besichtigen.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | 29. Juli 2024 | 19:21 Uhr