Ungewöhnliche Delikatesse Waschbär-Buletten und Nutria-Rouladen

18. Mai 2023, 18:38 Uhr

Der Betreiber der „Wilderer-Hütte“ im Jerichower Land, Michael Reiß, verarbeitet Waschbär-Fleisch zu Buletten, Salami und Grillwurst. Da die invasiven Tiere sich schnell vermehren und heimische Tierarten gefährden, dürfen sie gejagt und anschließend zu neuen Delikatessen verarbeitet werden. Ähnlich wie Nutria.

Circa 200.000 Waschbären werden laut des Deutschen Jagdverbandes (DJV) jedes Jahr geschossen oder in Lebendfallen gefangen. Grund dafür: Der Waschbär kommt ursprünglich aus Nordamerika und bedroht heimische Tierarten wie Wasservögel und Jungwild. Damit erlegte Waschbären nicht einfach entsorgt werden, sind sie zur Weiterverarbeitung freigegeben.

Der Waschbär kommt auf den Teller

Der Jäger und Fleischer Michael Reiß aus Kade verarbeitet die Raubtiere seit Anfang diesen Jahres zu Salami, Buletten und Grillwürsten. Die Idee, die Tiere nicht nur zu schießen, sondern auch als Essen wiederzuverwerten, kam durch einen Anstoß des Jerichower Lands. "Der Landkreis hat uns eingeladen, sie in bei der Grüne Woche in Berlin zu vertreten und da hat es in mir gerattert. Ich wollte was besondere entwerfen."

Der Waschbär Der Waschbär gehört zur Familie der Kleinbären (Procyonidae) und ist vor knapp 100 Jahren durch Pelzhändlern nach Europa gekommen. Heute sind die Raubtiere vor allem in Südwestdeutschland rund um Kassel und nordöstlich von Berlin zuhause. Deutscher Jagdverein

In Berlin servierte der Jäger zum ersten Mal die Waschbär-Buletten – stellvertretend für das Jerichower Land. Die Reaktionen seien unterschiedlich, aber positiv ausgefallen. Von neugierig und begeistert bis hin zu skeptisch sei alles dabei gewesen. Mittlerweile produziert Reiß auch Waschbär-Salami und -Grillwurst.

Jäger und Fleischer Michael Reiß stellt seit kurzem auch Grillwurst aus Waschbärfleisch her.
Jäger und Fleischer Michael Reiß stellt seit kurzem auch Grillwurst aus Waschbärfleisch her. Bildrechte: MDR/Anja Nititzki

Nutria – eine ehemalige DDR-Delikatesse

Doch nicht nur das Fleisch der Waschbären, sondern auch das der Nutria wird in Sachsen-Anhalt gegessen.

Der Nutria Die umgangssprachlich als Biberratte bekannte Tierart kommt, ähnlich wie der Waschbär, ursprünglich nicht aus Deutschland. Sie wurden in den 1950er Jahren wegen ihres Felles aus Südamerika nach Europa gebracht. Seitdem vermehrt sich die invasive Art unkontrolliert und schnell. Die hier angesiedelte Population hat sich nach Angaben des DJV von 2015 bis 2021 mehr als verdoppelt und darf daher gejagt und verzehrt werden. Deutscher Jagdverband

Schon in der ehemaligen DDR gab es Bücher mit Nutria-Rezepten. In dem 1952 erschienenen Fachbuch für Pelztierzüchter von Kurt Kempe finden sich beispielsweise Zubereitungsvorschläge für Rouladen, Kochsalami und Landjäger aus Nutriafleisch. Schmecken soll es laut Kempe wie eine Mischung aus Spanferkel und Kaninchen.

MDR (Anja Nititzki, Cynthia Seidel)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | 18. Mai 2023 | 19:00 Uhr

18 Kommentare

DER Beobachter am 19.05.2023

Warum nicht auch Waschbär? Scheint jedenfalls weniger bedroht hier als Nutria. Habe auf den Westmännern in Island auch schon Wal und Papageientaucher genossen (ist in Reykjavik 10x teurer aus zweifelhaften Fangquellen). Bloß mag ich weiterhin nicht probieren Hammelhoden, vergammelten Hai, Surströming, Heuschrecke...

DER Beobachter am 19.05.2023

Natürlich kann man alles verwursten (hier höchst doppeldeutig ;) ) und verkaufen. Allerdings glaube ich nicht, dass der Verkäufer die ihrer Situation bewussten Geringverdiener im Auge hat. Eher im Gegenteil...

DER Beobachter am 19.05.2023

Katze ist heute auch in China noch Delikatesse. Erinnert euch übrigens an den Hundeschmalz in "Einer trage des Anderen Last"? Wie geht es übrigens, dass Ihre 84-jährige Tante mit deren Mutter noch kommunizieren konnte?

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