
MDRfragt Mehrheit achtet auf Spitzenkandidaten bei Wahlentscheidung
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17. Februar 2025, 03:00 Uhr
In der MDRfragt-Community achtet eine große Mehrheit darauf, welche Frauen und Männer ihre Partei als Spitze im Wahlkampf zur Bundestagswahl vertreten. Sie sollten vor allem glaubwürdig und kompetent sein, offen Probleme benennen und nach Lösungen suchen. Beim Stimmungsbild des MDR-Meinungsbarometers haben fast 27.500 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen mitgemacht.
- Viele Befragte wünschen sich glaubwürdige und kompetente Spitzenkandidaten...
- ...doch vom Ideal sind die aktuellen Spitzenkandidaten weit weg, wird häufig kommentiert.
- Zwei von drei Befragten sind klare Aussagen wichtig: Mit wem wird zusammengearbeitet und mit wem nicht?
Im Wahlkampf-Endspurt touren die wichtigsten Politikerinnen und Politiker der Parteien durchs Land, treten auf Podiumsdiskussionen oder in TV-Debatten auf: Mal zu zweit in Duellen, mal zu viert in "Quadrellen" oder in noch größeren Runden. Der Spitzenkandidat oder die Spitzenkandidatin einer Partei ist für viele wichtig für die eigene Wahlentscheidung, wie eine aktuelle Befragung des MDR-eigenen Meinungsbarometers MDRfragt zeigt: Danach richten drei von vier Befragten (75 Prozent) ihre Wahlentscheidung auch am Spitzenpersonal der Parteien aus.
In zahlreichen Kommentaren zur Befragung zeigt sich, dass die Spitzenpolitikerinnen und Spitzenpolitiker aus Sicht der Befragten im Wahlkampf die jeweilige Richtung vorgeben. Jannik (22) aus dem Landkreis Mansfeld-Südharz schreibt: "Die Spitzenkandidaten sind quasi das Aushängeschild der Partei, die das Wahlprogramm den Wählern so gut wie möglich übermitteln sollen und so Wähler gewinnen sollen." Die TV-Duelle schaue er sich gerne an, so Jannik. Für Thomas (62) aus dem Landkreis Wittenberg sind die jeweiligen Spitzenkandidierenden mitentscheidend für seine Wahlentscheidung: "Was soll man denn von der Mannschaft dahinter erwarten, wenn der Spitzenkandidat nicht kompetent, nicht vertrauenswürdig und/oder zum Beispiel unehrlich erscheint?".
Für jede und jeden vierten Befragten (25 Prozent) ist nicht wichtig, wen die Parteien an erste Stelle gesetzt haben. Dorit (28) aus Jena richtet nach eigenen Angaben ihre Wahl eher an den Parteien als an den Personen aus. Sie schreibt aber: "Ein guter Spitzenkandidat hätte durchaus Einfluss auf meine Entscheidung, weil eine gute Führungskraft manchmal mehr ausmacht als eine politische Richtung. Was hilft mir eine Regierung meiner Lieblingspartei, wenn sich die Koalitionspartner dauernd streiten, sich gegenseitig schlecht reden, und am Ende halbgare Kompromisse herauskommen?"
Hinweis
Die Stimmungsbilder von MDRfragt sind auch dank der hohen Teilnehmendenzahl aussagekräftig. Dieses Mal sind es fast 27.500 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.
Da alle MDRfragt-Mitglieder ihre Meinung einbringen können und sollen, werden keine Zufalls-Stichproben gezogen.
Die Ergebnisse sind damit nicht repräsentativ. Um mögliche Verzerrungen durch die Zusammensetzung der Befragten zu verringern, werden die Befragungsergebnisse nach bewährten wissenschaftlichen Methoden gewichtet. Zudem erlauben die Begründungen und Kommentare der Befragten, die Stimmungstendenzen einzuordnen. Mehr zur Methodik von MDRfragt am Ende des Artikels.
Fokus auf Macherqualitäten und Verlässlichkeit
Die Spitzenkandidierenden der Parteien sollen vor allem glaubwürdig und kompetent sein. Sie sollten die Probleme offen benennen, mit denen unsere Gesellschaft aktuell zu kämpfen hat und dafür Lösungen suchen. Diese vier Eigenschaften werden in der aktuellen Befragung von MDRfragt am häufigsten genannt. Dazu schreibt Clara (25) aus dem Landkreis Greiz: "Glaubwürdigkeit halte ich für die wichtigste Eigenschaft. Nur jemand, dem ich glaube, dass er die Probleme dieses Landes anpacken will, würde ich wählen." Erich (32) aus Mittelsachsen wünscht sich eine "Person, die macht. Nicht nur quatscht. Vorbild Trump."
