Ein Kleinbus, in dem Behinderte gefahren werden, parkt in einer Strasse vor einer Schule.
Für Betreute und Beschäftigte ändert sich in den nächsten Monaten zunächst nichts. Bildrechte: picture alliance/dpa | Wolfram Steinberg

Zu hohe Personalkosten Behindertenhilfe in Wolmirstedt stellt Insolvenzantrag

31. Januar 2025, 16:56 Uhr

Die Behindertenhilfe des Bodelschwingh-Hauses in Wolmirstedt betreut rund 400 Menschen. Jetzt ist sie in finanzielle Schieflage geraten. Die Betreiber führen das auf den gekündigten Rahmenvertrag mit dem Land zurück.

Die Bodelschwingh-Behindertenhilfe in Wolmirstedt im Landkreis Börde hat Insolvenz beantragt. Wie Geschäftsführer Swen Pazina mitteilte, bleiben aber alle Einrichtungen in Wolmirstedt ohne Einschränkungen geöffnet. Für die 400 Menschen, die hier in Werkstätten und Wohnungen betreut werden, ändere sich zunächst nichts. Auch die Löhne der rund 160 Beschäftigten würden aus dem Insolvenzgeld in den kommenden Monaten weiter gezahlt.

Kritik an Sozialministerium wegen Finanzierung

Hintergrund der schlechten finanziellen Lage des Unternehmens sei die Kündigung des Vertrages durch das Land zum Jahresende. "Mit der Kündigung des Landesrahmenvertrages durch das Land Sachsen-Anhalt und dem Ausbleiben weiterer Verhandlungen bleiben die signifikant angestiegenen Personal- und Sachkosten ohne ausreichende Gegenfinanzierung", heißt es in einer Mitteilung.

Gestiegene Kosten, unter anderem beim Personal, würden durch das Land Sachsen-Anhalt zum jetzigen Zeitpunkt nicht refinanziert. Diese Situation habe die Behindertenhilfe in eine wirtschaftliche Schieflage gebracht. Eine kurzfristige Lösung sei nicht in Sicht.

Sozialministerium widerspricht Darstellung

Sachsen-Anhalts Sozialministerium weist diese Darstellung auf Nachfrage zurück. In den Neuverhandlungen über die Leistungen der Eingliederungshilfe könne nicht die Ursache für die finanzielle Schieflage des Bodelschwingh-Hauses gesehen werden, teilte Sprecher Martin Bollmann MDR SACHSEN-ANHALT am Freitag mit. Bis ein neuer Landesrahmenvertrag verhandelt sei, gelte seit 1. Januar eine Übergangsregelung, mit der die Finanzierung abgesichert sei.

Bereits im November 2024 habe das Ministerium die Einrichtungen im Land darauf hingewiesen, sich "bei eintretenden finanziellen Engpässen unverzüglich an die Sozialagentur zu wenden", so Bollmann. Davon hätten bis Mitte Januar nur zwei Einrichtungen Gebrauch gemacht. Das Bodelschwingh-Haus sei nicht darunter. Das Ministerium habe jetzt die Sozialagentur gebeten unmittelbar Kontakt zu der Einrichtung aufzunehmen.

Auch andere Einrichtungen der Behindertenhilfe in Sorge

Gegen die Kündigung des Landesrahmenvertrags gab es im Dezember eine Demonstration in Magdeburg von zahlreichen Vertreter von Sozialeinrichtungen. Die Kosten für die Eingliederungshilfe stiegen laut Sozialministerium kontinuierlich, von 572 Millionen Euro im Jahr 2021 auf 723 Millionen in 2026. "Alle aktuellen Leistungen werden fortgeführt. Es muss niemand befürchten, nicht weiter betreut werden zu können", hatte Ministerin Petra Grimm-Benne (SPD) gesagt.

Das Bodelschwingh-Haus gehört zur Diakonie Mitteldeutschland. Der Dachverband zeigt sich angesichts der Entwicklung besorgt. Die Angst sei bei den Einrichtungen groß, sagte ein Sprecher der Diakonie. Die Träger hätten laufende Kosten, dies sei beim Vorgehen des Landes nicht berücksichtigt.

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MDR (Max Schörm, Daniel Salpius), dpa

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 30. Januar 2025 | 18:00 Uhr

5 Kommentare

Bruder Wachturm vor 3 Wochen

Die Kosten, die nennen sind in der Altenpflege mittlerweile üblich, sl jedoch bei der Pflege und Unterbringung von Menschen mit Behinderungen noch vergleichsweise niedrig.

ElBuffo vor 4 Wochen

Man hatte vor ein paar Jahren bemerkt, dass mit selbst zu finanzierender Ausbildung und niedrigen Einkommen einfach nicht genug Leute für den Job zu finden sind. Also wurde das mal angepasst. Die Azubis bekommen Lehrlingsgeld wie jeder Maurer- oder Bankazubi und dann gibt es mit Berufsabschluß tatsächlich mehr als den Mindestlohn, den man sofort nach dem Hauptschulabschluss und ohne 2-3 Jahre zu vertrödeln auch bekäme. Klar, muss jemand bezahlen. Wer ist das bei den Maurer- oder Bankazubis?

Maria A. vor 4 Wochen

Scheinbar ist da keine Heimversorgung dabei, denn ein Pflegeheimplatz kostet ja mittlerweile 3000 Euro aufwärts. Eine Bekannte hatte für ihre betagte Mutter wegen betreuten Wohnens in einem erst in den letzten Jahren gebauten Gebäude angefragt. Sie glaubte sich verhört zu haben, als man ihr mitteilte, dass monatlich 5100 Euro zu zahlen seien. Sie hat versichert, denn ich konnte das gar nicht glauben, es sei tatsächlich so gesagt worden. Für ihre Mutter wurde also dreimalige Pflegedienstversorgung beibehalten und regelmäßiges Vorbeischauen durch die Familie. Bei derartigen Wucherpreisen wird dieser Träger keine Insolvenz befürchten müssen. Wobei, man wundert sich generell, in welche Höhen die Kosten für Versorgung oder Pflege geschnellt sind. Es wäre erstaunlich, wenn die Kostensätze der geschilderten Behindertenhilfe ganz aus diesem Raster fallen. Was, wie und warum es soweit kam, bleibt Außenstehenden sowieso verborgen. Öffentlich wird der Schwarze Peter hin und her geschoben.

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