
Banken und Sparkassen Bundesbankchef warnt vor Banken-Ansturm durch Falschnachrichten im Netz
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19. Juli 2023, 17:43 Uhr
Bundesbankpräsident Joachim Nagel sieht in Falschnachrichten in den sozialen Medien ein Risiko für Geldinstitute. Der Fall der Silicon Valley Bank in den USA habe gezeigt, wie schnell ein Ansturm auf die Banken entfesselt werden könnte. Nagel will deshalb darüber diskutieren, die Bankenaufsicht auf die sozialen Medien auszuweiten. Für die Anhebung von Sparzinsen sieht Nagel noch Spielraum.
- Bundesbankpräsident Nagel hat vor den Gefahren für Banken durch Fake-News gewarnt und angeregt, in Europa eine Task-Force einzurichten.
- Das Leibniz-Institut widerspricht ihm und hält seine Aussagen für zu kurz gegriffen.
- Nagel sieht aktuell noch Spielraum für höhere Sparzinsen bei Banken und Sparkassen.
Bundesbankpräsident Joachim Nagel hat vor den Gefahren eines Banken-Ansturms gewarnt und eine Ausweitung der Bankenaufsicht auf soziale Medien zur Diskussion gestellt. Die Aufseher könnten dann frühzeitig erkennen, ob dadurch das Risiko eines sogenannten Bank-Runs besteht, sagte Nagel dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).
Bei einem Bank-Run holen viele Kunden gleichzeitig ihr Geld von einer Bank, was zum Konkurs des Geldinstituts führen kann.
Kollaps der Silicon Valley Bank durch soziale Medien beschleunigt
Der Fall der Silicon Valley Bank in den USA habe gezeigt, dass schnellere Reaktionen nötig sind. Dort hätten Äußerungen in den sozialen Medien dazu beigetragen, einen Bank-Run zu beschleunigen", sagte Nagel dem RND. Die Frage sei, ob auch Fake News so etwas auslösen könnten. Die US-Bank war im März kollabiert.
In Südkorea gebe es eine Task Force der Bankenaufsicht, die soziale Medien systematisch überwache. Diese erkenne frühzeitig, wenn sich so etwas abzeichne. "Darüber könnten wir in Europa auch nachdenken", fuhr Nagel fort.
Leibniz-Institut weist Nagels Aussagen zurück
Im Gespräch mit MDR AKTUELL reagierte der Direktor des Leibniz-Instituts Florian Heider auf die Äußerungen von Bundesbankpräsident Nagel. Ihm zufolge hält das Leibniz-Institut die Gefahren eines Banken-Ansturms durch Fake News für sehr gering. Ihm sei bisher kein Fall bekannt, in dem Fake News über soziale Medien eine Bank schon mal in Schwierigkeiten gebracht hätten. Es wäre zu kurz gegriffen, wenn man sage, Twitter stelle ein Risiko für Banken dar.
Nagel: Sparzinsen könnten noch weiter steigen
Dem RND zufolge sieht Bundesbankpräsident Nagel aktuell auch noch Spielraum für höhere Sparzinsen bei den Banken und Sparkassen. "Das ist ein bekanntes Bild: Die Banken geben höhere Zinsen erst mit einer gewissen Verzögerung an die Sparerinnen und Sparer weiter", sagte Nagel.
Je mehr Banken höhere Zinsen an ihre Kunden weitergeben, desto mehr geraten die anderen unter Zugzwang.
"Die Inflation ist ein gieriges Biest"- Leitzins wird weiter angehoben
Zugleich bekräftigte der Bundesbankpräsident seine Einschätzung, dass der Leitzins in Europa zur Bekämpfung der Inflation weiter angehoben wird. "Die Inflation ist ein gieriges Biest. Deshalb wäre es ein Fehler, zu früh bei der Bekämpfung nachzulassen und die Zinsen vorzeitig zu senken", sagte Nagel. Mit Blick auf die anhaltende Teuerung in Deutschland erklärte Nagel, dass er erst 2025 damit rechne, dass sich die Inflation in Deutschland wieder der Zwei-Prozent-Grenze nähern wird.
AFP/dpa (kkö)
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 19. Juli 2023 | 10:00 Uhr