In der Befragung wird auch deutlich, auf welche Eigenschaften bei den Spitzen der Parteien eher weniger geachtet wird: Den Teilnehmenden aus der MDRfragt-Gemeinschaft ist weniger wichtig, wie alt ein Politiker oder eine Politikerin ist, wie sympathisch und auch nicht so sehr, welche Partei dahinter steht. Der Kommentar von Alex (32) aus dem Altmarkkreis Salzwedel steht stellvertretend für viele: "Ein Kanzler muss mir nicht sympathisch sein, er soll Probleme lösen und kein Bier mit mir trinken."
Warum viele Befragte die aktuellen Spitzenkandidaten für nicht wählbar halten
In vielen Kommentaren der MDRfragt-Mitglieder wird deutlich: An das gewünschte Ideal kommen viele oder sogar alle der Nummer-Eins-Kandidaten der Parteien aktuell nicht heran. Der Kommentar von Daniel (32) aus dem Ilmkreis steht dabei stellvertretend für viele andere: "Keiner der Spitzenkandidaten sollte Kanzler werden." Viele Befragte schreiben, aus ihrer Sicht seien die Spitzenkandidierenden dieser Bundestagswahl schlicht nicht wählbar. Fred (24) aus dem Wartburgkreis begründet das so: "Die meisten ziehen einfach ihre Show ab und haben keine Ahnung. Ich habe das Duell Merz gegen Scholz gesehen. Es war armselig."
Keiner der Spitzenkandidaten sollte Kanzler werden.
Kristin (56) aus dem Landkreis Gotha findet: "Wenn ich mir die Berufserfahrungen von unserer bisherigen Regierung ansehen muss: Die reinste Lachnummer, wenn es nicht so ernst wäre. Kein Wunder, dass sie in ihrer eigenen Welt leben und von dem Leben der Mittelschicht null Ahnung haben." Kristin gehört damit zu den 45 Prozent der Befragten, für die Berufserfahrung außerhalb der Politik eine wünschenswerte Eigenschaft für das Spitzenpersonal in der Politik ist.
Isaac (26) aus Leipzig stört vor allem das Verhalten der Kandidierenden im Wahlkampf und sieht sich unter anderem aus diesem Grund keines der TV-Duelle an: "Der Kandidat sollte kompetent und professionell sein, auf sinnvolle Lösungen fokussiert statt als einzigen Inhalt zu haben: 'Aber XYZ ist schlimmer als ich, Partei XYZ macht aber das und das.' Dieses Kindergarten-Niveau ist ein absolutes No-Go." Andrea (68) aus Halle/Saale ändert laut eigener Aussage ständig ihre Meinung zu den Spitzenkandidaten: "Weil immer Dinge geschehen, mit denen ich nicht gerechnet habe. Die aber zu Resignation führen. Dann schaue ich den nächsten Kandidaten an und auch da gibt es diesen Punkt und so weiter."
Mehrheit wünscht sich klare Aussagen der Parteien zu möglicher Zusammenarbeit nach der Wahl
Für zwei von drei Befragten (65 Prozent) ist wichtig, dass die Parteien vor der Bundestagswahl Koalitionsaussagen machen. Dazu gehört, mögliche Partner für eine Regierung zu benennen, aber auch deutlich zu machen, mit wem nicht zusammengearbeitet werden soll. In der MDRfragt-Gemeinschaft ist vor allem diese Abgrenzung – mit wem nicht zusammengearbeitet werden soll – für viele entscheidend, wie die Kommentare zeigen. Häufig gewünscht werden sich dabei vor allem klare Abgrenzungen zur AfD. Ebenfalls oft zu lesen ist der Wunsch von anderen Befragten, dass Koalitionen mit den Grünen oder dem BSW von vornherein ausgeschlossen werden sollen. Stellvertretend dafür stehen die folgenden Kommentare:
- Philipp (28) aus Magdeburg: "Mir ist es sehr wichtig, dass die Zusammenarbeit mit der rechtsextremen AfD ausgeschlossen wird. Das glaube ich der Linken, SPD und Grünen. Der CDU und Kollegen Merz glaube ich das, nach vorletzter Woche (redaktionelle Anmerkung: gemeint ist die Bundestagswoche Ende Januar) zu null Prozent. Daher ist die CDU für mich, auch aufgrund ihres absolut rückschrittlichen und rechtskonservativen Programms, absolut nicht mehr wählbar."
