Urteil BGH: Unfallverursacher muss auch überhöhte Werkstattrechnung akzeptieren
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16. Januar 2024, 16:59 Uhr
Wer bei einem Autounfall schuldlos ist, hat Anspruch auf Erstattung aller Reparaturkosten. Der Bundesgerichtshof entschied, dass das auch dann gilt, wenn die Reparaturen unnötig waren oder gar nicht ausgeführt wurden. Der BGH präzisierte seine Rechtssprechung zum sogenannten "Werkstattrisiko".
Wer einen Autounfall verursacht, muss auch die Kosten für Reparaturen am Auto des Unfallgegners tragen, die nichts mit dem Unfall zu tun haben. Das gilt vor allem dann, wenn der Geschädigte bereits die Werkstattrechnung bezahlt hat. Das hat der Bundesgerichtshof in mehreren Urteilen klargestellt.
Der BGH konkretisierte damit seine bisherige Rechtsprechung, wonach das sogenannte "Werkstattrisiko" einer bereits bezahlten aber möglicherweise überhöhten Rechnungen beim Unfallverursacher beziehungsweise dessen Haftpflichtversicherung liegt.
Aktenzeichen
Bundesgerichtshof:
VI ZR 38/22
VI ZR 239/22
VI ZR 253/22
VI ZR 266/22
VI ZR 51/23
Unfallverursacher haftet auch für nicht ausgeführte Reparaturen
Das "Werkstattrisiko" sieht vor, dass das Risiko für möglicherweise überhöhte Rechnungen grundsätzlich beim Unfallverursacher liegt. Das gilt auch dann, wenn die Werkstatt zu viele Arbeitsstunden in Rechnung gestellt hat. Im verhandelten Fall betonte der BGH nun, dass das auch dann gilt, wenn gar nicht ausgeführte Arbeiten berechnet wurden.
BGH weist auf Ausnahmen hin
Die BGH-Richter wiesen aber auch auf zwei Ausnahmen hin: Wenn der Unfallgegner bzw. seine Versicherung Einwände gegen die Rechnung erhebt und der Geschädigte die Rechnung noch nicht vollständig bezahlt hat, sollte er keine weiteren Zahlungen vornehmen.
Denn nach den neuen Urteilen geht das "Werkstattrisiko" in diesem Fall doch auf ihn über und er bleibt auf den überhöhten Reparaturkosten sitzen. Betroffene sollten dann die Versicherung auffordern, die Rechnung oder noch offene Restbeträge direkt an die Werkstatt zu begleichen. Mögliche Streitereien müssen Versicherung und Werkstatt dann unter sich ausmachen.
Das "Werkstattrisiko" geht auch dann auf den Geschädigten über, wenn sie ihre Ansprüche gegen den Unfallgegner an Dritte abtreten. Der BGH entschied, dass sie dann ebenfalls auf überhöhten Kosten sitzen bleiben können.
Geschädigter muss kein Gutachten einholen
Außerdem entschied der BGH unter anderem, dass ein Geschädigter nicht erst ein Sachverständigen-Gutachten einholen muss, bevor er eine Werkstatt mit der Reparatur seines Autos beauftragt. Vielmehr dürfe er grundsätzlich darauf vertrauen, dass die Werkstatt das Auto wirtschaftlich und sachgemäß repariere.
BGH entschied in fünf Fällen über Werkstattrechnungen
In den insgesamt fünf Urteilen ging es unter anderem um Lackierarbeiten, für welche die Werkstatt die Kosten der von ihr beauftragten Lackiererei nicht offenlegen wollte. In einem der weiteren Fälle lagen die Kosten gut tausend Euro höher als die Kostenschätzung einer Konkurrenzwerkstatt. In drei Fällen ging es nach Ansicht der jeweiligen Versicherung um überflüssige Rechnungsposten.
dpa, AFP (jks)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 16. Januar 2024 | 17:30 Uhr