- Nicole (51) aus dem Jerichower Land: "Wenn beispielsweise wieder mit den Grünen eine Koalition eingegangen werden soll, ist das für mich ein Grund, die Partei nicht zu wählen. Des Weiteren finde ich, dass die stärkste Partei nur mit der zweitstärksten Partei koalieren darf, wenn sie keine eigene Mehrheit bildet."
- Olaf (62) aus dem Ilm-Kreis: "Die letzte Thüringen-Wahl hat gezeigt, dass die Ausschließeritis letztlich zum Wortbruch führt. Wer Die Linke wegen ihres extremistischen Kurses ablehnt und dann mit dem BSW, der personifizierten Ursache für die Brandmauer nach links, regiert, hat jede Glaubwürdigkeit verloren."
Eileen (27) aus dem Landkreis Harz gehört zu den Befragten (33 Prozent), für die Koalitionsaussagen vor der Wahl unwichtig sind. Sie begründet ihre Sicht so: "Ich finde es schwierig, wenn vorab Koalitionen ausgeschlossen werden. Letztendlich führt je nach Ausfallen der Wahlergebnisse kein Weg um Koalitionsverhandlungen herum, um eine stabile Mehrheit zu finden." In einigen Kommentaren wird deutlich, dass die Befragten die Koalitionsaussagen der Parteien nicht für glaubwürdig halten. So kommentiert Jens (62) aus dem Saalekreis: "Leider ist mein Vertrauen in solche Aussagen nicht sehr groß, es wird am Ende immer um die 'Macht' gerungen und leider werden nach der Wahl viele Wahlversprechen gebrochen." Jakob (22) aus dem Landkreis Gotha hält es für wichtig, dass Parteien zusammenarbeiten und so die Probleme im Land lösen: "Wenn man vorab sagt, mit denen arbeitet man nicht zusammen, ist das kontraproduktiv: Es besteht die Gefahr, dass man das Versprechen nicht hält. Mit der Folge, dass Politik wieder an Glaubwürdigkeit verliert."
Es wird am Ende immer um die 'Macht' gerungen und leider werden nach der Wahl viele Wahlversprechen gebrochen.
Martin (33) aus dem Salzlandkreis schreibt: "Ich will, dass es endlich mal wieder vorangeht. Und mir ist egal, wer das macht." Manche Befragte finden es nach eigener Aussage undemokratisch, die Zusammenarbeit mit einzelnen Parteien kategorisch auszuschließen. Dafür steht stellvertretend der Kommentar von Steven (43) aus dem Landkreis Gotha: "Aus meiner Sicht sollten die demokratischen Parteien immer bereit und in der Lage dazu sein, Kompromisse einzugehen. Wer dazu nicht in der Lage ist, hat aus meiner Sicht die grundsätzliche Funktionsweise der parlamentarischen Demokratie nicht verstanden."
Über diese Befragung
Die Befragung: " Wie wichtig ist Ihnen der Spitzenkandidat?“ lief vom 11. bis zum 14. Februar. Insgesamt haben 27.455 Menschen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen mitgemacht.
Bei MDRfragt können sich alle anmelden und beteiligen, die mindestens 16 Jahre alt sind und in Sachsen, Sachsen-Anhalt oder Thüringen wohnen, denn: Wir wollen die Vielfalt der Argumente kennenlernen und abbilden. Die Kommentare der Befragten erlauben, die Gründe für die jeweiligen Positionen und das Meinungsspektrum sichtbar zu machen. Da sich jede und jeder beteiligen kann, der möchte, sind die Ergebnisse von MDRfragt nicht repräsentativ.
Die Ergebnisse von MDRfragt werden nach wissenschaftlichen Kriterien anhand verschiedener soziodemografischer Merkmale wie Alter, Geschlecht oder Bildungsgrad gewichtet, um sie an die tatsächliche Verteilung in der mitteldeutschen Bevölkerung anzupassen. Damit wird die Aussagekraft der Ergebnisse erhöht und es ergibt sich ein valides und einordnendes Stimmungsbild aus Mitteldeutschland. MDRfragt wird zudem wissenschaftlich beraten und begleitet, beispielsweise durch regelmäßige Validitätstests.
Dieses Thema im Programm: MDR JUMP | Die Themen des Tages | 17. Februar 2025 | 19:00 Uhr